Vormarsch der Alleskönner - wem nützts?

11.07.2002

Mit Druckern und Scannern war im letzten Jahr kaum ein Blumentopf zu gewinnen, wohl aber mit Multifunktionsgeräten, die immer günstiger werden und für viele Kunden somit eine echte Alternative darstellen. 30 Prozent Wachstum unter schwierigen Marktbedingungen sind tatsächlich beachtlich. Auch qualitativ können die meisten der Allrounder heute mit den einzeln verkauften Druckern, Scannern und Faxgeräten durchaus mithalten. Vorbei sind die Zeiten, als die Hersteller die Kunden mit einem Mischmasch aus veralteten Komponenten abspeisen konnten. Nichtsdestotrotz bleibt den aus einem Guss bestehenden Multitalenten der Makel jeder Kombianlage. Fällt nämlich eine Komponente aus, dann wird die Reparatur teuer, und man muss derweil auf alle anderen Funktionen ebenfalls verzichten. Ein kleines Unternehmen, und das ist der Hauptzielmarkt der Anbieter, kann sich das kaum leisten und muss dann schnell Ersatz beschaffen.

Geradezu kühn scheinen daher die Prognosen von Marktführer HP, dass im Jahr 2006 über 37 Prozent aller Drucker mit Multifunktionalität ausgeliefert werden sollen, zumal die meisten dieser Geräte ihr Dasein doch nur als Druckerersatz fristen. Denn wo es darauf ankommt, viel zu scannen und zu faxen, greift man wohl besser doch zu Einzelgeräten, die letztlich sehr viel höheren Belastungen standhalten, als es die meisten Allrounder können. Ein anderes Argument gegen die Multitalente, bei dem auch die Highend-Anbieter in Erklärungsnot geraten, ist die Tatsache, dass Scanner, Drucker und Fax von Unternehmen selten in einer Abteilung gebraucht werden. Es wäre in diesem Zusammenhang mal interessant zu erforschen, wie viel Arbeitszeit in den Unternehmen allein durch den Gang zum nächstgelegenen Netzwerkdrucker draufgeht.

Bleibt noch das Hohe Lied von HP auf die All-in-Ones mit Tintenstrahldruckeinheit, die zum Teil schon richtige Fotoqualität liefern. Das überdurchschnittliche Wachstum in diesem Segment drückt jedoch arg auf die Umsätze und Margen. Und das so sehr, dass der Verkauf dieser Geräte zum großen Teil nur noch über den Retail-Kanal läuft, den abgesehen von HP viele Hersteller zudem auch noch direkt beliefern.

Noch dramatischer sieht es beim teuren Verbrauchsmaterial aus, das einzige Geschäft, das noch relativ freundliche Margen abwirft. Der kompetente Fachhandel geht da selbst nach dem erfolgreichen Verkauf eines solchen Farbmultitalents oft leer aus, kann er doch mit den Verbrauchsmaterialpreisen bei Media-Markt und Co. kaum mithalten. Man kann natürlich argumentieren, das seien nun mal die Gesetze der freien Marktwirtschaft - ein Diktat, dem alle unterliegen. Aber wenn das Feld der Tintenstrahl-Allrounder bald völlig dem Retail-Kanal überlassen bleibt, dann müssen die Hersteller sich nicht wundern, wenn das ohnehin schon dünne Eis der Margen bricht und sie selbst einer nach dem anderen baden gehen.

Klaus Hauptfleisch

khauptfleisch@computerpartner.de

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