HDE legt Umfragergebnisse vor

Vorsichtiges Aufatmen beim Einzelhandel

15.07.2021
Der Handelsverband Deutschland (HDE) rechnet 2021 im stationären Einzelhandel mit Umsatzeinbußen von 1,1 Prozent. Für den Onlinehandel korrigierte der HDE seine Prognose für das Umsatzwachstum dagegen von 17 auf fast 20 Prozent nach oben.
"Die Krise ist noch nicht vorbei, für viele Einzelhändler ist die Lage nach wie vor sehr schwierig", sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.
"Die Krise ist noch nicht vorbei, für viele Einzelhändler ist die Lage nach wie vor sehr schwierig", sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.
Foto: HDE/Hoffotografen

Deutschlands Einkaufsstraßen füllen sich wieder mit Besuchern und der von der Corona-Pandemie schwer gebeutelte Innenstadthandel atmet vorsichtig auf. Nach einer Branchenumfrage des Handelsverbandes Deutschland (HDE) rechnet mehr als die Hälfte der Innenstadthändler für das laufende Jahr insgesamt mit Umsätzen unter dem Vorjahresniveau. Extrem gelitten habe der Bekleidungshandel, dessen Erlöse um rund ein Drittel geschrumpft seien. HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth hält deshalb auch an der Prognose fest, dass die Pandemie das Aus für bis zu 50.000 Geschäfte bedeuten könne - auch wenn sich dies in den Insolvenzzahlen bislang nicht widerspiegele.

"Wir halten die Prognose aufrecht, weil der Einzelhandel teilweise leise stirbt", sagte er. Oft würden Läden einfach ohne Insolvenzverfahren geschlossen. Gleichzeitig dünnten große Handelsketten ihre Filialnetze aus. "Man sieht viele Leerstände, wenn man durch Innenstädte geht", betonte Genth. Es sei deshalb auch zu früh, Entwarnung für die Branche zu geben. "Die Krise ist noch nicht vorbei, für viele Einzelhändler ist die Lage nach wie vor sehr schwierig", sagte der Verbandchef in Berlin.

Die positive Entwicklung in den vergangenen Wochen dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass das erste Halbjahr insbesondere für den Innenstadthandel verloren sei. Außerdem sei ungewiss, ob der Innenstadthandel jemals wieder die Umsätze der Vor-Pandemie-Zeit erreichen wird. Genth zweifelt daran offensichtlich. "Es hat in der Pandemie eine Verschiebung im Konsumverhalten gegeben. Das Einkaufen ist digitaler geworden und bleibt es auch", meint der Branchenkenner.

HDE-Prognose zum Umsatzwachstum des Onlinehandels

Der HDE erhöhte seine Prognose für das Umsatzwachstum des Onlinehandels im laufenden Jahr von 17 auf fast 20 Prozent. Damit würden die E-Commerce-Umsätze in diesem Jahr von 72,8 auf mehr als 87 Milliarden Euro steigen. Der stationäre Einzelhandel wird dagegen laut HDE im Gesamtjahr voraussichtlich Umsatzeinbußen von 1,1 Prozent hinnehmen müssen und noch Waren im Wert von 499 Milliarden Euro verkaufen.

Dabei gibt es im stationären Handel gravierenden Unterschiede zwischen den Branchen. Während die Umsätze im stationären Lebensmittelhandel nach Einschätzung des HDE auch in diesem Jahr noch einmal um 3,1 Prozent wachsen werden, dürften die Umsätze abseits des Lebensmittelhandels um 4,2 Prozent unter dem Vorjahreswert liegen - im besonders hart getroffenen Bekleidungshandel um 13,2 Prozent. Verglichen mit dem Vorkrisenjahr 2019 dürfen die Umsätze in der Modebranche sogar um 37 Prozent zurückgehen.

Eigene Online-Shops gleichen Verluste in Ladengeschäften nicht aus

Vieles spricht dafür, dass der Internethandel den Innenstädten weiter zu schaffen machen wird. So stellte das Statistische Bundesamt in dieser Woche fest, dass der Internet - und Versandhandel sich "vom wieder aufkeimenden Wachstum des stationären Handels unbeeinflusst" zeige. Auch der E-Commerce-Branchenverband bevh beobachtete: "Obwohl die Restriktionen im stationären Handel mittlerweile gelockert wurden und wieder mehr Menschen in die Geschäfte gehen, ist der Wachstumstrend der Branche ungebrochen".

Natürlich haben in der Krise auch viele stationäre Händler ihr Online-Standbein ausgebaut. Doch hält sich der Erfolg der eigenen Online-Shops der klassischen Händler in Grenzen. Im 2. Quartal dieses Jahres konnten sie zwar nach einer Marktstudie des bevh ihre E-Commerce-Umsätze um auf den ersten Blick stattliche 8,2 Prozent steigern. Dennoch verloren sie Marktanteile. Denn sie blieben damit weit hinter den Wachstumsraten der Online-Marktplätze von 22,5 Prozent und der reinen Internethändler von 21,1 Prozent zurück.

Wunsch und Wirklichkeit bei Förderprogrammen für Innenstädte

Nach Forderungen von Handelsvertretern und Deutschem Städtetag hat die schwarz-rote Koalition erst kürzlich eine Verbesserung eines bereits länger geplanten Förderprogramms für Innenstädte angekündigt. Die Mittel dafür sollen von ursprünglich geplanten 25 Millionen Euro auf 250 Millionen Euro aufgestockt werden. Es soll auch helfen, die Folgen der Corona-Krise finanziell abzufangen.

Der Deutsche Städtetag hatte in einem vergangene Woche vorgelegten Positionspapier zur Zukunft der Innenstädte ein auf fünf Jahre angelegtes Förderprogramm mit einer Gesamtsumme von 2,5 Milliarden Euro gefordert. Damit sollen Kommunen unter anderem leerstehende Immobilien vorübergehend selber anmieten und dort Pop-up-Stores und Start-up-Unternehmen ansiedeln können. Außerdem müssten rechtliche Hürden abgebaut werden, etwa im Bauplanungsrecht, verlangten die Städtevertreter. (dpa/pma)

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