Nicht überstürzt handeln

Vorschnelle Jobwechsel führen schnell ins Abseits

15.06.2009
Vor einem Karrierewechsel sollte eine detaillierte Standortanalyse der jetzigen Tätigkeit stehen

Was halten Sie von einem Arzt, der bei Bauchschmerzen pauschal zu einer Blinddarmentfernung rät? Oder von einem Anwalt, der grundsätzlich eine Klage einreicht? Ermutigt durch spektakuläre Fallbeispiele in den Medien, durch Bücher und Beratungsangebote träumen viele Menschen derzeit wieder davon, "etwas ganz Neues" zu machen. Bei solch weitreichenden Entscheidungen bilden mangelnde diagnostische Fähigkeiten und blinder Aktionismus allerdings eine brisante Kombination. Das kann schnell ins Abseits führen.

"Nur die wenigsten Menschen sind meiner Erfahrung nach in einem völlig falschen Beruf gelandet", sagt Madeleine Leitner. Die Münchner Psychologin berät seit über zehn Jahren Menschen in Fragen der persönlichen Karriereplanung. Statt auf bestimmte Symptome mit Einheitslösungen zu reagieren, sollte es eigentlich selbstverständlich sein, zunächst eine genaue Diagnose zu erstellen. Wie im Beispiel des Arztes droht sonst die Gefahr, das falsche Problem zu lösen, oder, wie im Fall des Anwalts, die Lage womöglich sogar noch zu verschlimmern.

So gelangte eine erfolgreiche, aber unglückliche Controllerin zur Überzeugung, dass sie unbedingt etwas ganz anderes machen müsse. Es gelang ihr sogar, durch unbezahlte Praktika den Einstieg in den neuen Bereich zu schaffen. Heute ist sie immer noch unglücklich, verdient in der Marktforschung weniger und hat zudem noch einen Knick im Lebenslauf. Kein Einzelfall, wie Madeleine Leitner aus ihrer Beratungspraxis weiß.

Menschen, die mit einem größeren Karrierewechsel liebäugeln, sollten daher zunächst eine gründliche Standortanalyse durchführen und ihre Karriereplanung mit System angehen. Die Betroffenen selbst sind natürlich Laien. Auch die meisten Berater sind aber keine Psychologen und weisen erhebliche Defizite in der Diagnostik auf. (oe)

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