Was geht, Disti?

17.08.2000
Wie sich Distributoren ihren Händlerkredit verspielen

Das war noch die gute alte Zeit, Ende der Neunziger. Von den großen Distis sind ja nur zwei übrig geblieben, der eine galt lange Zeit als arrogant und unflexibel, der andere nannte das Herz sein eigen und seine Kunden Fachhandel. Wie schnell sich doch das Blatt wendet. Derzeit gilt dem Distributor mit dem Millennium im Namen das Mitleid der Branche. Hatte er doch mit In Touch 2000 lange Zeit ein recht gutes Instrument, um fast aktuelle Preise und Verfügbarkeiten darzustellen. Doch in letzter Zeit spielt ihm gerade dieses Erfolgsprodukt einen Streich nach dem anderen. Die inzwischen personell verstärkte Hotline hat heuer dermaßen viel um die Ohren und mit der Mailbox zu tun, dass selbst die FAQ-Seiten kaum mehr aktualisiert werden können. Die Reaktionszeit auf E-Mails steigerte sich von ehemals zwei Stunden auf inzwischen 72. Die letzte telefonische und 40 Minuten dauernde Rettungsaktion brachte außer einem sich mitten in der Konfiguration ausschaltenden (!) PC nur die Neuinstallation des angeblich so stabilen und selbst reparierenden Windows 2000. Auch die Abrechnung der Verträge bei der relativ neuen Telekom-Unit überfordert das Computer 2000-Team bei weitem. Die Angebote der Free&Easy-Sets haben inzwischen mehr Aufwand bei uns verursacht als die Provision überhaupt wert ist. Und weil das noch nicht reicht, werden alle Angebote des Distributors mit dem C in Euro verfaxt. Verwirrung pur. Da In Touch nicht mehr funktioniert und telefonisch bestellen 28 Mark Aufpreis kostet, ist die Konkurrenz nur einen Mausklick entfernt. Doch nicht zu früh gefreut, Herr Kaack. Nachdem Ingram Macrotron vor einiger Zeit den an bockige Grafikkarten und deren Horrortreiber erinnernden Namen "Videoseven" gekauft hat, wurde alsbald auch die Idee des Shops für Händler ersonnen, eine Mall, in der regional sortiert IM-Kunden ihre Produkte anpreisen können. Just als sich unser zur Systems eröffneter Shop dem einjährigen Kommerzfest nähert, die erste Bestellung. Gleich darauf noch zwei. Was war passiert? Festplatten und Handys aus dem IM-Sortiment hatte der schlaue Shop mit DM null fakturiert. Plus Versandkosten und Mehrwertsteuer versteht sich. V7-Produkte, die Hausmarke der Macrotroner, finden sich im Shop nur sporadisch, dafür manchmal Dinge wie Werbematerial und Placebo-Produkte für die V7-Assemblierung. Das macht Laune und vor allem einen guten Eindruck. Dafür werden dann noch 49 Mark Shop-Miete im Monat fällig. Mit dem Built-to-Customer ist es auch nicht weit her. Auf die Gutschrift einer versehentlich zu viel berechneten CPU wartet ein bekennender Vau-Siebener schon satte sieben Wochen. So oder ähnlich sieht das Online-Business in Wirklichkeit aus, liebe @-Generation.

Mein Fazit: Für die Übergangszeit werdet ihr uns Fachhändler schon noch brauchen, zumindest bis der flotte Postbote aus der Werbung auch eure Päckchen direkt zum Kunden bringt.

Bis demnächst, Euer Querschläger!

Der ComputerPartner-Autor "Querschläger" ist ein Fachhändler aus Rheinland-Pfalz.

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