Kommando "Cyber- und Informationsraum"

Von der Leyens neue Spezialkräfte für den Cyber-Krieg

18.09.2015
Verteidigungsministerin von der Leyen hat ein neues Großprojekt: Sie will eine Cyber-Armee mit Tausenden IT-Experten für den Schutz vor Angriffen aus dem Internet aufstellen. Es gibt dabei aber noch einige offene Fragen.

Wie der Trojaner in den Bundestag gelangte, ist bis heute unklar. Fest steht aber, dass er sich schnell im gesamten Netz ausbreitete und dann mehrere Wochen sein Unwesen trieb. Der bisher schwerste Hacker-Angriff auf das Parlament im Mai dieses Jahres war ein Schock für die Abgeordneten. Weniger schwerwiegende Attacken sind aber inzwischen Alltag für Ministerien und Bundesbehörden. Jeden Tag werden zwischen 2500 und 6500 gezählt.

Für die Abwehr ist bisher in erster Linie das Bundesamt für die Sicherheit der Informationstechnik (BSI) zuständig, das dem Bundesinnenministerium unterstellt ist. Jetzt will Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen dafür sorgen, dass die Bundeswehr eine stärkere Rolle einnimmt. "Der Cyber-Raum nimmt immer mehr an Bedeutung zu, das haben wir spätestens gemerkt seit dem Hacker-Angriff auf dem Bundestag", sagt die CDU-Politikerin.

Ursula von der Leyen (CDU), Bundesministerin der Verteidigung
Ursula von der Leyen (CDU), Bundesministerin der Verteidigung
Foto: ursula-von-der-leyen.de

Von der Leyen will ein Kommando "Cyber- und Informationsraum" aufbauen. Das Konzept dafür soll ein kleiner Stab bis Frühjahr 2016 erarbeiten. Es soll in erster Linie darum gehen, die bereits vorhandenen Kräfte zu bündeln. 15.000 Soldaten und Zivilisten beschäftigen sich bei der Bundeswehr und im Ministerium mit dem Thema - allerdings in Dutzenden Referaten und Dienststellen mit Abkürzungen wie WTD81, PlgABw oder BAAINBw.

Zunächst einmal werden also nur die Truppen gesammelt. Die Aufgaben der Cyber-Armee sind noch unklar. Ende Juli wurde ein vertrauliches Strategiepapier dazu bekannt, in dem es nicht nur um den Schutz der eigenen Infrastruktur geht, sondern um Angriff. "Offensive Cyber-Fähigkeiten der Bundeswehr haben grundsätzlich das Potenzial, das Wirkspektrum der Bundeswehr in multinationalen Einsätzen signifikant zu erweitern", heißt es in dem Papier.

Eine Abteilung Attacke gibt es bei der Bundeswehr schon seit zehn Jahren. Sie sitzt in der Tomburg-Kaserne in Rheinbach bei Bonn. Dort trainieren 60 Informatiker zum Beispiel, wie sie mit digitalen Werkzeugen die Luftabwehr feindlicher Streitkräfte ausschalten können. Die Einheit heißt Computernetzwerkoperationen, abgekürzt CNO.

Ihr Truppenübungsplatz ist nicht viel größer als ein Klassenzimmer. Nur einmal, vor zwei Jahren, durfte eine kleine Gruppe von Journalisten ihn besichtigen. Als von der Leyen vor einigen Wochen dort war, durften keine Medien mit.

2011 erreichte die Truppe in Rheinbach eine "Anfangsbefähigung" zum Angriff, zum Einsatz kam sie aber noch nie. Dafür wäre auch erst einmal ein Bundestagsmandat nötig - wie bei bewaffneten Einsätzen von Luftwaffe, Marine oder Heer.

Cyber-Attacken sind allerdings nicht mit herkömmlichen Auslandseinsätzen der Bundeswehr vergleichbar. Es werden keine Soldaten in Krisen- oder Kriegsgebiete geschickt. Der Gegner ist schwer zu identifizieren. Die Einsätze würden aus Deutschland erfolgen und müssten eigentlich auch geheim gehalten werden, um ihren Erfolg nicht zu gefährden. Wie soll eine Beschlussvorlage für den Bundestag also aussehen?

Die Linke sieht den Grundsatz der Parlamentsarmee gefärdet. Danach muss der Bundestag jedem bewaffneten Einsatz zustimmen. "Es ist absolut unklar, wie Cyber-War-Angriffe mit dem Parlamentsbeteiligungsgesetz in Einklang zu bringen sind", sagt der Linke-Abgeordnete Alexander Neu. Er fordert, den Cyber-Krieg bei der anstehenden Novellierung dieses Gesetzes zu berücksichtigen. (dpa/tc)

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