Von Unix bis Windows: Wiedervermarktung bei Hewlett-Packard

19.11.1998

MÜNCHEN: Seit 15 Jahren möbelt HP Second-hand-Hardware auf und verkauft sie wieder an preisbewußte Händler und Kunden - mit Profit. Wie das Remarketing-Programm des Herstellers funktioniert und warum jeder Händler mit gebrauchtem IT-Gerät Geld verdienen kann, erklärt Klaus Frick, Regional-sales-Manager Remarketing, im Gespräch mit ComputerPartner-Redakteur Lothar Derichs.

Wieviele gebrauchte Geräte laufen jedes Jahr durch Ihre Hände?

FRICK: Das ist eine rasch ansteigende Zahl. Die letzten Jahre waren wir sehr stark mit Unix-Ware beschäftigt, also Unix-Server und Unix-Workstations. Seit zwei bis drei Jahren wird es jetzt mehr, was PCs und Drucker angeht. In Stückzahlen ist das schwer zu sagen. Das sind mehrere 10.000 Stück pro Jahr, weil wir das Ganze europaweit betreiben.

Und in Umsätzen ausgedrückt?

FRICK: In Deutschland haben wir in diesem Geschäftsjahr, das jetzt abgeschlossen ist, 70 Millionen Mark gemacht. Das Wachstum ist natürlich dadurch begrenzt, was wir an Ware reinbekommen.

Verdienen Sie damit denn auch Geld, oder geht es mehr um Kundenbindung und Image?

FRICK: Unser Daseinszweck ist, Gewinn zu erwirtschaften. Wir wollen ja auch nicht unendlich wachsen, sondern allein einen optimalen Wiederverkauf von Vorführgeräten oder anderer gebrauchter Ware gewährleisten, also möglichst gute Preise erzielen - mit allem, was dazugehört, sprich Gewährleistung, Software, Support, Finanzierung und so weiter.

Seit wann gibt es das Remarketing-Programm bei HP? Aus welchen Quellen kommen die Geräte?

FRICK: Das Programm gibt es seit 1983. Die Ware, das sind Rückläufer aus Demogeräte-Pools, aus Leasing-Geschäften, zum Teil ist es auch Factory-excess-Ware, das heißt, Überschüsse aus der Produktion, bei auslaufenden Modellvarianten zum Beispiel. Ein ganz kleiner Teil sind Marktrückkäufe. Aber das bewegt sich in der Größenordnung von einem Prozent - in Dollarvolumen gerechnet. Die Finanzierungsrückläufer machen etwa 15 bis 20 Prozent aus. Das ist zwar von der Anzahl der Geräte her viel mehr, aber weil die ja schon etwas älter sind, sind die Restwerte nicht mehr vergleichbar mit Geräten, die aus einem Demoprogramm kommen. Die sind zwischen vier und zwölf Monate alt. Das heißt: Fast 80 Prozent des Volumens sind Vorführgeräte.

Was machen Sie mit den Altgeräten? Über welche Kanäle wird was verkauft?

FRICK: Das meiste bereiten wir in unserem Werk wieder auf. "Refur-

bishing" ist das englische Zauberwort dafür: Komplett prüfen, testen, reinigen, nach Wunsch konfigurieren. Äußerlich sehen die Geräte dann aus wie neu. Verkauft werden sie über die exakt gleichen Kanäle wie Neuprodukte auch, also die gleichen HP-Partner und die Distribution, die auch die Neuware verkaufen.

Das gilt auch für alle Fragen der Gewährleistung und des Service?

FRICK: Genau. Das läuft wie bei den Neugeräten. Es gibt natürlich Ware, die wir selbst nicht mehr anfassen. Das sind zirka fünf Prozent unseres Umsatzes. Dazu gehören auch Rückläufer von anderen Herstellern. Wo es sich für uns nicht mehr lohnt, verkaufen wir die Ware an ausgesuchte Partner, ab und zu werden die auch Broker genannt, die dann diese Ware in Eigenregie wieder aufbereiten und verkaufen. Europaweit arbeiten wir hier mit etwa 15 Partnern eng zusammen.

Nach welchen Kriterien entscheiden sie denn: Diese Ware fassen wir nicht mehr an?

FRICK: Wenn man beispielsweise PC betrachtet, reden wir über Produkte, die im Preisbereich 500 Mark und darunter liegen. Wir haben natürlich auch eine gewisse Kostenstruktur bei HP. Wenn wir da selbst Hand anlegen würden, um sie auf den HP-Qualitätsstandard zu bringen, selbst durch einen Sub-Unternehmer, müßten wir soviel draufzahlen, daß es sich nicht mehr rechnen würde.

Das würde ja bedeuten, daß die Broker-Ware doch eigentlich Schrott ist, zumindest aber eine schlechtere Qualität hat als das, was Sie selber weitervertreiben.

FRICK: Das ist schwierig zu sagen. Es kommt drauf an, was die Broker da an Arbeit reinstecken. Die haben da preiswertere Möglichkeiten als die Firma HP, und die können dem Endkunden ja auch nichts mehr verkaufen, was nicht funktioniert. Gut, man wird halt versuchen, auf die unteren Limits zu gehen - bei der Gewährleistung zum Beispiel. Wir und unsere Kunden haben da andere Ansprüche, auch, was die ganze Bandbreite der Supportleistungen angeht. Das ist dann natürlich ein sehr großer Aufwand, ein Gerät wiederverkäuflich zu machen.

