Mammutaufgabe hybride IT-Infrastruktur

Voraussetzungen für eine erfolgreiche hybride IT-Infrastruktur

03.07.2019
Von    und Benedikt Stukenkemper
Stefan Pechardscheck schreibt als Experte zum Thema IT Strategy & Governance. Er ist Partner bei der Management- und Technologieberatung BearingPoint und verantwortet dort das Thema Technology Advisory.
Die strategische Planung hybrider IT-Infrastrukturen ist entscheidend für eine effiziente und kundenorientierte IT-Leistungserbringung.
Die strategische Planung hybrider IT-Infrastrukturen ist entscheidend für eine effiziente und kundenorientierte IT-Leistungserbringung.
Die strategische Planung hybrider IT-Infrastrukturen ist entscheidend für eine effiziente und kundenorientierte IT-Leistungserbringung.
Foto: LeoWolfert - shutterstock.com

Moderne, auf der Cloud-IT-Infrastruktur (Cloud-IT) basierende IT-Services werden schneller realisiert, als klassische IT-Services, die auf klassischer IT-Infrastruktur (Classic-IT) basieren. Für IT-Dienstleister führt dies zu einer hybriden IT-Infrastruktur, in der Classic-IT und Cloud-IT integriert betrieben und verwaltet werden müssen.

Die Zukunft ist hybrid

Dass die Zukunft "cloudy" ist, dürfte mittlerweile allen Dienstleistern und Kunden klar sein. IT-Dienstleister richten sich zu Recht stark nach den Wünschen ihrer Kunden aus, und diese verlangen zunehmend nach Cloud-Technologien, weil sie sich damit maximale Skalierbarkeit und Verfügbarkeit bei minimaler Realisierungszeit und geringen Kosten versprechen.

So wir der Markt der IT-Dienstleistungen zunehmen zu einem Nachfrager-Markt. Für Kunden und Nutzer ergeben sich daraus durchaus erstrebenswerte Effekte: Praktisch täglich sind auf all unseren Lieblingsplattformen und unseren Lieblingsanwendungen neue Funktionen verfügbar - das Warten auf Updates wird beinahe ebenso interessant wie der Content selbst. Anwendungen, die mit diesem Rhythmus nicht Schritt halten können, sind schnell veraltet und erwecken Unmut.

Dieser Unmut wird über den Anbieter letztlich gerne beim IT-Dienstleister abgeladen. Dieser soll nun schnell dafür sorgen, "dass das alles modern wird". Was für den einen eine notwendige Forderung ist, um am Markt in der ersten Liga mitspielen zu können, ist für IT-Dienstleister die in der Überschrift dieses Beitrags bereits angeführte Mammutaufgabe.

Denn ein Großteil der IT-Dienstleister ist schon so lange am Markt, dass der Verweis auf das Prä-Cloud-Zeitalter eben nicht mit einem beiläufigen Lächeln und den Worten "damals war das so" eingeleitet wird, sondern Teil der täglichen Aufgaben ist. Cloud- und Nicht-Cloud-Anwendungen teilen sich hinsichtlich des Betriebs einen Infrastruktur-Mix aus Classic-IT und Cloud-IT. Es entsteht die hybride IT-Infrastruktur.

Besondere Herausforderungen für IT-Dienstleister

Der Betrieb hybrider IT-Infrastruktur stellt IT-Dienstleister stets vor besondere Herausforderungen. In der Regel sind schon die grundlegendsten Vorgaben für den Betrieb von Classic-IT für Cloud-IT unpassend. Cloud-IT wird nicht selten gar nicht auf eigener IT-Infrastruktur realisiert, sondern bei den üblichen Verdächtigen zugekauft, beziehungsweise gemietet.

Schnell ergibt sich ein IT-Infrastruktur-Konvolut, welches mit einem Vielfachen der gewohnten Vorgaben, Schnittstellenspezifikationen, Sicherheitsanforderungen und Betriebsprozessen umgehen muss. Es entstehen Parallel- und Spezialprozesse, die zu Mehraufwand und Ineffizienz führen und den Kunden frustrieren. Denn zu allem Überfluss möchte der Kunde gar nicht merken, von welcher IT-Infrastruktur-Basis er seine Leistungen bezieht.

Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, sollten IT-Dienstleister bei der Ausrichtung der IT-Infrastruktur folgende vier Bereiche strategisch planen und strukturiert umsetzen.

Integration

Classic-IT und Cloud-IT sollten als integrierte Einheit verstanden und auch entsprechend aufgebaut werden. Es gilt, Parallelstrukturen zu vermeiden und vielmehr dafür Sorge zu tragen, dass die hybride IT-Infrastruktur als System "wie aus einem Guss" operiert. Das bedeutet, einheitliche IT-Infrastruktur-Management-Tools zu nutzen, die zwischen Classic-IT und Cloud-IT praktisch nicht mehr unterscheiden. Die Kontrolle der IT-Infrastruktur-Bereiche sollte durch integrierte Teams erfolgen, in denen jeder sowohl die Classic-IT als auch die Cloud-IT managen kann.

