Pro und Contra

Was bringt die E-Plus-Übernahme durch O2?

Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Mit dem Kauf von E-Plus durch Telefonica Deutschland entsteht auf dem Papier mit 43 Millionen Kunden der größte Mobilfunker der Republik. Die Redakteure Jürgen Hill und Manfred Bremmer diskutieren das Für und Wider des Deals.

Was haben die Benutzer von dem Deal?

CW-Redakteur Manfred Bremmer zeigt, was für eine Übernahme von E-Plus spricht.
CW-Redakteur Manfred Bremmer zeigt, was für eine Übernahme von E-Plus spricht.

Pro: Der Nutzer wird ganz sicher davon profitieren, so oder so: Klappt die Fusion, kann er auf ein gut ausgebautes Highspeed-Netz zugreifen. Gibt es Anlaufschwierigkeiten oder Schlimmeres, hat er immer noch die Option, nach Ablauf der Kündigungsfrist zu Vodafone oder der Telekom zu wechseln. Im Idealfall findet er dann dort sogar verbesserte Bedingungen, da die beiden Player sicherlich bei ihrer Preisstruktur und/oder der Netzqualität auf den erstarkten Wettbewerber reagieren müssen.

CW-Redakteur Jürgen Hill übernimmt den Contra-Part und zählt die Schwierigkeiten auf, die auf beide Unternehmen warten.
CW-Redakteur Jürgen Hill übernimmt den Contra-Part und zählt die Schwierigkeiten auf, die auf beide Unternehmen warten.
Foto: Joachim Wendler

Contra: Nichts, wenn es um die Netzqualität geht, denn dies ist eine Hochzeit von zwei Schwachen. So hat O2 häufig im Datenbereich mit Qualitätsproblemen zu kämpfen und die LTE-Qualität war im COMPUTERWOCHE-Reality-Check die schlechteste. Bei E-Plus steht der LTE-Ausbau noch am Anfang und viele User kritisieren die Qualität des UMTS/HSPA-Netze als schlicht "nicht vorhanden". Abzuwarten bleibt, ob der Konzern als Marktführer einen neuen Preiskampf startet.

Über 40 Millionen Kunden, das ist doch eine sichere Bank?

Pro: Im Prinzip ja, denn wer in Zeiten von Highspeed-Mobilfunk und insbesondere LTE noch E-Plus oder O2 nutzt, darf zu Recht als treuer Kunde bezeichnet werden. Beobachtet man den fortschreitenden Wandel der Nutzungsgewohnheiten weg von Telefonie und SMS hin zu mobilem Surfen etc., wird klar, dass die beiden Carrier damit einen starken Trumpf in der Hand halten, dessen Potenzial (= Umsatz) noch wächst.

Contra: Über 40 Millionen Kunden lesen sich auf dem Papier gut. Allerdings ist zu bedenken, dass diese meist von Discountern oder anderen günstigen, virtuellen Anbietern stammen. Diese Kunden bringen also einen niedrigeren Durchschnittsumsatz (ARPU, average revenue per user) als die User von Vodafone oder Telekom. Zudem sind viele dieser Kunden häufig reine Karteileichen, die eher Kosten verursachen, denn Umsatz bringen.

O2 und E-Plus, aus zwei Netzen wird ein großes, flächendeckendes Netz?

Pro: Im Prinzip ja, dazu müsste man allerdings im Detail überprüfen, inwieweit sich die Funkzellen von E-Plus und O2 insbesondere in ländlichen Gebieten überschneiden. Auch bei der genutzten Technik gibt es deutliche Unterschiede. Man darf daher nicht erwarten, dass der Netzausbau von heute auf morgen passiert.

Contra: In der Theorie mag das stimmen, in der Praxis weisen beide Netze in der Fläche große Lücken bei der schnellen Datenversorgung auf. Und in den Ballungsgebieten sind die Funkzellen der beiden Betreiber dank der Discounter-Kundschaft häufig überlastet, so dass keine vernünftigen Transferraten erreicht werden. Wer mobil arbeiten will, ist bei Telekom oder Vodafone besser aufgehoben - auch wenn er etwas mehr zahlen muss.

Nach der Übernahme spart der Mobilfunker laut O2 zwischen 5 und 5,5 Milliarden Euro im Vertrieb, beim Kundenservice sowie bei den Netzen? Das gibt doch Luft für Investitionen?

Pro: Auf jeden Fall, die genannten Einsparungen waren sicher der Hauptgrund für die Fusion. Gleichzeitig bekommen die Unternehmen nun mehr Druck auf geplante Investitionen wie die für 2014 anvisierte LTE-Einführung bei E-Plus und den fortschreitenden Ausbau des Highspeed-Netzes bei O2. Last, but not least rüstet sich der Zusammenschluss auch für die nächste Frequenzversteigerung Ende 2014/Anfang 2015.

Zumindest in der Werbung gibt es bei O2 Highspeed schon zur Genüge.
Zumindest in der Werbung gibt es bei O2 Highspeed schon zur Genüge.
Foto: Harald Karcher

Contra: Daran glaube ich nicht. Sowohl E-Plus als auch O2 müssten ihre Netze dringend ausbauen anstatt zu sparen. In der Branche munkelt man, dass vor allem die Backbones im Gegensatz zur Konkurrenz nicht für das durch LTE zu erwartende Datenaufkommen ausgelegt seien. Letztlich bringen beide Unternehmen bei der Technik teure Altlasten in die Ehe ein, die noch viel Geld kosten dürften.

Macht die Ehe unter dem Strich Sinn?

Pro: Für die beiden Fusionspartner auf jeden Fall, nicht umsonst liefen die Gespräche ja schon seit gut zehn Jahren. Wie zuletzt bei der LTE-Frequenz-Auktion im Jahr 2010 zu beobachten war, ist im Markt eigentlich kein Platz für einen vierten, zudem finanzschwachen Player. Im Detail man muss allerdings noch abwarten, unter welchen Auflagen die Bundesnetzagentur dem Deal zustimmt und wie schnell anschließend der Zusammenschluss voranschreitet.

Contra: Geht es nur um den Börsenwert, der sich auch an der Kundenzahl orientiert, dann macht die Übernahme sicher Sinn. Aus technischer Sicht sehe ich keinen Mehrwert, denn das E-Plus-Netz ist in Sachen schneller Datenübertragung nur rudimentär ausgebaut. Das Ganze wirkt auf mich eher so, als ob O2 einen lästigen Konkurrenten im Billig-Segment vom Markt kaufen wollte. Deshalb ist mittelfristig durchaus auch zu befürchten, dass die Konsumenten verlieren, wenn im unteren Preissegment kein Wettbewerbsdruck mehr herrscht.

Teaserbild: E-Plus

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