Wie ist bei den von Ihnen gehandelten Produkten das Verhältnis zwischen den einzelnen Produktgruppen?

FRICK: Wieder in Dollarvolumen ausgedrückt, würde ich sagen: 90 Prozent sind noch Unix-Ware, und zehn Prozent sind Windows- und Druckerware - ungefähr. Die Wintel-Produkte mit steigender Tendenz.

Stichwort Preise und Marge: Wieviel Prozent sind Remarketing-Produkte billiger als Neuware?

FRICK: Wenn es die Geräte auf der aktuellen Preisliste auch als Neuware gibt, dann liegen wir typischerweise 15 Prozent unter dem Neupreis. Wenn die Ware älter ist, müssen wir natürlich ein entsprechendes Preis-Leistungs-Verhältnis ausrechnen, gemessen an einem vergleichbaren Neuprodukt.

Es wird oft behauptet, der Handel kann bei Gebrauchtware höhere Margen erzielen als bei Neuware. Würden Sie das unterstreichen?

FRICK: Wir geben die gleichen Nachlässe auf die Listenpreise wie bei den Neuprodukten. Wir haben keinen direkten Einfluß darauf, wieviel der Händler von seiner Marge weitergibt. Das liegt an ihm. Er kann natürlich geschickt kombinieren, zum Beispiel ein gebrauchtes Produkt mit neuen Speichern oder neuen Prozessoren und daraus ein Gesamtpaket machen. Dann wird es interessant.

Seit einigen Jahren schon wird in der Politik eine Altgeräteverordnung diskutiert. Jetzt hat sich die EU eingeschaltet und will eine Richtlinie verabschieden, nach der die Hersteller und Importeure von Elektronikprodukten alleine für die Entsorgung und deren Kosten zuständig wären. Angenommen, diese Richtlinie wird Gesetz: Werden die Hersteller versuchen, diese Flut an Altgeräten an Broker oder sonstwie weiter zu verscherbeln, ganz einfach, weil es kostengünstiger ist als Recycling oder Entsorgung?

FRICK: Das ist eine schwierige Frage. Das Problem ist, daß die Produkte, die dann reinkommen, größtenteils vier bis fünf Jahre und älter sind. Angesichts der Zyklen im heutigen Computermarkt ist die Wahrscheinlichkeit minimal, daß diese Ware als Komplettgeräte wieder auf den Markt kommt. Die Gefahr ist, daß ein Schrott-Tourismus entsteht. Man muß also schauen, daß die Kosten der Entsorgung so gut wie möglich aufgefangen werden durch die Wiederverwertung von Material (Kupfer, Gold, was auch immer) und durch Weiterverkauf an Broker - dann allerdings in Form von Einzelteilen wie Interfaces oder Memory-Platinen.

Immer schnellere Produktzyklen verbunden mit dem immer stärkeren Preisverfall, gerade im PC-Bereich: Besteht da nicht die Gefahr, daß der Markt für Second-hand-Hardware austrocknet, weil der Preisunterschied zu Neuware zu gering wird?

FRICK: Ich glaube eher an das Gegenteil. Schnellere Zyklen bedeuten schnellere Ablösung, und Ablösung braucht eine Wiedervermarktung, eine Wiederverwertung hinten dran. Natürlich fallen die Preise drastisch. Aber ich habe folgendes beobachtet: Nach zwei bis drei Jahren wird die Kurve der Preisreduzierung - zumindest bei PC - schnell flach. Man hat dann ein Preissegment erreicht, das durch Neuware nicht abgedeckt ist. Das liegt so bei knapp 800 Mark. Das ist ein spezieller, durchaus interessanter Markt. Sie können dann beispielsweise PC kaufen, so ab 300 Mark, die immer noch wesentlich besser sind als jede Schreibmaschine. Für so etwas gibt es einen ganz schönen Markt, nicht nur in Deutschland. 386er fallen jetzt langsam aus der Nachfrage raus, aber bei 486ern ist jetzt noch die Nachfrage größer als das Angebot. Allerdings ist so etwas bei uns fast ausschließlich Broker-Ware. Wir als große Firma mit einer entsprechenden Kostenstruktur müssen da sehr knapp kalkulieren. Transportkosten, Handling-Kosten, das ist alles sehr teuer, da muß eine ausgeklügelte Logistik dahinter sein, daß man überhaupt noch etwas verdient. Wir fahren da sehr geringe Margen. Da geht es eher darum, das Leasing- und Neugeschäft in Gang zu halten.

Dann verdienen also Sie als Hersteller eher an Unix- und anderer hochwertiger Gebrauchtware, und alles rund um den PC ist Sache von Brokern und anderen Händlern.

FRICK: Ja. Und wenn Sie heute die Margen bei Neugeräten anschauen, die nur einzelne Prozentpunkte betragen, dann bin ich sicher, daß in diesem Geschäft die Bruttomargen zweistellig sind. Man kann dort, wenn man es richtig betreibt, noch wirklich Geld verdienen."

Für HP-Manager Klaus Frick ist der Gebraucht-Handel kein Geschäft zweiter Klasse: "Unser Daseinszweck ist, Gewinn zu erwirtschaften."

In seinem WWW-Remarketing-Shop verkauft Hewlett-Packard auch gebrauchte Enterprise-Server.

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