Unsicherheit hüben wie drüben

Was ist dran an Digital- und HDTV?

14.08.2008
Die IFA 2008 steht wieder im Zeichen von HDTV. An Geräten mangelt es nicht, wohl aber an den Inhalten. Die Kunden sind verunsichert, und das nicht nur in Europa.
Das breiteste Programmangebot hat man mit einem Satelliten. HDTV frei empfangen kann man aber auch hier nur zwei Sender.
Das breiteste Programmangebot hat man mit einem Satelliten. HDTV frei empfangen kann man aber auch hier nur zwei Sender.

Glauben Sie an Verschwörungstheorien? Ich seit Neuestem schon. Kurz vor der Fußball-EM hauchte der gute alte Röhrenfernseher sein Leben aus. Kein Einzelfall in meinem Bekanntenkreis. Ein neuer musste schnell her. Das Angebot an Flat-TVs, ob LCD oder Plasma ist riesig, so richtig überzeugen können nur wenige. Also doch wieder ein Röhrengerät? Fehlanzeige, die gibt es so gut wie nicht mehr.

Bewegungsunschärfen, Nachzieheffekte, laue Farben, "Pixel zum Anfassen", geringer Kontrast: Vieles davon haben die Hersteller von LCD- und Plasma-TVs mit Bildoptimierung in den Griff bekommen - bei ihren High-End-Geräten zumindest. HD-Auflösung mit 720p, ab 37 Zoll zunehmend 1080i/p haben die meisten Flachen eh. Das heißt, die Industrie hat ihre Hausaufgaben gemacht. Nur am Fernsehempfang hapert es noch.

Die Wahrheit ist, dass das Bild immer schon schlecht war. Je größer der Flat-TV, desto deutlicher wird oft, wie unzulänglich das normale, analoge Signal ist. Das Hochskalieren auf Full-HD geht vielfach zu Lasten der Bildqualität. Den vom Fachhändler empfohlenen Sitzabstand von vier Meter für einen 42 Zoll großen Plasma-TV muss man erst mal haben.

Mit DVB-T, Digital Video Broadcasting Terrestrial wird das Bild auch nicht besser, im Gegenteil. Solange die meisten Sender in PAL und sichtbaren 704 x 576 Pixeln (bei DVB-T oft weniger) ausstrahlen, wird sich daran nichts ändern. Die DVD bringt mit 720 x 576 Bildpunkten auch nicht viel mehr, mit HDTV hat sie nichts zu tun.

Digital ist nicht HDTV

Wer das Beste aus seinem Full-HD-Fernseher herausholen will, besorge sich einen Blu-ray-Player und Filme dazu. Die Blu-ray bietet ge-nug Bandbreite für 1080p mit 50 (in den USA 60) Vollbildern pro Sekunde.

Die wenigen deutschen Sender, die HDTV ausstrahlen, begnügen sich mit dem Bandbreiten sparenden Interlaced- oder Zeilensprungverfahren 1080i mit 50/60 Halbbildern pro Sekunde. Arte setzt bei seinem im Sommer 2008 gestarteten Programm, wie Anixe-HD ebenfalls nur via Satellit frei verfügbar, nur auf 720p. Wohl dem, der Satellitenempfang und einen HDTV-fähigen DVB-S-Receiver hat, aber als Mieter muss man schon Ausländer sein, einen großen Balkon und beziehungsweise oder einen toleranten Hauseigentümer haben.

Während PAL digital (DVB-T) und DVDs mit MPEG-2 komprimiert sind, sollten HDTV-Receicer der Zukunftssicherheit halber mindestens MPEG-4, am besten in der Variante MPEG-4/H.264/AVC (Advanced Video Codec), beherrschen und bei Satellitenempfang in der Form von DVB-S2 kommen.

Anderswo ist man schon weiter. auch in Nachbarländern. Mehr dazu im zweiten Teil. Aber es wurmt schon, dass WM und EM in HDTV aufgenommen wurden, die Deutschen aber buchstäblich weiter in die Röhre schauen sollten. Wie gesagt, nur zwei HD-Programme sind via Satellit frei empfangbar, Pro7 und Sat.1 haben den Betrieb eingestellt, ARD und ZDF wollen erst zu den Olympischen Winterspielen 2010 starten. Die Pay-TV-Sender, allen voran Premiere, langen ordentlich hin und wun-dern sich über die geringen Abo-Zahlen.

Mit einem Digital-Receiver kann man aus dem Kabel über einen Flat-TV noch etwas mehr Qualität herausquetschen, die Zahl der frei verfügbaren Digitalprogramme ist aber sehr begrenzt. Wer mehr Sender empfangen will, den bitten Kabel Deutschland und Co. zur Kasse und locken die Kunden mit 24-Monats-Mindestlaufzeiten bei Bereitstellung eines passenden Digital-Receivers. Nur sind viele der von den Kabelbetreibern ausgelieferten Set-top-Boxen veraltet, weil sie noch nicht mal einen HDMI-Anschluss haben.

Bei der Frage, ob man auch den im Fernseher eingebauten oder einen fremden Digital-Receiver nutzen könne, wird laut Faz.net schlicht gelogen. Die Betreiber wollten so kontrollieren, welche Hardware genutzt werde, und damit auch vermeiden, dass mit frei verkäuflichen Boxen der Kopierschutz umgangen werden kann, an den die Kunden sich gewöhnen müssen. Manche Pay-TV-Programme seien gesperrt und ließen sich höchstens auf den von Kabel Deutschland selbst vertriebenen Festplattenrekorder aufnehmen, nicht aber auf DVD brennen. (kh)

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