Es muss nicht immer ein Maßanzug sein e

Warum Seminare von der Stange genügen, Teil 1

29.12.2008
Bernhard Kuntz zeigt auf, warum die Spezialisierungswut von Seminaranbietern den Unternehmen wenig bringt.

Seminare und Trainings müssen "maßgeschneidert" sein - so lautete jahrelang das Credo im Weiterbildungsbereich. Doch zunehmend macht sich in den Unternehmen die Erkenntnis breit: Oft genügen Seminarkonzepte von der Stange, die dem Bedarf der Zielgruppe angepasst werden.

"Ich dachte, ich hör’ nicht recht." Klaus Maier (Name geändert), auf den Fachhandel spezialisierter Verkaufstrainer, erinnert sich noch gut an einen Termin, den er vor einem Jahr beim Personalleiter einer Handelskette hatte. Wortreich erklärte er diesem, wie er für Kunden Seminare konzipiert. "Zuerst führe ich eine Feldanalyse durch, um den Bedarf zu erkunden. Dann vereinbare ich mit ihnen die Ziele der Maßnahme. Anschließend entwickle ich ein Seminar, das ..." Weiter kam Maier nicht, da ihn der Personalleiter knurrig unterbrach: "So einen aufwendigen Kram können wir nicht gebrauchen. Haben Sie kein Standardseminar, mit dem Sie unsere Mitarbeiter trainieren können?"

Maier war pikiert und versuchte den Einwand des Personalleiters mit den gewohnten Trainer-Argumenten zu entkräften. "Aber das Seminar soll doch auch die Philosophie Ihres Hauses widerspiegeln, und nur wenn es Ihren Mitarbeitern auf den Leib geschneidert ist, entfaltet es die gewünschte Wirkung." Weit kam Maier mit seinen Argumenten nicht, denn der Personalleiter erklärte ihm mehr oder minder klar: Wenn Sie wirklich ein im Fachhandel erfahrener Trainer sind, dann erwarte ich, dass Sie nach einem kurzen Briefing sozusagen aus dem Stand unsere Mitarbeiter in der Verkaufsfläche trainieren können. Denn letztlich haben die Verkäufer alle die gleichen Defizite - egal, ob sie für das Kaufhaus x oder y arbeiten. Deshalb bin ich nicht bereit, eine aufwendige Produktentwicklung zu finanzieren.

Kosten-Nutzen-Relation muss stimmen

Solche Reaktionen erfahren Trainer seit einigen Jahren immer häufiger. Denn in den Unternehmen hat sich eine neue Denke breit gemacht. Diese Erfahrung sammelt Prof. Dr. Karl Müller-Siebers, Präsident der Fachhochschule für die Wirtschaft (FHDW), Hannover, immer wieder. Auf der einen Seite erachten sie ein Weiterbilden der Mitarbeiter als unverzichtbar. Also sind sie auch bereit, Zeit und Geld hierfür zu investieren. Auf der anderen Seite sind sie aber zu der Erkenntnis gelangt: Aufwand und Ertrag müssen in einem angemessenen Verhältnis stehen. Das heißt, sie schauen zunächst sehr genau hin, wer und was wird geschult, und entscheiden dann: Was ist uns das Erreichen dieses Ziels wert?

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