Wachablösung: R/3 ersetzt IBMs Warenwirtschaft Copics

06.09.2001
Im Rahmen der SAP-Einführung hat Orbis bei dem Werkzeug- und Maschinenhersteller Walter AG einen Internet-Shop eingerichtet. Das Saarbrückener Systemhaus erweiterte den "SAP Online Store" dabei um mehrere Funktionen.

SAP R/3 ist zwar bei der Walter AG im Einsatz, allerdings nicht als Backend-System. Diese Aufgabe verrichtet nach wie vor die alt eingesessene Warenwirtschaftslösung "Copics" - von IBM für den Einsatz auf den eigenen Mainframe-Maschinen entwickelt. Obwohl diese Lösung bei dem Tübinger Maschinenbauer einwandfrei funktioniert, ist sie natürlich in die Jahre gekommen und zeigt sich den Anforderungen an eine moderne E-Commerce-Infrastruktur nicht mehr gewachsen.

Deswegen hat sich die Walter AG dazu entschlossen, allmählich auf SAP R/3 umzusteigen. Eines der dabei anzugehenden Teilprojekte war die Einrichtung eines Online-Shops, über den die Kunden des Werkzeugherstellers bequem ihrer Order tätigen könnten. Hierfür bietet SAP zwar die passende Software, den "Online Store", sie erfüllt aber nicht alle von der Walter AG gestellten Forderungen an ein Internet-Bestellsystem.

Produkterkennung bei wiederholter Bestellung

So sind beispielsweise nach Absturz des Rechners beim Käufer dessen Bestelldaten verloren. Der SAP-Partner Orbis AG hat nun den Online Store bei der Walter AG so erweitert, dass der Server jederzeit den Status quo einer Session festhält. Sobald sich der Kunde wieder anmeldet, erscheinen in seinem Browser-Fenster die bereits von ihm gewünschten Artikel.

Aber der von Orbis modifizierte Online-Store vermag noch mehr: Er verfügt über eine so genannte Schnellerfassungsmaske. Viele Kunden bestellen immer wieder die gleichen Produkte bei der Walter AG und kennen daher auch die Artikelnummern. Deren Eingabe genügt nun für die Bestellung, der Käufer muss sich nicht mehr durch eine Vielzahl von Untermenüs durchklicken.

Die Orbis-Lösung beinhaltet darüber hinaus eine Suchfunktion. Diese ist mit einer gewissen Intelligenz ausgestattet: Sucht etwa ein Interessent nach Ersatzteilen für eine Fräsmaschine, bekommt er nur diejenigen Schneidplatten, Schrauben und Fräsen angeboten, die tatsächlich nur zu diesem Gerät passen. So kann der Online-Kunde relativ zielgenau in dem 12.000 Einzelteile umfassenden Katalog navigieren.

Die auf seinem Webfenster erscheinenden Bilder, Zeichnungen und Produktbeschreibungen liegen keinesfalls statisch auf dem Webserver vor, alle Detailinformationen kommen direkt aus SAP R/3.

50.000 Artikel in SAP R/3 überführen

Bevor so etwas funktioniert, mussten natürlich die Stammdaten komplett ins R/3-System übertragen werden. Auch dies bewerkstelligte die Orbis AG. Sie fasste insgesamt rund 50.000 Artikel mit jeweils bis zu 100 Merkmalen in einem Katalog zusammen. Dieser besteht nun aus 12.000 Artikeln mit eigener Bestellnummer und beschreibt insgesamt etwa 80.000 Klassen von Produkten.

Seit April dieses Jahres ist nun der Online Store bei der Walter AG in Betrieb. Bis dato nutzen aber nur Außendienstmitarbeiter und ausgewählte Kunden dieses Werkzeug. In diesem Monat sollen nun alle Einkäufer in Deutschland online gehen. Im dritten Schritt schließlich soll das Ganze auch im Ausland funktionieren, denn immerhin ist die Walter AG flächendeckend in Europa vertreten, und weitere Niederlassungen gibt es im Nahen, Mittleren und Fernen Osten, in Nord- und Südamerika sowie in Australien. Ferner unterhält der Maschinenbauer zwei Vertriebsbüros in Afrika.

"Besonders hervorzuheben ist, dass sich jeder unserer Kunden als Person und nicht als Unternehmen bei uns anmeldet", betont Wolfgang Schimpf. bei der Walter AG für dieses Projekt zuständiger Manager. Damit ist seinen Worten nach gewährleistet, dass jeder Einkäufer persönlich und individuell im Online-Shop bedient werden kann. So bietet etwa die Software dem Stammkunden einen bereits mit den üblichen Artikeln vorbefüllten Warenkorb. Sie erkennt sogar das zeitliche Bestellverhalten eines Einkäufers und benachrichtigt ihn, etwa per E-Mail, wenn die übliche Bestellung über eine längere Zeit hinweg nicht getätigt wurde.

