Einschätzung von IDC

Warum hat Microsoft Skype gekauft?

Wafa Moussavi-Amin ist Analyst und Geschäftsführer bei IDC in Frankfurt. In seiner Funktion als Geschäftsführer verantwortet Wafa Moussavi-Amin seit Oktober 2004 die Strategie und Geschäftsentwicklung der International Data Corporation (IDC) in Deutschland und der Schweiz, seit 2013 zeichnet er zudem verantwortlich für die Region Benelux.

Was hat Skype davon?

Vor allem zwei Dinge: Zugang und Stabilität. Die Durchdringungsraten von Skype sind inzwischen atemberaubend - im Juni 2010 gab Skype bekannt, dass sich pro Monat durchschnittlich 124 Millionen Nutzer bei Skype einloggen (Durchschnitt über drei Monate), davon 20 Millionen aus den Vereinigten Staaten.

Skype hatte allerdings schon immer unter dem "Freemium"-Problem zu leiden: Wie kann man Konsumenten, die mit der kostenlosen Skype-Version völlig zufrieden sind, in zahlende Nutzer verwandeln? Skype-to-Skype Anrufe per Computer sind kostenlos; für Anrufe von bzw. auf Festnetz- und Mobilfunknummern werden von Skype dagegen Gebühren erhoben.

Stand Juni 2010 betrug der Anteil der Skype-Abonnenten, die solche Bezahldienste in Anspruch nahmen, aber gerade einmal 6,5 Prozent. Da ein so großer Teil von Skypes Umsätzen also von einer relativ kleinen Nutzerbasis abhängt, hat der Dienstleister aggressiv versucht, über sein Kerngeschäft, nämlich PC-basierte VoIP-Dienste, hinauszuwachsen.

Skype will auf jeder Plattform und allen Endgeräten laufen. So wurde beispielsweise eine Smartphone Applikation für Mobiltelefone (in enger Zusammenarbeit mit Verizon Wireless) und den iPad auf den Markt gebracht. Auch das Unternehmenskundengeschäft wird in Angriff genommen, Zielgruppen sind insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen.

Um nur einige Beispiele in diesem Bereich zu nennen: Skype gab Partnerschaften mit Citrix für Web und Audio Conferencing sowie mit Avaya für Collaboration-Lösungen bekannt. Des Weiteren wurde ein Software Development Kit (SDK) herausgebracht; damit soll das Universum der Skype-nutzenden Lösungen und Geräte weiter ausgebaut werden.

Mit dieser Akquisition hat der VoIP-Dienstleister die Chance, in unzählige Microsoft- Produkte eingebunden zu werden. Die Xbox und Kinect Videospiel-Konsolen sowie Windows 7 bzw. die Nachfolgeversion des Windows Client sind Topkandidaten für eine baldige Integration. Insgesamt kann Skype von der flächendeckenden Microsoft- Nutzung und Vermarktung sowie der Glaubwürdigkeit des Softwaregiganten profitieren.

Allerdings könnte es passieren, dass ausgerechnet die Unternehmenskunden - die die "Best-Effort" Kommunikation von Skype wohl eher zögerlich nutzen werden - feststellen müssen, dass Skype in die von ihnen genutzten Produkte integriert ist, mit einem garantierten Kundendienst- und Qualitäts-Niveau, das Skype bislang nicht liefern konnte.

Es ist gut möglich, dass Microsoft mit der Zeit die Skype Backend-Infrastruktur in seine Windows Azure Cloud-Technologie integriert und damit die von Skype angebotenen Skalierungs- und Performance-Möglichkeiten erweitert. Letztendlich profitiert Skype auch von seinem Status als "Star-Akquisition". Die Skype-Umsätze sind verglichen mit den Microsoft-Umsätzen nur ein Tropfen auf dem heißen Stein; Microsoft braucht Skype nicht, um Umsatz mit Sprachtelefonie zu generieren, sondern braucht die Skype-Technologie und den Wiedererkennungswert der Marke.

Mit Microsoft als Muttergesellschaft ist der Druck, dem sich Skype bei einem Börsengang von Investorenseite ausgesetzt hätte, nicht mehr so groß. Letztendlich kann das breitere Microsoft-Produktportfolio durch Skype sicherlich von zusätzlichen Umsätzen mit diesen Produkten profitieren - so generiert die Akquisition tatsächlich Geld, womit sie entsprechend gerechtfertigt werden könnte.

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