Relicense und Netgo auf dem Systemhauskongress CHANCEN

Warum gebrauchte Software den Mittelstand fördert

Regina Böckle durchforstet den Markt nach Themen, die für Systemhäuser und Service Provider relevant sind - oder es werden könnten - und entwickelt dazu passende Event-Formate.
Der Mix aus Cloud- und On-Premise-Lizenzmodellen in Unternehmen wird weiter zulegen. Vertriebspartner können ihre Kunden deshalb gleich mehrfach unterstützen: Cloud-Software anbieten, Gebraucht-Lizenzen übernehmen, aber auch gebrauchte Lizenzen günstiger anbieten. Warum sich das Geschäft für alle Beteiligten lohnt, zeigen Netgo und Relicense auf dem Systemhauskongress - und vorab im Interview.

ChannelPartner: Immer mehr Anwendungen wandern in die Cloud - das bedeutet auch: Viele On premises-Lizenzen werden überflüssig. Das Geschäft mit gebrauchten Lizenzen müsste theoretisch schon deshalb boomen. Was ist Ihre Erfahrung?

Stefan Buschkühler: Nun, das Geschäft boomt nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch! So wachsen die Umsätze der Relicense AG sowohl im Inland wie auch im europäischen Ausland im hohen zweistelligen Bereich.
Die von den Herstellern forcierte Fokussierung auf die Cloud hat zudem zur Folge, dass wir in ähnlichem Umfang nicht mehr benötigte On-premises Lizenzen aufkaufen können. Lieferengpässe bleiben so trotz der stark gestiegenen Nachfrage nach Gebrauchtlizenzen die Ausnahme.

Stefan Buschkühler, Mitgründer und Director Business Development der Relicense AG
Stefan Buschkühler, Mitgründer und Director Business Development der Relicense AG
Foto: Relicense

Ich möchte allerdings betonen, dass für sehr viele Unternehmen die Entscheidung zwischen Cloud und On-premises keineswegs digital ist: Hybride Modelle mit einem intelligenten, bedarfsgerechten Mix aus gebrauchten On-premises- und Cloud-Lizenzen wie beispielsweise für Office 365 sind in vielen Fällen der Königsweg. Unsere Lizenzexperten helfen Unternehmen und Vertriebspartnern dabei, ein für ganz individuelle Szenarien optimales Lizenzierungsmodell zu finden. Auf diese Weise können Einsparpotenziale erschlossen werden, die in der Regel zwischen 40 und 60 Prozent liegen.

ChannelPartner: Viele Partner zucken beim Gedanken an Gebraucht-Lizenzen - es gilt immer noch als riskant, weil sie noch die zahlreichen Fälle kennen, die vor Gericht gingen. Denn der Kunde erwirbt mit dem Kauf der Software kein Eigentum, sondern nur ein Nutzungsrecht - und das definiert jeder Hersteller anders. Wie handhaben Sie diese Herausforderung?

Stefan Buschkühler: Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes über die grundsätzliche Zulässigkeit des Verkaufs gebrauchter Software-Lizenzen, das auf dem "erschöpften" Verbreitungsrecht des ursprünglichen Rechteinhabers, also des Herstellers, basiert, muss niemand mehr zucken - jedenfalls, solange bei der Lizenzübertragung allen rechtlichen und formalen Vorgaben entsprochen wird. Für die lückenlose Erfüllung all dieser Vorgaben steht die Relicense AG.

Seit nunmehr 11 Jahren sind wir auf den Handel mit rechtskonformen gebrauchten Volumenlizenzen von Microsoft spezialisiert und verfügen über eine Expertise, die ihresgleichen sucht. Damit sich unsere Kunden wirklich keinerlei Gedanken über ihre gebrauchten Software-Assets machen müssen, gehen wir beim An- und Verkauf von Lizenzen sogar über das seitens Gesetzgeber und Hersteller Geforderte hinaus: So lassen wir beispielsweise von unabhängigen Wirtschaftsprüfern überprüfen, ob die uns angebotenen Lizenzen aus Compliance-Sicht zweifelsfrei übertragbar sind, und wir informieren den Hersteller über jeden einzelnen Lizenztransfer.

ChannelPartner: Wo liegen Ihrer Erfahrung nach die klassischen Stolperfallen für Partner?

