Wachstum mit geringen Kosten und Risiken

28.06.2001
War Franchise lange Zeit relativ unbemerkt, rückt es nun allmählich in das Blickfeld der Unternehmen. Ulrich Schappach* erläutert Möglichkeiten des Franchising für IT-Serviceunternehmen.

Spätestens wenn Expansionspläne, Vertrieb oder Filial-systeme in der Diskussion sind, stellt man fest, wie teuer der Faktor Arbeit geworden ist. An diesem Punkt angelangt, sollte man prüfen, ob sich die geplante Expansion nicht mit einem Franchisesystem realisieren läßt. Franchise ist eine schlagkräftige Organisationsform, bei der beide Seiten - der Franchisegeber wie der Franchisenehmer - partizipieren.

Die Grundgedanke ist einfach. Ein laufender Betrieb oder eine gute Geschäftsidee wird dupliziert und an interessierte künftige Partner vergeben. Der Franchisenehmer startet eine geprüfte Existenz und braucht das Rad nicht zum zweiten Mal zu erfinden. Während jeder zweite Gründer innerhalb von fünf Jahren aufgeben muss, weist das Franchisesystem eine statistische Ausfallquote von sieben Prozent auf.

Von leidigen Aufgaben entlasten

Aufgabe des Franchisegebers ist es, das Erfolgsmodell weiterzuentwickeln und den Franchisenehmer von leidigen Aufgaben zu entlasten. Er übernimmt zentrale Teile des Marketings und des Controllings, ohne in die Souveränität des Partners einzugreifen. Dafür erhält er entsprechende finanzielle Beiträge, aber auch ein Feedback, um ständige Verbesserungen vorzunehmen. Hierdurch entsteht eine spezialisierte und arbeitsteilige Partnerschaft. Besonders auf hart umkämpften Märkten oder in Branchen, die nur noch minimale Gewinne zulassen, ist Franchise eine Alternative für den Unternehmer.

Im IT-Handelsbereich hat sich "PC-Spezialist" durchgesetzt, und im Servicesektor ist "PC-vor-Ort" ein Beispiel für eine neue Idee.

Hier einige Franchise-Gebrauchsanweisungen:

Refill-Point: Ein Hersteller oder Distributor von Verbrauchsmaterial und Refill-Produkten im IT Bereich könnte bundesweit Mini-Shops eröffnen. Primäre Zielgruppe: die Vielzahl von Tinten- und Kartuschenkunden, die mal wieder vergessen haben, auf Vorrat zu bestellen, aber dringend weiterarbeiten müssen. Kauft der Kunde öfters ohne Mindestbestellmenge und Porto ein, wird ein Gewöhnungseffekt eintreten.

Ein aktiver Verkauf könnte durch das kostenlose Aufstellen von Sammelkartons für Altmaterial in den umliegenden Büros stattfinden. Das ständige Austauschen der Container - natürlich mit Werbeaufdruck und der Möglichkeit, Prospekte unterzubringen - führt zu Gesprächen und Bestellungen. Das Angebot sollte natürlich auch Ergänzungsprodukte beinhalten wie etwa CD-Rohlinge oder Reinigungsprodukte für Bildschirm und Tastatur.

Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, beispielsweise Computerreinigungsaktionen in den umliegenden Betrieben.

Hardware-Makeln/Agentur-Shop: Wir kennen alle die Margensituation bei Hardware. Wie wäre es zum Beispiel mit einem kostengünstigen Point, in dem der Verkäufer gemeinsam mit dem Kunden die passende Hardware in vertraglich gebundenen Internet-Shops zusammenstellt? Diese müssen natürlich in der Lage sein, die bestellte Ware direkt an den Endkunden zu liefern und die Marge dem Vertragspartner gutzuschreiben. Der Shop benötigt lediglich eine Minimalausstattung und einen Internet-fähigen Computer. Der Kunde hat seine Beratung, der Verkäufer eine Marge plus eine zeitabhängige Beratungsgebühr.

Auch hier bestehen Zusatzverdienstmöglichkeiten durch kostenpflichtigen Updateservice, das Bestellen von Spezialsoftware, eine Annahmestelle für Reparaturen und eine Provisions-orientierte Zusammenarbeit mit einem PC-Serviceunternehmen. Der Sinn des Agenturshops ist, bei niedrigen Personalkosten und Materialeinsatz gegen null einen vernünftigen Profit zu erzielen.

Vertriebsbüro für Software: In der Bundesrepublik gibt es Hunderte von Softwarefirmen und ASPs , die sich einzigartige Problemlösungen einfallen lassen. Der wichtigste Aspekt wird meist vernachlässigt: die Tatsache, dass die Software auch verkauft oder im ASP-Fall vermietet werden sollte. Programmierorientierte Geschäftsführer sind oft nicht in der Lage, Marketing zu betreiben, einen Vertrieb aufzubauen oder den Vertrieb zu finanzieren. So entsteht ein Lösungsstau im Markt, da der potenzielle Nutzer natürlich nicht kaufen kann, was ihm nicht angeboten wird. Abhilfe könnte auch hier ein Franchisesystem mit einem dichten Vertriebsnetz schaffen. Die passenden Franchisenehmer müssen qualifizierte IT-Experten sowie Verkaufspersönlichkeiten sein.

Die Zentrale ist gefordert

Die Franchisezentrale ist in diesem Fall gefordert, entsprechende Vergabemerkmale zu erarbeiten, Bewerbertests durchzuführen und erhebliche Schulungsanstrengungen zu unternehmen. Die Zentrale muss den erfolgversprechenden und lukrativen Produktmix erarbeiten, diesen aufbereiten und ihren Franchisepartnern zur Verfügung stellen. Auch hier entstehen interessante Überlegungen für Zusatzgeschäfte.

Ausländische IT-Produzenten möchten mit ihren Produkten gerne auf den deutschen Markt, wollen sich aber kein teures Vertriebsnetz leisten. Klassische Anbieter haben durch das Händlersterben der vergangenen Jahre ihre angestammten Vertriebskanäle verloren.

Das Vorhaben muss nutzenorientiert sein, die Grundbedürfnisse des Kunden müssen erfüllt werden, der Kunde hat im Zentrum der Überlegung zu stehen, und das Vorhaben muss in die Zeit passen. Aufgrund der günstigen Kosten-Effektivitäts-Relation von Franchisesystemen könnte auch Marktverdrängung ein Thema sein.

www.schappach.de

*Ulrich Schappach sammelte fast 20 Jahre Erfahrungen als Geschäftsführer - unter anderem in einem IT-Systemhaus. Er stand darüber hinaus in Internet- und E-Commerce-Verantwortung. Seit 1998 ist er am Aufbau und Betrieb einer Franchise-Serviceorganisation beteiligt.

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