Währungsumstellung in der Praxis

12.03.1998

KÖLN: Der Euro bringt neue Preise, und die müssen dem Verbraucher vermittelt werden. Lange Zeit sah es so aus, als würde die Einführung der Euro-Banknoten und -Münzen am 1. Januar 2002 durch ein Gesetz zur doppelten Preisauszeichnung flankiert. Diese Forderung der Verbraucherverbände würde für den Handel Preisschilder mit bis zu zehn Preisen bedeuten. Robert Weitz* erläutert den aktuellen Stand der Dinge.Das Gesetz sollte zwingend festlegen, daß alle Preisangaben sechs Monate vor und sechs Monate nach dem Stichtag sowohl in der Landeswährung als auch in Euro erfolgen müssen. Die europäischen, einschließlich der deutschen Verbraucherverbände, wollten dies so, und Brüssel zeigte Sympathie für diesen Vorschlag. Der deutsche Einzelhandel und seine Verbände haben sich dagegen heftig zur Wehr gesetzt.

Die Gesetzesvorgaben wären dem Einzelhandel nicht nur teuer zu stehen gekommen, es hätte auch ein kompliziertes und dementsprechend schwer kontrollierbares Gesetz entstehen müssen, das einer Unzahl von Rechtsstreitigkeiten Tür und Tor geöffnet hätte. Der Grund: Preisangaben kommen am Produkt selbst, am Regal, auf Deckenhängern und auf dem Kassenbon vor. Sie können sich auf den Endpreis beziehen, den Nettopreis ohne Mehrwertsteuer ausweisen oder einen Grund-, Ursprungs-, oder Sonderpreis enthalten, sowie Angaben mit und ohne Pfand. Die Preisangabe eines Produktes kann heute schon bis zu fünf Positionen enthalten - verwirrend genug für den Verbraucher. Soll er sich künftig mit zehn Preisen plagen müssen? Was sollte mit sehr kleinen Produkten geschehen? Sollte der Handel diese nicht mehr einzeln, sondern nur noch in Großpackungen verkaufen dürfen, damit alle Preise auf die Verpackung passen? Österreich ist diesen von Brüssel empfohlenen Weg gegangen. Herausgekommen ist ein mit Ausnahmen vollgestopfter Gesetzesentwurf, der nur für 20 Prozent der

Geschäfte gültig ist.

Freiwillige Selbstverpflichtung des Handels

Im Gegensatz zu Österreich hat Deutschland einen anderen Weg gewählt. Der Einzelhandel hierzulande hat sich gefragt, was der Kern einer Gesetzesinitiative ist und ob der Zweck nicht streßfreier, praxisnäher und kostengünstiger erfüllt werden kann.

Der Sinn der doppelten Preisauszeichnung besteht darin, dem Verbraucher den Übergang von der Mark auf den Euro zu erleichtern und ihn frühzeitig mit der neuen Währung vertraut zu machen. Das soll den Kunden Zeit geben, das Wertverhältnis zwischen Mark und Euro einzuüben, damit er in Euro denkt, sobald er in Euro bezahlen kann.

Dieses Anliegen erkennt der Handel an. Ihm liegt daran, das Vertrauen der Kunden zu erhalten und einer eventuellen Kaufzurückhaltung vorzubeugen. Der Handel hat deshalb zusammen mit den Verbraucherverbänden die "Freiwillige Selbstverpflichtung des deutschen Einzelhandels gegenüber den Verbrauchern im Zusammenhang mit der Einführung des Euro" abgegeben, der sich nun mehr und mehr Händler anschließen. Treten genügend Betriebe diesem Abkommen bei, wird es keinen Gesetzesentwurf geben.

Der goldene Mittelweg für Handel und Kunden

Die freiwillige Selbstverpflichtung gilt für alle Einzelhandels-betriebe, die ihr offiziell zustimmen. Für die nicht beitrittswilligen Betriebe besteht keine Verpflichtung zu einer doppelten Preisauszeichnung. Allerdings könnte ein Verzicht durch die Kunden abgestraft werden, zumal die Branchenführer das Abkommen bereits unterzeichnet haben.

Für beitretende Unternehmen gelten folgende Regelungen:

- In den Verkaufsräumen wird nur der Endpreis der Produkte doppelt ausgezeichnet - der Horror von bis zu zehn Preisen ist damit vom Tisch.

- Auf Kassenbons bezieht sich die Doppelauszeichnung nur auf den zu zahlenden Gesamtbetrag, nicht auf die Einzelpositionen.

- Keine doppelten Preise bei Artikeln, bei denen ein unvertretbarer Aufwand entstehen würde.

- Preisangaben in Euro und Mark sollte es insbesondere für Waren in Schaufenstern, bei Sonderangeboten und Verkaufsaktionen, in Werbeprospekten, Tarif- und Preislisten sowie für die meistverkauften Waren und Dienstleistungen geben.

Der größte Teil der verabredeten doppelten Preisangaben erfolgt bis zum 1. Juli 2001. Niemand verlangt eine Vollabdeckung, aber mindestens die Hälfte der Preise sollten ab diesem Zeitpunkt in beiden Währungen angegeben sein.

Freie Wahl bei Zeit und Art der Preisauszeichnung

Durch diesen Kompromiß bleibt ein großes Stück Wahlfreiheit. Jeder IT-Betrieb kann die Form der Preisauszeichnung wählen, mit der er am besten zurecht kommt. Auch der Zeitpunkt des Wechsels bleibt dem Händler überlassen. Schnellschüsse muß es nicht geben. Es muß allerdings Anfang nächsten Jahres bereits mit mindestens einer der oben aufgeführten Maßnahmen begonnen werden. Am leichtesten fällt sicherlich die doppelte Angabe in Werbeprospekten und Preislisten. Bei modernen Kassensystemen sind auch Kassenbons mit zwei Preisen unproblematisch.

Wer vom Kunden als leistungsfähig und fortschrittlich eingestuft werden will, der sollte schon vor dem Stichtag Mitte 2001 ab und an den Euro zeigen. Spätestens ab dem 1. Januar 2002 ist die Preisangabe in Euro zwingend erforderlich. Die zusätzliche Angabe von Mark ist dann kein Muß mehr, wird aber vom Kunden sicherlich dankbar angenommen. Ab März 2002 werden keine Mark mehr angenommen, das heißt, daß dann auch die Angabe der Landeswährung nicht mehr nötig ist.

Der Weg zur doppelten Preisauszeichnung wird ein Weg der kleinen Schritte sein. Ein Erfolgsrezept gibt es nicht. Wer frühzeitig und häufig die Eurowährung als unbares Zahlungsmittel akzeptiert oder hauptsächlich ausländische oder jugendliche Kunden hat, wird sich sicherlich früher zur doppelten Preisauszeichnung im Verkaufsraum entschließen als ein Geschäft mit Stammkundschaft auf dem Lande. Auch für die Währungsumstellung gilt grundsätzlich: Augen offen halten, was der Mitbewerb tut. Und: Keine übereilten Aktionen, denn auch das Personal muß durch Vorabschulungen erst lernen, mit dem Euro umzugehen.

Nähere Infos sowie Vordrucke für den Beitritt zur "Freiwilligen Selbstverpflichtung" sind direkt beim HDE www.einzelhandel.de) erhältlich. Tel.: 0221/93655-02; Fax: 93655-909. (gn)

*Robert Weitz, ist Geschäftsführer des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels und leitet die Abteilung Wirtschafts- und Handelspolitik. Er ist Mitglied in mehreren Gremien, die sich mit der Währungsumstellung im Handel befassen.

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