Hat der "Baumkontrolleur" versagt?

Waldspaziergang mit Folgen

05.12.2012
Einen Waldbesitzer trifft keine Haftung für die Verletzung eines Spaziergängers durch einen herabstürzenden Ast, da es sich hier um eine "waldtypische" Gefahr handelt.
Baumkontrolleure sind zwar für den Zustand von Bäumen zuständig, haften aber nicht für Gefahren, die von der Natur ausgehen.
Baumkontrolleure sind zwar für den Zustand von Bäumen zuständig, haften aber nicht für Gefahren, die von der Natur ausgehen.

Der Kieler Rechtsanwalt Jens Klarmann, Landesregionalleiter "Schleswig-Holstein" der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, verweist auf die Mitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 2.10.2012 zu seinem Urteil vom selben Tage, Az. VI ZR 311/11. Danach muss ein Waldbesitzer für die Verletzung eines Spaziergängers durch einen herabstürzenden Ast nicht haften, da es sich hier um eine "waldtypische" Gefahr handelt

Die Klägerin nimmt die Beklagten wegen eines Unfalls bei einem Waldspaziergang auf Schadensersatz in Anspruch. Als die Klägerin im Juli 2006 bei sehr warmem Wetter und leichtem Wind auf einem Forstwirtschaftsweg durch ein Waldgrundstück der Beklagten ging, brach von einer circa fünf Meter neben dem Weg stehenden Eiche ein langer Ast ab und traf sie am Hinterkopf. Sie erlitt eine schwere Hirnschädigung. Der Beklagte ist Diplom-Forstwirt und bei der Beklagten für den Bereich des Waldgrundstücks zuständig.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht den Schmerzensgeldanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und dem Feststellungsantrag stattgegeben. Nach seiner Auffassung ist auch ein privater Waldbesitzer, der weiß, dass sein Wald von Erholungssuchenden frequentiert wird, zumindest eingeschränkt verkehrssicherungspflichtig. Er sei gehalten, in gelegentlichen Begehungen die am Rande der Erholungswege stehenden Bäume zu kontrollieren und einzuschreiten, wenn sich ihm konkrete Anhaltspunkte für eine besondere, unmittelbare Gefährdung böten. Diese Voraussetzungen hat das Oberlandesgericht im Streitfall bejaht, da von dem unfallverursachenden Baum schon lange eine akute Gefahr ausgegangen sei. Diese hätte ein geschulter Baumkontrolleur bei einer Sichtkontrolle vom Boden aus erkennen müssen.

Auf die Revisionen der Beklagten hat der für das Schadensersatzrecht zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs die Klage abgewiesen, so Klarmann. Er hat eine Haftung der Beklagten verneint.

Nach den im Einklang mit § 14 BWaldG erlassenen landesrechtlichen Vorschriften (hier: § 25 des Waldgesetzes für das Saarland) ist das Betreten des Waldes zu Erholungszwecken jedermann gestattet. Die Benutzung des Waldes geschieht jedoch auf eigene Gefahr. Dem Waldbesitzer, der das Betreten des Waldes dulden muss, sollen dadurch keine besonderen Sorgfalts- und Verkehrssicherungspflichten erwachsen. Er haftet deshalb nicht für waldtypische Gefahren, sondern nur für solche Gefahren, die im Wald atypisch sind.

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