Vom Internet zum Supranet ist es noch ein weiter Weg

11.02.2000
Seit einiger Zeit wird "E-Commerce" als Modewort der Branche vom "M-Commerce" bedroht. Doch während E-Commerce inzwischen wenigstens in Teilen alltagstauglich geworden ist, kann M-Commerce im Moment noch nur wegen der euphorischen Erwartungen der Industrie existieren. Das soll, laut den Marktforschern von der Gartner Group bald anders werden.

Schon im Jahr 2003, also bereits in gut zwei Jahren, soll die Zahl der mobilen Kunden weltweit mehr als eine Milliarde betragen (siehe Tabelle). Nach den Zahlen des englischen Marktforschungsinstituts Gartner Group besäßen zum Beispiel in Europa 65 Prozent der Bevölkerung dann ein datenverarbeitendes Mobiltelefon. Das wäre eine zwei bis viermal so hohe Durchdringungsrate wie zum Beispiel das Internet erreicht. Vor allem Emea, der Bereich Europa, Naher Osten und Afrika, sei hier treibend, so Gartner. Web-fähige Geräte werden laut Gartner derzeit eine Steigerung von 796 Prozent mehr Absatz erreichen. Dies allerdings ist nicht wirklich ein Wunder: Im letzten Jahr lag der Absatz von Web-fähigen Geräten noch nahezu bei null. Mobile Endgeräte allgemein können einen soliden Zuwachs von 43 Prozent im Vergleich zum letzten Jahr aufweisen.

Diese Zuwachszahlen sind die Basis für Verkauf über mobile Endgeräte. Je mehr Konsumenten Handys haben, desto bessere Chancen hat auch der mobile Verkauf. Gartner stellt für das Jahr 2005 kauffreudige Kunden mit Transaktionen in Höhe von rund 1,8 Billionen Dollar weltweit in Aussicht. Allerdings ist diese Prognose außerordentlich optimistisch, dies gibt selbst Gartner zu. Unter ungünstigen Voraussetzungen, so Gartner, seien aber immerhin noch 250 Milliarden Dollar zu erwarten. Damit dieser Boom einsetzt, müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. "Denn", so Nick Jones, Vice President bei Gartner, "der Mobilmarkt allein kann keine neue Wirtschaft ankurbeln. Ohne drahtlose Technologien ist dies Revolution nicht möglich." Es muss brauchbare Endgeräte und Anwendungen geben, eine großzügige Gesetzgebung und allgemein gültige Standards, dann könne dieser Markt explodieren.

Die virtuelle Welt des Internet muss mit der physischen Welt verknüpft werden. "Was daraus entsteht ist das, was wir bei Gartner das Supranet nennen", erläutert Jones. Im Klartext heißt dies: Der Verbraucher kommt nicht mehr zum Internet, indem er sich an den PC setzt, sondern das Netz kommt zu ihm - das ist Supranet.

Anbieter und Verbraucher müssen sich anpassen

Das Supranet wird einige Veränderungen mit sich bringen, die Anbieter und Kunden annehmen und berücksichtigen müssen, so Gartner. Zum einen werden die Lebensspannen der Personal Devices immer kürzer. Nachdem neue Technologien wie WAP, UMTS, GRPS und andere noch mindestens bis zum Jahr 2005 weiterentwickelt werden, werden neu erworbene Geräte in immer kürzerer Zeit bereits veraltet sein. Dies mache bestehende Geschäftsmodelle ungültig. Die Anbieter müssen aktiv werden und ihren Kunden "diesen Evolutionsprozess ebnen". Gartner rät dazu, Kundenloyalität zu fördern, indem Treue der Verbraucher vom Anbieter belohnt wird.

Des Weiteren werden sich die Kunden ihre Applikationen mehr und mehr nach den individuellen Bedürfnissen aussuchen. Es wird laut Gartner keine so genannten "Killer-Applikationen" geben - außer vielleicht SMS. Anbieter müssen in Zukunft das Verhalten ihrer Kunden noch besser als bisher kennen. Verfehlt eine Applikation die persönliche Zweckmäßigkeit der Zielgruppe, wird sie, so Gartner, nicht erfolgreich sein. Die Marktforscher raten zu intensiven Marketing-Kampagnen und zu Aktionen mit Verbraucher-Psychologen.

Doch auch die Kunden müssen sich in dieser Evolutionsphase des Supranet auf neue Gegebenheiten einstellen. Durch den immer höheren Informationsdurchsatz können Systeme mehr Informationen von Einzelpersonen sammeln. So kann zum Beispiel jederzeit der Standort eines Gerätes auf bis zu 125 Meter bestimmt werden. Dies führt zu neuen Anforderungen an die Gesetzgebung. Bis 2004, so die Marktauguren, wird es wesentlich mehr Vorschriften zu E- und M-Commerce geben - Gartner geht von einer Steigerung um den Faktor drei aus. Deshalb ist es dringend notwendig, dass sich Anbieter mit öffentlichen Partnern zusammensetzen.

Je mehr neue Geräte und Technologien im Umlauf sind, desto mehr besteht auch die Gefahr von so genanntem "Malicious Code". Viren allein sind nicht mehr die gefährlichste Spezies der Schädlinge. Hacker haben ein weites Feld zu bestellen. Auch hier sind Unternehmen gefragt. Gartner warnt: Wer in der neuen drahtlosen Wirtschaft bestehen will, muss flexibel sein. (gn)

www.gartner.com

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