Wandlung: Alles oder nichts?

04.03.1998

HAMBURG: Komplexe EDV - Projekte, bei denen neben der Hardware auch Individual- und Standard-Software geliefert wird, werden immer wieder von der Problematik begleitet, daß bei Vorliegen etwa eines erheblichen Hardware-Mangels das Gesamtprojekt rückabgewickelt werden soll.

Gerade Vertriebsleute sehen sich häufig dem Einwand des Endkunden ausgesetzt, daß bei einem Mangel an der Hardware das gesamte Projekt, also auch die Software, nicht mehr von Interesse für den Endkunden sei. Im Gegenzug versuchen sich Softwarehäuser, vor einer Gesamtrückabwicklung zu schützen, indem sie sogenannte Trennungsklauseln in ihre Verträge einfließen lassen, wonach beispielsweise bei Vorliegen eines Mangels an der Software kein Wandlungsrecht für die Hardware besteht. Das Oberlandesgericht Köln hatte sich mit dieser, für beide Seiten teilweise existenzbedrohenden Frage auseinanderzusetzen. In dem zugrunde liegenden Fall hatte der Verkäufer eine Computeranlage mit einer dreidimensionalen Grafikkarte zu liefern, die geeignet sein sollte, dreidimensionale Darstellungen (CAD-Architektensoftware) zu berechnen. Gegen den Auftrag lieferte der Verkäufer eine zweidimensionale Grafikkarte, woraufhin der Käufer die Gesamtwandlung erklärte.

Zusammengehörende Ware

Grundsätzlich steht dem Käufer beim Erwerb eines Gegenstands im Fall der Mangelhaftigkeit des Gegenstands gegenüber dem Verkäufer ein Wandlungs- beziehungsweise Minderungsrecht zu. Er kann demnach die Rückgängigmachung des Kaufvertrags oder eine Herabsetzung des Kaufpreises verlangen. Wenn mehrere Gegenstände verkauft worden sind und nur einer hiervon mangelhaft ist, kann der Käufer nur bezüglich der mangelhaften Sachen die Wandlung verlangen, selbst wenn ein Gesamtpreis festgelegt worden ist. Hat allerdings der Verkäufer die Sachen als zusammengehörend verkauft und kann die mangelhafte Sache nicht ohne Nachteil für den Käufer von den übrigen getrennt werden, steht dem Käufer in der Regel ein Gesamtwandlungsrecht gegenüber dem Verkäufer zu.

Ein solches Gesamtwandlungsrecht bejahte das OLG Köln (19 U 208/96) in einem Urteil vom 21.03.1997 bei der Lieferung der Computeranlage mit einer zweidimensionalen Grafikkarte. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts hatte der Käufer hinlänglich sein Interesse bekundet, die Hardware nur im Zusammenhang mit der angegebenen Grafikkarte und für den dargestellten Zweck zu benötigen. Dementsprechend war die Wandlung nicht nur auf die Software, sondern auch auf die Hardware zu beziehen.

Eine im Vertragsverhältnis verankerte Trennungsklausel hätte grundsätzlich zu keinem anderen Ergebnis geführt. Denn haben die Parteien einen bestimmten Vertragszweck festgesetzt, durch den sich die Zusammengehörigkeit von Hard- und Software ergibt, kann eine derartige Trennungsklausel nur in Ausnahmefällen etwas Gegenteiliges bewirken.

*Dr. Stefanie Müller ist Rechtsanwältin bei der Kanzlei Schubert & Dr. Müller in Hamburg.

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