Nutzen Sie Ihre eigenen Kraftquellen

Warum positive Gefühle so wichtig sind



Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.

Als Person aufblühen

Es macht einen Unterschied, ob wir mit einer Situation "zurechtkommen" oder in ihr "aufblühen". Manche Blumen vegetieren vor sich hin, während andere prachtvoll blühen. Es nutzt jedoch wenig einer darbenden Blume zu sagen: "Wachse endlich!". Zielführender ist es, sich zu überlegen: Was bringt die Blume zum Wachsen? Alles, was ihr Wohlbefinden erhöht. Zum Beispiel: Licht, Wärme, Wasser und ein nährstoffreicher Boden. Und was beschleunigt ihr Wachstum? Dünger.

Generell unterscheidet man zwischen einem hedonistischen und einem eudämonischen Wohlbefinden. Ein hedonistisches Wohlbefinden stellt sich bei uns ein, wenn wir zum Beispiel ein vorzügliches Essen oder Glas Wein genießen. Ein eudämonisches Wohlbefinden empfinden wir hingegen unter anderem, wenn

  1. wir anderen etwas Gutes tun,

  2. unsere Potenziale nutzen oder

  3. uns für etwas einsetzen, das uns am Herzen liegt.

Ein eudämonisches Wohlbefinden hat einen stärkeren positiven Einfluss auf unsere Gesundheit - ohne das hedonistische Wohlbefinden gering zu schätzen. Und seine Wirkung ist nachhaltiger, denn es vermittelt uns zugleich das Gefühl von Sinn - also zum Beispiel das Bewusstsein

  1. Ich gehöre zu einer Gemeinschaft (lebe in Beziehung),

  2. ich trage etwas zur Gemeinschaft bei und

  3. ich nutze meine Talente/Fähigkeiten.

Der Dünger für unser persönliches Wachstum sind deshalb die Mikro-Momente in unserem Leben, in denen wir ein eudämonisches Wohlbefinden empfinden. Damit sich dieses Gefühl häufig einstellt und wir es bewusst erleben, ist eine entsprechende Lebenseinstellung, -haltung und -führung nötig.

Wohlfühlfaktoren

Einige Aspekte, die unser eudämonisches Wohlbefinden fördern, seien hier genannt.

Den Moment genießen: Die Aufmerksamkeit auf die drei Zeitkomponenten der meisten positiven Ereignisse lenken - vorher: Vorfreude; währenddessen: bewusstes Erleben; danach: Reflexion (das Gedächtnis nutzen, um das Gefühl wieder aufzurufen).

Verbunden sein: Die Nähe und Verbundenheit mit anderen Menschen spüren. Fragen Sie sich zum Beispiel täglich am Abend: An welche positiven Begegnungen, Gespräche erinnere ich mich, und mit wem fühlte ich mich wie verbunden?

Erfolge feiern: Fragen Sie sich zudem abends: Was habe ich heute so richtig gut gemacht? Worauf kann ich stolz sein?

Dankbar sein: Fragen Sie auch, was ihnen durch andere Menschen, mit denen Sie in Beziehung stehen, Gutes widerfuhr? Wofür sollten Sie ihnen dankbar sein?

Mitgefühl praktizieren: Machen Sie sich bewusst, wo und wie andere Menschen leiden. Fragen Sie sich: Was kann ich tun, um ihr Leid zu reduzieren? Beispielsweise Hoffnung vermitteln sowie Mitgefühl und Präsenz zeigen.

Neugierig und offen sein: Machen Sie sich immer wieder bewusst, dass das Leben bunt und vielfältig ist. Es gibt noch so vieles zu sehen, zu lernen und zu erleben. Dann entdecken Sie auch viel Positives.

Freundlich und zugewandt sein: Nehmen Sie Ihre Mitmenschen bewusst wahr. Schauen Sie Ihnen in die Augen. Schenken Sie Ihnen ein Lächeln. Sagen Sie danke auch für scheinbar selbstverständliche Kleinigkeiten.

Wertschätzend sein: Machen Sie sich bewusst, was Sie an Ihren Mitmenschen schätzen. Welche Stärken haben sie? Warum freuen Sie sich auf Begegnungen, Gespräche mit ihnen? Sagen Sie dies Ihren Mitmenschen auch. Und schenken Sie ihnen häufiger ein anerkennendes Wort.

Echt und ehrlich sein: Zeigen Sie den Menschen (die Ihnen wichtig sind) Ihre Gefühle. Stehen Sie auch zu Ihren Ecken und Kanten. Denn nur dann werden Sie für die anderen als Mensch erfahrbar und es entsteht Verbundenheit.

Natur erleben: Begeben Sie sich bewusst in die freie Natur - zum Beispiel, um die Sonne auf Ihrer Haut oder den Wind an Ihrer Nasenspitze zu spüren. Auch das beeinflusst Ihr Befinden positiv.

Doch Vorsicht! Suchen, doch jagen Sie nicht das Glück. Denn wenn wir zwanghaft versuchen, uns zu freuen und unser Leben zu genießen, dann wachsen wir nicht als Person. Persönliches Wachstum ist eine Reise und kein Ziel. Suchen Sie Ihren Weg und folgen Sie ihm.

Sabine Prohaska ist Inhaberin des Trainings- und Beratungsunternehmens seminar consult prohaska, Wien, das unter anderem Trainer und Coaches ausbildet. Im Oktober 2013 erschien ihr neustes Buch "Coaching in der Praxis: Tipps, Übungen und Methoden für unterschiedliche Coaching-Anlässe" (E-Mail: prohaska@seminarconsult.at; Internet: www.seminarconsult.at).

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