Vorteile der elektronischen Stellensuche

03.11.1999

MÜNCHEN: Aus dem NachfrageArbeitsmarkt ist im EDV-Bereich ein Anbietermarkt geworden. Unternehmen, die expandieren und neue Mitarbeiter einstellen wollen, müssen sich bei ihren potentiellen Betriebsangehörigen regelrecht "bewerben". Die Stellenanzeige als klassisches Instrument der Personalrekrutierung oder die Zusammenarbeit mit dem Arbeitsamt reichen da beileibe nicht mehr aus."Vor gut zwei Jahren haben wir eine große Anzeige in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" geschaltet und hatten einen Rücklauf von rund 600 zum großen Teil qualifizierten Bewerbungen. Vor einem halben Jahr haben wir eine vergleichbare Anzeige aufgegeben - ganze 23 Antworten kamen als Reaktion darauf", äußerte sich Uwe Scariot, Bereichsleiter

bei der Dortmunder Dr. Materna GmbH, bereits vor einem Jahr in ComputerPartner. Diese schon damals recht trostlose Situation auf dem IT-Arbeitsmarkt hat sich in den letzten Monaten eher verschärft

denn entspannt. Eine Entwicklung, die Personalverantwortliche anderer IT-Firmen nur allzu gerne bestätigen können.

Firmen, die ihre Wachstumspläne nicht gleich wieder in der Schublade verschwinden lassen wollen, müssen deshalb umdenken. Im Zeitalter fehlender und händeringend gesuchter IT-Spezialisten wird effizientes Personalmarketing zur Schlüsselfrage erfolgreicher Unternehmenspolitik. Dabei sind alle Möglichkeiten der Anwerbung auszuschöpfen. Außer klassischen Methoden wie

- Stellenanzeigen in Zeitungen und Magazinen,

- Einschaltung des Arbeitsamtes,

- Innerbetriebliche Personalbe-schaffung,

- Zusammenarbeit mit Personalberatern

sollten Firmen vor allem auch Jobbörsen im Internet, Messen und

"Tage der offenen Tür" für die Kontaktaufnahme intensiv nutzen.

Eine weitere Gelegenheit, potentielle Mitarbeiter kennenzulernen, ist die Teilnahme an speziellen Veranstaltungen wie zum Beispiel die "Hitech Career Exchanges", die die Kaplan Career Services GmbH (www.hite chcareer.de) viermal im Jahr durchführt. Interessierte IT-Spezialisten haben dort die Möglichkeit, sich an zwei Tagen kostenlos und unverbindlich über das Angebot der teilnehmenden Firmen zu informieren und erste Gespräche mit den anwesenden Abteilungsleitern und Personalchefs zu führen.

Der Kampf um die rar gewordenen IT-Gurus wird für die meisten Unternehmen schnell zur Materialschlacht. Um sich in der Vielzahl der Inserate erfolgreich abheben zu können, ist die Schaltung von Großanzeigen unabdingbar geworden. Die begehrten IT-Freaks kennen mittlerweile ihren Marktwert und erwarten eine ihrer Bedeutung gemäße Ansprache.

Gabriele A. Kernwein, Geschäftsführerin der PC/Enter IT-Personalvermittlungs GmbH in Bad Homburg, empfiehlt, Personalanzeigen klar und eindeutig zu formulieren, sie übersichtlich zu gestalten sowie mit Kernaussagen über das Unternehmen und die zu besetzende Position zu versehen. Die Annonce sollte aber keinesfalls mit Detailanforderungen an den Bewerber überfrachtet sein. Schließlich soll die Ausschreibung zur Abgabe einer Bewerbung motivieren und potentielle Kandidaten nicht schon beim ersten Lesen abschrecken. Sinnvoll ist die Benennung der Telefonnummer eines kompetenten Ansprechpartners, der dem Interessenten möglichst auch nach Feierabend und am Wochenende Rede und Antwort stehen kann.

Auch das Arbeitsamt kann bei der Suche nach geeigneten Kandidaten Schützenhilfe leisten, wenngleich die Chancen, auf diesem Wege neue Mitarbeiter kennenzulernen, eher gering sind. Denn die gesuchte Spezies dürfte sich wohl kaum arbeitslos melden oder den amtlichen Stellenvermittlungen anvertrauen. Der speziell für die Suche nach leitenden Angestellten eingerichtete Arbeitsamtsdienst "Führungskräfte in der Wirtschaft" gilt als eher unbekannt und ist mit Sicherheit nicht als erste Adresse wechselwilliger oder stellensuchender IT-Gurus anzusehen.