Stefan Buschkühler: Wenn ich eine Hitliste der Fragen erstellen müsste, die wir immer wieder von Interessenten an einer Vertriebspartnerschaft zu hören bekommen, dann sähe sie ungefähr folgendermaßen aus:

1. Welche genauen Schritte umfasst eigentlich ein Lizenztransfer?

2. Was sagt Microsoft zum Thema gebrauchte Software und muss ich von der Seite mit Störfeuer rechnen?

3. Wie kann ich die Vorteile und Einsparungspotenziale bei der Nutzung von Gebrauchtsoftware optimal darstellen?

4. Sind beim An- und Verkauf von Lizenzen geographische Besonderheiten zu beachten?

5. Was erhält ein Kunde im Rahmen einer Bestellung und welche Dokumente muss er im Rahmen einer Auditierung als Dokumentation vorweisen?

ChannelPartner: Wie unterstützen Sie Partner bei all diesen Fragen?

Stefan Buschkühler: Nun, wir haben die Antworten auf diese und ähnliche Fragen und helfen so unseren Partnern, jegliche Stolperfallen sicher zu umschiffen. Wir verstehen uns als Channel-Enabler und haben in dieser Hinsicht viel in den Ausbau und die Weiterqualifizierung unserer Sales- und Consulting-Mannschaft investiert. Unsere Partner Account Manager können so beispielsweise Vertriebspartner, die nicht über das Know-how verfügen, die Legalität einer angebotenen Ware zu überprüfen, kurzfristig und kompetent unterstützen.

ChannelPartner: Frau Peters, wann und weshalb haben Sie sich bei Netgo dafür entschieden, in dieses Geschäftsmodell einzusteigen?

Gerlinde Peters: Für die schon vor zwei Jahren getroffene Entscheidung, mit Relicense zu kooperieren, waren mehrere Gründe ausschlaggebend: Mit dieser Erweiterung unseres Systemhaus-Portfolios können wir unseren Kunden ein flexibles und bedarfsgerechtes Lizenz-Angebot zu ausgesprochen attraktiven Preisen machen.
Wir wissen mit der Relicense einen Partner an unserer Seite, dem wir voll und ganz vertrauen können und der konform zu unseren Werten agiert.
Wir können uns bei der Relicense darauf verlassen, dass alle Lizenzübertragungen absolut transparent und rechtskonform erfolgen.
Und wir erschließen mit der Kooperation ein stark wachsendes Marktsegment.

ChannelPartner: Müssen Sie die Zustimmung der Hersteller zum Transfer von Volumenlizenzen einholen?

Gerlinde Peters: Ein klares "Nein". Allerdings stellt sich ein Hersteller wie Microsoft auch überhaupt nicht gegen den Einsatz von gebrauchten Volumenlizenzen, solange dabei die Einhaltung der rechtlichen Vorgaben gewährleistet wurde.

ChannelPartner: Auf dem Systemhauskongress am 28. und 29. August in Düsseldorf greifen Sie in Ihrer Keynote die Vermarktung der Zweitmarkt-Lizenzen unter dem Aspekt Mittelstandsförderung auf. Warum ist das gerade für mittelständische Unternehmen so ein großes Thema?

Gerlinde Peters: Gelingt es, die Kosten für die IT-Infrastruktur ohne Performance-Beeinträchtigungen signifikant zu senken, können die dafür eingesparten Beträge von kleinen und mittleren Unternehmen unmittelbar in die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Produkte, Lösungen und Dienstleistungen investiert werden. Es ist so nicht übertrieben, den Einsatz gebrauchter Software als konkrete Maßnahme zur Mittelstandsförderung zu bezeichnen. Unser Mittelstand floriert nicht, weil er seinen Mitarbeitern die jeweils neuesten, teuersten und teilweise unausgereiften Software-Releases zur Verfügung stellt, sondern weil er smart und innovativ ist.

ChannelPartner: Wie groß ist das Potenzial, das in diesem Markt steckt?

Stefan Buschkühler: In den nächsten Jahren werden insbesondere hybride Lizenzierungsmodelle aufgrund ihrer hohen Attraktivität eine immer stärkere Nachfrage erleben und für enorme Umsatzschübe sorgen. Angesichts der Tatsache, dass der adressierbare deutschsprachige Markt für Microsoft Standardsoftware bei rund 2 Milliarden Euro liegt und dem heute ein Gesamtumsatz von ca. 60 Millionen Euro aus dem Gebrauchtsoftwaremarkt gegenübersteht, wird das gewaltige Marktpotenzial deutlich.

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