MÜNCHEN: Macrotron muß wandern: Der erst kürzlich von Tech Data übernommene Distributor wird jetzt für 100 Millionen Dollar an Ingram Micro weiterverkauft.Schon seit der amerikanische Distributionsmulti Tech Data im April bekanntgab, Computer 2000, Deutschlands größten Distributor, zu kaufen, haben sich die Gerüchte überschlagen: Unmöglich, daß der Konzern dann die im Juli vergangenen Jahres übernommene Macrotron AG behalten könne, hieß es allgemein, der Konzern müsse dann wohl oder übel Macrotron wieder abstoßen. Zu ähnlich sei das Produktportfolio, die Managementpositionen seien in fast allen Unternehmensbereichen doppelt besetzt, und und und.
Alles gute Gründe, warum sich die Amerikaner wieder von dem 1,2-Milliarden-Mark-Unternehmen trennen sollten - doch vorerst schien keine Eile geboten. Alle Welt wußte, daß Ingram Micro, weltweit umsatzstärkster Distributor und sicherlich Tech Datas schärfster Konkurrent, in Deutschland trotz Übernahme von J&W nicht anlaufen wollte und daher ein großes Interesse an der Übernahme der gut beleumundeten Macrotron signalisierte. Doch wieso sollte sich Tech Data in Deutschland selbst die Konkurrenz ins Haus holen? "Weil sie ganz schön unter Druck stehen - die Kartellbehörde sitzt dem Unternehmen seit dem Kauf von Computer 2000 massiv im Nacken", verrät ein Brancheninsider.
Ganz glücklich waren Tech Data und Macrotron dem Vernehmen nach sowieso nicht miteinander: Der Münchener Distributor klagte hinter vorgehaltener Hand über Probleme mit der EDV-Umstellung, die Tech Data ihnen überstülpen wollten. (ein Macrotron-Manager: "Die war nicht europafähig!") Den Amerikanern dagegen heizten die Macrotron-Aktionäre kräftig ein: Die Kleinanleger reichten kürzlich vor Gericht Klage gegen die Umwandlung des Unternehmens in die ursprünglich geplante Tech Data Germany GmbH & Co. KG ein.
Zudem richtete sich bereits das Argusauge des Kartellamtes auf den
Gigantenzusammenschluß. Deshalb war Eile geboten, Macrotron muß wandern.
Kaum entschieden, fügte sich eines zum anderen: Ingram Deutschland-Geschäftsführer Sven Janssen schied Ende Mai aus dem Unternehmen aus (siehe ComputerPartner Nr. 10 und Nr. 11, jeweils Seite 1) und machte Platz für den Thronfolger: Der heißt aller Voraussicht nach Michael Kaack, bislang noch Vorstandssprecher der Macrotron AG. Bei ihm ist die Freude groß: "Ende Juli soll die Übernahme komplett sein - und die Zusage der Amerikaner steht: Ich werde das Ingram-Geschäft für Zentral- und wohl auch Osteueuropa leiten." Voll des Optimismus eröffnet er schon mal den rhetorischen Wettkampf mit Tech Data/Computer 2000 und dem CHS-Konglomerat: "Bis allerspätestens 2001 sind wir die Nummer eins!" Ende dieses Geschäftsjahres werde er wohl einen Umsatz von 3,3 bis 3,4 Milliarden Mark einfahren können, "demnächst peilen wir dann die Fünf-Milliarden-Grenze an." (du)
Macrotron-Vortstandschef Michael Kaack wird Ingrams Geschäfte in Zentral- und wohl auch in Osteuropa leiten.