Der Kunde braucht dann nichts mehr weiter zu tun, als auf den in dieser E-Mail enthaltenen Internet-Link zu springen, schon befindet er sich mitten im Online-Bestellprozess. Sofort ist es ihm dann möglich, den Kaufauftrag zu bestätigen, abzusagen oder gegebenenfalls zu ergänzen.

Natürlich enthält der von Orbis abgeänderte SAP Online Store auch einen Tracking-Mechanismus. Damit kann sich der Besteller jederzeit auf dem Laufenden halten, was den Lieferstatus der bestellten Ware betrifft. Er erfährt somit alles über bereits erfolgte Teillieferungen, Verzögerungen oder über die genauen und verbindlichen Liefertermine. Auch der Einblick ins Warenlager des Lieferanten soll in Zukunft möglich sein.

Bezahlen muss der Kunde hingegen nach wie vor ganz klassisch: Er erhält eine Rechnung per Schneckenpost zugeschickt. An eine Online-Variante der Transaktionsabwicklung denkt die Walter AG noch nicht.

Projektablauf entsprach den Erwartungen

Im Rahmen ihrer E-Commerce-Strategie hat sich die Walter AG für Orbis als Dienstleister entschieden, weil bereits ein Geschäftskontakt im Zusammenhang mit der SAP R/3-Einführung bestand. Die Erfahrung des Saarbrückener Systemhauses bei der Einrichtung von B2B-Online-Shops gab schließlich den Ausschlag. Nach etwa vier bis fünf Monaten Vorlaufzeit ging es schließlich mit dem Projekt los. Dessen Dauer von sieben Monaten entsprach genau den Erwartungen. Die längste Zeit und den größten Aufwand nahm aber gar nicht die Implementierung des SAP-Online-Stores selbst, sondern die Übertrag der Stammdaten aus dem Copics-Warenwirtschaftssystem ins SAP R/3 in Anspruch.

www.sap.com/solutions/e-commerce

ComputerPartner-Meinung:

Es muss nicht immer Intershop, Openshop und Co. sein, wenn es um die Einrichtung eines Online-Shops geht. Die gute alte SAP tut es auch, wenn auch gewisse "Ergänzungen" nötig sind, wie der vorliegende Projektbericht beweist. Im rein gewerblichen Umfeld, Neudeutsch B2B (Business-to-Business), funktioniert das Ganze recht gut. Der B2B-Markt zeigt hier ein gesundes Wachstum - belegt durch die wieder anziehende Nachfrage nach entsprechenden Lösungen. (rw)

Solution Snapshot

Kunde: Walter AG

Derendinger Straße 53

72072 Tübingen

www.walter-ag.de

Projektleiter: Wolfgang Schimpf

Tel. 070 71/701 394

Fax: 070 71/701 212

E-Mail: Wolfgang.Schimpf@walter-ag.de

Problemstellung: Die Tübinger Zentrale und die 24 Auslandsniederlassungen der Walter AG setzen bisher unterschiedliche Produktionsplanungs- und Steuerungssysteme ein, die die notwendigen Daten für den Web-Store bereitstellten. Die Stammdatenpflege findet jedoch in der Firmenzentrale statt. Bisher mussten daher alle Daten auf die Systeme der Auslandstöchter verteilt werden.Die Walter AG entschloss sich daher, international auf ein einheitliches zentralisiertes SAP-System zu migirieren. Der "SAP Online Store" ist Bestandteil dieser Strategie. Er soll den Vertrieb unterstützen und den Einkauf der Kunden weltweit einfacher und präziser gestalten.

Lösung: SAP Online Store

VAR: Orbis AG

Nell-Breuning-Allee 3-5

66115 Saarbrücken

www.orbis.de

Projektleiter: Eric Gimmler

Tel.: 06 81/99 24 13

Fax: 06 81/99 24 111

E-Mail: Eric.Gimmler@orbis.de

Kontaktaufnahme: aufgrund eines bestehenden Kundenverhältnisses

Verhandlungsdauer: keine, war Bestandteil der E-Commerce-Zusammenarbeit; die gesamte Projektvorbereitungszeit nahm etwa vier bis fünf Monate in Anspruch

größte Herausforderung: Einbindung ins Backend-System, Übertragung der Stammdaten ins SAP R/3

Implementierungsdauer: sieben Monate

Kostenumfang des Projekts: 250.000 bis 300.000 Mark

Benefit für Kunden: Schnellerfassungsmaske: der gewünschte Artikel kann direkt bestellt werden.

Backup-System: im Falle eines Browser-Absturzes beim Kunden geht keine Bestellung verloren, auch wenn sie noch nicht abgeschlossen war.

Periodische und aktive Warenkörbe gehen zuverlässig und aktiv auf die Wünsche des Kunden ein.

Plausible Suchfunktionen und Profisuche "beraten" den Kunden" bei der Produktauswahl.

Auftragstracking: der Kunde ist jederzeit über den Status seiner Bestellung informiert.

Benefit für VAR: Der Online-Store ist die Grundlage für die zukünftige Zusammenarbeit mit dem Geschäftspartner Orbis AG. Dies gilt sowohl für den interaktiven B2C-Zugriff als auch für den B2B-Datenaustausch.

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