Meldung vom 16.12.2006 16:04 Uhr

Von Pierer lehnt Rücktritt wegen Siemens-Korruptionsaffäre ab

18.12.2006
Der Siemens-Aufsichtsratsvorsitzende Heinrich von Pierer lehnt einen Rücktritt im Zusammenhang mit der Schmiergeldaffäre beim Münchner Elektrokonzern strikt ab.

"Die Frage stellt sich mir nicht. Denn ich habe mir nichts vorzuwerfen", sagte Heinrich von Pierer. Und weiter: "Wir haben nichts billigend in Kauf genommen. Wir haben viel gegen Korruption getan und unseren Leuten immer klar gesagt: Lasst lieber ein Geschäft sausen." Auch bei der Aufklärung handle der Konzern nun kompromisslos.

Unterdessen mehren sich die Vorwürfe gegen den engsten Führungszirkel. "Ab einem gewissen Level wusste jeder, was da läuft", sagte der Anwalt des inhaftierten Chefbuchhalters der Kommunikationssparte Com, Steffen Ufer, dem Berliner "Tagesspiegel". "Man hat von meinem Mandanten ausdrücklich gewünscht, beide Augen zuzudrücken.

Es hat keinen Zweifel daran gegeben, dass in diesem Konzern fast jeder - außer vielleicht die Putzfrau - wusste, dass illegale Provisionen gezahlt werden." Ufer widersprach aber der Darstellung des "Tagesspiegels", der Com-Chefbuchhalter habe auch den Namen von Pierers ins Spiel gebracht. Der dpa sagte Ufer am Samstag, sein Mandant habe "weder direkt noch indirekt" von Pierer belastet "und den Namen schon gar nicht genannt".

Nach Einschätzung des Anwalts hat sich der Chef des Com-Rechnungswesens auch nicht der Untreue schuldig gemacht. "Das ist Schwachsinn, das war doch alles im Interesse der Firma", sagte er. Eher werde es möglicherweise um Bestechung und Steuerhinterziehung beziehungsweise Beihilfe dazu gehen. Deutlich sei aber auch, dass Siemens sich nicht anders als andere Konzerne verhalten habe, um Großaufträge in Afrika, Asien und Osteuropa zu gewinnen.

Dem Nachrichtenmagazin "Focus" zufolge sollen auch der frühere Finanzchef Heinz-Joachim Neubürger sowie der ehemalige Aufsichtsratsvorsitzende Karl-Hermann Baumann frühzeitig von dubiosen Geldströmen erfahren haben. Unter Berufung auf Firmen-Insider schreibt das Magazin, die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG habe beide spätestens 2004 in einem internen Bericht über fragwürdige Vorgänge informiert.

Die Münchner Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass ein Dutzend Verdächtige etwa 200 Millionen Euro von Siemens veruntreut und im Ausland als Schmiergeld eingesetzt hat. Überprüfungen bei Siemens ergaben zweifelhafte Zahlungen von 420 Millionen Euro in den vergangenen sieben Jahren. Das Geld muss Finanzvorstand Joe Kaeser zufolge nicht komplett in schwarze Kassen geflossen sein.

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