"Was bedeutet eigentlich ECR, Herr Leach?"

11.07.1997

ECR, oder "Efficient Consumer Response" bedeutet die gemeinsame und effiziente Reaktion von Händlern und Herstellern auf den Kaufakt des Verbrauchers. Es ist ein Begriff, der aus den Vereinigten Staaten stammt, das Ergebnis einer intensiven Zusammenarbeit zwischen amerikanischem Handel und der Industrie.

In der Reinkultur steht ECR für eine Art von "Schleife" zwischen der Produktion im Werk und dem Verkauf an den Konsumenten im Laden. Diese Schleife besteht aus drei Flüssen, die durch die Transaktion an der Kasse ausgelöst werden: den Warenfluß, den Informationsfluß und den Geldfluß. Der Warenfluß, rückwärts betrachtet von Kasse zu Zentral-oder Regionallager, über die Produktionsstätte bis hin zu den Zulieferern der Produktionsmaterialien wird von dem elektronischen Informationsfluß begleitet. Dieser Informationsfluß ermöglicht dem Hersteller, sich ein laufendes Bild über den Abverkauf der Ware zu machen und versetzt ihn in die Lage, für sofortigen Ersatz zu sorgen.

Der Kaufakt an der Kasse löst auch den Geldfluß aus, dergestalt, daß der Hersteller nach einer vereinbarten Frist das Geld für die verkaufte Ware vom Händlerkonto elektronisch einzieht. Voraussetzung für alle Formen von ECR ist die Scannerkasse und die elektronische Schnittstelle zwischen Filiale, Lager und Hersteller mittels EDI.

Den Prozeß bezeichnet man als effizient, weil die Lagerhaltung auf jeder Stufe in der Kette auf einem Minimum gehalten wird und die Dokumentation papierlos erfolgt. Ferner bedeutet das schnelle Nachschieben der Ware das Vermeiden von Präsenzlücken und damit Umsatzverlusten.

Es gibt mehrere Varianten von ECR: das bereits erwähnte Nachschieben der Ware (continuous replenishment - CRP), die Verwaltung der Lagerbestände des Händlers durch den Hersteller (vendor managed inventory - VMI) und das Operieren ohne Lager (das cross docking). Cross docking bedeutet die filialscharfe Vorkommissionierung der Ware durch den Hersteller und die Konsolidierung der Lieferungen für die Filialen an einem Umschlagpunkt.

Durch die blitzschnelle Feststellung der Nachfrage ist es möglich, den Bedarf besser zu prognostizieren, als es bisher der Fall war. Verwendet der Händler auch Kundenkarten, die eine genaue Information über die persönlichen Einzelheiten der Verbraucher geben, wird die Treffsicherheit der Prognose erhöht, und vor allem erreicht man auch mehr Sicherheit bei der Sortimentsplanung im Einkauf. Überhaupt führt ECR zu einer engeren und äußerst produktiven Zusammenarbeit zwischen Händler und Hersteller bei Gestaltung und Ausbau der Warengruppe, daher auch der dafür geschaffene Begriff category management.

Einzelne Bestandteile von ECR werden in den USA seit langem praktiziert, vor allem auf dem Gebiet von SB-Warenhäusern und Supermärkten, wie Walmart oder Kroger. Walmart beispielsweise verbucht einen Logistikkostenvorteil gegenüber seinen großen Mitbewerbern von bis zu drei Prozentpunkten. Aber auch die deutschen Warenhauskonzerne beschäftigen sich zunehmend mit CRP, siehe das Beispiel blue jeans, eine artikelreiche Kategorie, die sehr erfolgreich mittels CRP geführt wird.

CRP ist aber ganz sicherlich eine Technik, über die auch der Computerhandel nachdenken sollte. Hersteller-Händler, wie unter anderem Vobis, oder der Hersteller Dell praktizieren bereits eine Art von "Maßkonfektion", die zumindest dem Geist von ECR nahesteht. Es ist durchaus vorstellbar, daß eine CRP-Anwendung auch für Standardmarkenware im Computerhandel verstärkt eingesetzt werden kann, wenn es darum geht, das Bestandsrisiko des Händlers bei gleichzeitiger Sicherung der Präsenz zu reduzieren. Die Möglichkeit einer verbesserten Prognose, verbunden mit einer genaueren Beobachtung der Effekte der Preisgestaltung auf den Absatz könnten in der Tat zu einer effizienteren Reaktion auf das Konsumentenverhalten für Händler und Hersteller gleichermaßen beitragen und beiden zu verbesserten Ergebnissen verhelfen.

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