Integration bedeutet auch, dass die hybride IT-Infrastruktur offen sein sollte, Services und Dienstleistungen anderer Anbieter zu integrieren und wiederum einheitlich zu managen - insbesondere im Bereich der Cloud-IT entstehen eine Vielzahl neuer Standard-Services, auf die im Sinne der Kosteneffizienz und eines niedrigen Time-to-Market zurückgegriffen werden sollte. Kaum ein IT-Dienstleister wird in der Lage sein, alle Services selbst zu erbringen. Die gewinnbringende Integration in ein Ökosystem mit starken Partnern sollte ein definiertes Ziel sein.

Modernisierung und neue Technologien

Die Integration von Cloud-IT bringt eine Vielzahl neuer Technologien mit sich, die für eine Modernisierung von Classic-IT genutzt werden können. Containerisierung kann beispielsweise dazu dienen, Alt-Applikationen Cloud-ready zu machen. "Machine Learning" und Künstliche Intelligenz verwandeln klassische Betriebsmodelle in proaktive Systeme, die sich selbst optimieren und die neuen Anforderungen an Elastizität und Instandhaltung erfüllen können. IT-Dienstleister sollten neue Technologien eben nicht nur dann einsetzen, wenn es das Kundenprojekt gerade verlangt.

Der Einsatz für eine breit angelegte Modernisierung der klassischen Strukturen deckt so manche Effizienzgewinne auf, die für jeden IT-Dienstleister relevant sein sollten. Dazu ist es notwendig, Know-how und Erfahrung proaktiv aufzubauen und frühzeitig im Rahmen interner und externer Projekte zu integrieren.

Automatisierung und Orchestrierung

Oberstes Gebot für IT-Dienstleister sollte die Realisierung eines hohen Automatisierungs- und Orchestrierungsgrades sein. Nicht nur, da Kunden mittlerweile erwarten, per standardisierter Schnittstellen (API) Cloud-Server aufsetzen zu können, sondern auch, weil manuelle Prozesse der enormen Geschwindigkeit des Marktes nicht mehr Stand halten und durch Automatisierung erhebliche Effizienzgewinne erzielt werden können.

Die Realisierung eines hohen Automatisierungsgrades ist entscheidend, um die hybride IT-Infrastruktur in Echtzeit nutzen zu können. Die flexible Orchestrierung der verschiedenen Komponenten zur Realisierung der gewünschten Services sollte von vorneherein übergreifend integriert werden, da IT-Dienstleister ansonsten Gefahr laufen, die übergreifende Kontrolle über die Systeme zu verlieren und mühsam wiedererlangen zu müssen.

Berücksichtigung der Managementfaktoren

Managementfaktoren bezeichnen in diesem Fall die dem Betrieb und der Realisierung hybrider IT-Infrastrukturen zugrunde liegenden Prozesse und Organisationen. IT-Dienstleister sollten darauf achten, dass mit einer Integration von Cloud-IT und der Modernisierung von Classic-IT auch eine bedarfsgerechte Anpassung von Organisationsstruktur und Prozessen erfolgt.

Beispielsweise ist es nicht mehr zielführend, organisatorisch zwischen einem Classic-IT-Betriebsteams und einem Cloud-IT-Betriebsteam zu unterscheiden. Auch Bestell- und Auftragsprozesse sollten überprüft werden: Lösen Classic-IT-Bestellungen noch Laufzettel durch verschiedene Abteilungen aus, ist es spätestens an der Zeit, auf einheitliche Verfahren umzusteigen.

Die strategische Planung muss dazu auf eine ganzheitliche Planung ausgerichtet werden. Die separate Betrachtung einzelner IT-Infrastruktur-Bereiche ist nicht länger sinnvoll. IT-Dienstleister haben daher zusätzlich zu den technologischen auch organisatorische Aufgaben, die es zu bewältigen gilt. Hierbei sollten auch stets die menschlichen Aspekte von Veränderungen mit einem geeigneten Veränderungsmanagement berücksichtigt werden.

Fazit

IT-Dienstleister stehen vor besonderen Herausforderungen bei der Realisierung und dem Betrieb hybrider IT-Infrastrukturen. Die hier aufbereiteten Hinweise zur Integration, Modernisierung, Automatisierung und zu den Management-Faktoren können helfen, diesen Herausforderungen strukturiert zu begegnen und die Marktentwicklungen weiter zu antizipieren. Sicherlich gibt es noch zahlreiche zusätzliche Aspekte, die besonderer Aufmerksamkeit bedürfen, aber diese sollen Teil weiterer Beiträge sein.

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