Internet als Rekrutierungsinstrument

Lohnender als ein Anruf beim Arbeitsamt ist die Suche nach Arbeitskräften im Web. Sowohl für den Stellensuchenden als auch für den Anbieter stellt sich das Internet als nahezu optimale Plattform dar. Zur Zeit existieren vier unterschiedliche Typen von Jobanbietern:

- kommerzielle Stellenanbieter, also Jobbörsen,

- nichtkommerzielle Anbieter wie Hochschulen, Behörden und sonstige öffentliche Einrichtungen,

- Verlage, die Stellenanzeigen in ihren Printmedien und online veröffentlichen,

- Unternehmen mit eigener Homepage, die über freie Stellen informieren.

Nahezu 80 Prozent aller deutschen Großunternehmen haben inzwischen eine Rubrik "Job und Karriere" auf ihren Homepages eingerichtet, wie das Fachblatt "Personalwirtschaft" unlängst ermitteln konnte. Die Personalabteilungen stehen dem neuen Medium noch kritisch gegenüber, vor allem wenn Bewerbungen - statt wie gewohnt per Post - auf einmal in elektronischer Form bei ihnen eingehen. Einer Studie der Jobs & Adverts Online GmbH zufolge langt eine kurze E-Mail nicht aus, um das Interesse des Personalchefs zu wecken. Die meisten Verantwortlichen wollen ausführlichere Unterlagen: Eine E-Mail mit anschließendem klassischem Anschreiben samt Lebenslauf akzeptieren immerhin schon 72 Prozent, eine E-Mail mit angehängter Datei noch 69 Prozent aller Personalreferenten.

Sowohl für das suchende Unternehmen als auch für den Bewerber bietet das Internet erheblich mehr als die klassischen Instrumente der Personalrekrutierung. Die Kontaktaufnahme mit dem potentiellen Kandidaten gestaltet sich dort sehr einfach. Nachdem der Internet-Surfer auf die freie Position aufmerksam geworden ist, kann er nicht nur vielfältige Informationen über die freie Stelle und das Unternehmen abrufen, sondern sich sogleich online bewerben. Hierzu füllt er einen elektronischen Fragebogen aus, der die eigene Qualifikation mit den Anforderungen abzugleichen hilft. Sollten auch nach diesem Self-Assessment keine Gründe gegen eine Kontaktaufnahme sprechen, so versendet er ihn. Damit ist die Angelegenheit für ihn zunächst erledigt.

Der Fragebogen fließt beim Empfänger in eine Datenbank ein und kann mit Hilfe von Abfrageroutinen systematisch ausgewertet werden. Das ermöglicht eine schnelle und objektive Vorauswahl der eingehenden Gesuche. Auf rund 60 Arbeitsstunden beziffert die Dr. Jäger Managementberatung in Königstein das Einsparpotential bei 100 eingegangenen Bewerbungen.

Der durchschnittliche Internet-Bewerber gilt als sehr qualifiziert, ist zwischen 30 bis 35 Jahre alt, hat Abitur oder einen Hochschulabschluß vorzuweisen und verfügt über ein relatives hohes Einkommen. So charakterisieren zumindest demoskopische Untersuchungen den potentiellen Adressaten für die Online-Stellenangebote.

Ein Mehrwert zu einem Bruchteil der Kosten

Beim Netz der Netze handelt es sich um ein vergleichsweise preisgünstiges Medium zur Schaltung von Inseraten. Gegenüber ganzseitigen Anzeigen in den Topmedien wie "Süddeutsche Zeitung", "Frankfurter Allgemeine" oder "Computerwoche" sind die Gebühren im Internet geradezu vernachlässigbar. Zudem ist

die Zielgruppe der elektronischen Annoncen ungleich größer als bei Printmedien. Auch ausländische Arbeitskräfte können via Internet problemlos erreicht werden - für international ausgerichtete Unternehmen sicherlich eine interessante Option.

Die umfassenden Suchmöglichkeiten im Internet vereinfachen die Auswahl gleichermaßen für Bewerber und Anbieter. Anhand spezifischer Anforderungsprofile kann ein gezielter Zugriff erfolgen - eine immense Zeitersparnis.

Die konsequente Nutzung des Internet als Instrument für die Personalsuche und Mitarbeiterrekrutierung steckt aber noch in den Kinderschuhen und kann konventionelle Methoden bisher lediglich ergänzen, sie jedoch keinesfalls ersetzen. (uk)

Gabriele Kernwein, Geschäftsführerin der PC/Enter IT-Personalvermittlung: "Die Anzeige sollte klar formuliert und übersichtlich gestaltet sein - schon ein Farbtupfer genügt, um ein Inserat hervorzuheben."

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