Vorwürfe aus den eigenen Reihen:Mobbing bis zur Kündigung?

17.01.2002
Mitarbeiter von Compunet erheben schwere Vorwürfe gegen die eigene Geschäftsleitung: Angeblich sollen zahlreiche Angestellte des übernommenen Konkurrenten Computacenter mit Mobbing-Methoden zur Kündigung genötigt worden sein. Vorstand Johannes Meier dementiert.

Die Übernahme der deutschen Computacenter-Niederlassung durch den Konkurrenten Compunet schien harmonisch zu verlaufen: Im Oktober 2001 wurde der geplante Deal bekannt (siehe ComputerPartner 43/01, Seite 15), bereits im November durch das Kartellamt genehmigt, kurz darauf meldete Compunet-Vorstandssprecher Johannes Meier: "Die Integration ist erfolgreich abgeschlossen."

Doch nun werden in Zusammenhang mit der Restrukturierung schwere Vorwürfe aus den eigenen Reihen erhoben. Anonym - "da um den eigenen Arbeitsplatz besorgt" - fahren die angeblichen Compunet-Angestellten, die sich selbst als "Harvey-Konsortium" betiteln, schweres Geschütz auf: Mit zweifelhaften Methoden seien Computacenter-Angestellte zur Kündigung genötigt worden, heißt es in dem Schreiben, das in der ComputerPartner-Redaktion eingegangen ist. Zudem habe es zwischen den beiden Unternehmen bereits vor Abschluss der Übernahme personelle Absprachen gegeben.

So sei Anfang November durchgesickert, dass es eine "Exit-Liste" gebe. Die Entlassungspläne habe man mit der bevorstehenden Integration begründet - zu einem Zeitpunkt, als sich die Firmen offiziell noch als Wettbewerber gegenüberstanden. "Die betroffenen Mitarbeiter wurden außerdem über zwei Wochen lang terrorisiert. Es gab in der Zeit nur mündliche Aussagen: Du bist auf der Exit-Liste - dann hieß es: Du bist es nicht", behaupten die Informanten. Einige hätten den Druck nicht ausgehalten und seien freiwillig gegangen.

Mobbing sei auch danach an der Tagesordnung gewesen: "Selbst Mitarbeiter, die noch ein Integrationsgespräch hatten und mit umziehen durften, wurden nachträglich doch gefeuert. Am 26. November begann Compunet beispielsweise die angeblich übernommenen Mitarbeiter zu schulen. Während dieser Schulung wurden einige Vertriebler telefonisch darüber informiert, man habe in der neuen Firma wohl doch keine Verwendung für sie", so die Ankläger.

Die "erste Welle" habe etwa 80 Mitarbeiter den Job gekostet, weitere würden folgen: "Es erweckt den Anschein, dass man zwar den Geschäftsbereich Vertrieb kaufen wollte, um an die Kunden zu kommen, aber von Anfang an gar nicht an den Mitarbeitern interessiert war." Denn der Psychoterror dauere an: "Sogar die als integriert geltenden Mitarbeiter werden derzeit in ihren Positionen degradiert und denunziert, so dass davon auszugehen ist, dass es Compunet darauf anlegt, noch weitere Personen loszuwerden." Etwa 50 Ex-Angestellte würden jetzt rechtliche Schritte erwägen.

"Alles Unsinn", sagt Compunet-Vorstandssprecher Johannes Meier, der nach eigenem Bekunden "von dem scharfen Ton sehr überrascht" ist. Dass man nicht alleder etwa 280 Computacenter-Angestellten übernehmen werde, räumte der Manager schon im Dezember ein. Knapp 50 Stellen sind allein durch die Tatsache wegfallen, dass die Service GmbH von CC nicht im Deal inbegriffen war und geschlossen wurde, erklärte Meier. "Diese Mitarbeiter wurden allerdings noch von Computacenter gekündigt." Einige hätten von sich aus dem neuen Mutterhaus den Rücken gekehrt, mit etwa 25 weiteren habe man tatsächlich Aufhebungsvereinbarungen getroffen: "Gerade im Bereich der Verwaltungsfunktionen gab es einige Überschneidungen, das bringt ein solcher Deal nun mal mit sich." Tatsächlich geht es um insgesamt (inklusive der Service GmbH) etwa 130 Stellen - und damit die Hälfte der ursprünglichen Computacenter-Crew.

Doch den Mobbing-Vorwurf weist Meier weit von sich: "Das ist alles völlig korrekt gelaufen. Man möchte den Leuten ja auch noch am nächsten Tag in die Augen schauen können." Eine weitere Reduzierung des Personals sei nicht geplant, beteuert Meier: "Gerade weil wir Interesse an den Kunden haben, hoffen wir, möglichst viele halten zu können. Ich werde eher sehr nervös, wenn ich noch Mitarbeiter verliere. Wir sind froh, dass sie da sind." Die meisten hätten schließlich gute Beziehungen zu den Kunden aufgebaut, das sei als Erfolgsfaktor nicht zu unterschätzen.

Vorzeitige Absprachen zwischen Compunet und Computacenter habe es nie gegeben, sagt Meier: "Es ist doch klar, dass ein solcher Prozess sehr sauber und professionell laufen muss." Vielleicht habe sich aber manch einer gewundert, warum das Tagesgeschäft plötzlich zum Erliegen kam. "Fakt ist, dass die meisten Kunden nach Bekanntgabe des Deals nicht mehr bei Computacenter bestellt haben", so Meier. "Der Umsatz fiel dort deshalb auf ein Minimum." Inzwischen habe sich die Lage stabilisiert, man sei zuversichtlich die gemeinsamen Ziele zu erreichen. Von einer bevorstehenden Klagewelle sei ihm nichts bekannt: "Ich wüsste auch nicht, auf welcher rechtlichen Grundlage: Wir haben sicher keine faktischen Fehler gemacht, und Aufhebungsverträge werden freiwillig unterschrieben."

Eine Antwort könnte das "Harvey-Konsortium" geben, doch dem wird die Sache inzwischen zu heiß. So darf der von ihm benannte Frankfurter Anwalt, der angeblich etwa 15 Ex-Mitarbeiter vertreten soll, nicht mal die Zahl dieser Mandanten bestätigen: "Wir wurden gebeten, dazu lieber doch keine Auskunft zu geben. Die Leute haben Angst, dass bei Compunet sonst die Hölle losbricht."

www.compunet.de

ComputerPartner-Meinung:

Die Vorwürfe sind schwer zu glauben: Für Compunet steht eigentlich zuviel auf dem Spiel, um auf solche Methoden zurückzugreifen. Ob an den Vorwürfen tatsächlich etwas dran ist, dürfte sich also nur im Rahmen einer Gerichtsverhandlung klären lassen. Vorausgesetzt, die angeblichen Kläger trauen sich an die Öffentlichkeit. (mf)

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