Organisatorische Selbstständigkeit

Was ist ein "Betriebsteil"?

11.11.2011
Das Bundesarbeitsgericht hat zu Betriebsübergang und Betriebsteilübergang entschieden.

Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VdAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13. Oktober 2011 zu seinem Urteil vom gleichen Tage - 8 AZR 455/10.

Ein Betriebsteilübergang iSd. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB setzt voraus, dass die vom Erwerber übernommene Einheit bereits beim Betriebsveräußerer die Qualität eines Betriebsteils gehabt hat. Das heißt, es muss eine auf Dauer angelegte wirtschaftliche Einheit vorgelegen haben. Dies ist der Fall, wenn es sich um eine organisatorische Gesamtheit von Personen und/oder Betriebsmitteln zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mit eigenem Zweck gehandelt hat, die hinreichend strukturiert und selbstständig war. In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob die vom Veräußerer übertragenen Betriebsmittel bei ihm eine einsatzbereite Gesamtheit dargestellt haben, welche als solche dazu ausgereicht hat, die für die wirtschaftliche Tätigkeit des Unternehmens charakteristischen (Dienst-)Leistungen ohne Inanspruchnahme anderer wichtiger Betriebsmittel oder anderer Unternehmensteile erbringen zu können.

Der Kläger war bei der auf dem Gebiet "industrielle Automatisierung" und "Mess- und Regeltechnik" tätigen ET-GmbH als Leiter einer Abteilung beschäftigt, deren Arbeitsschwerpunkt die Mess- und Regeltechnik war. Diese Abteilung gliederte sich in drei Gruppen, von denen eine ebenfalls vom Kläger geleitet wurde. Ende 2005 schloss die ET-GmbH mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten und deren Muttergesellschaft einen Vertrag, demzufolge die Rechtsvorgängerin der Beklagten von der ET-GmbH eine Reihe der von der Abteilung des Klägers entwickelten Produktlinien übernahm.

Aufgrund dieses Vertrages erwarb die Rechtsvorgängerin der Beklagten auch die Rechte an der Software, den Patenten, den Patentanmeldungen und den die fraglichen Produkte betreffenden Erfindungen sowie an den Produktnamen und dem technischen Know-how. Weiter erwarb sie die Entwicklungssoftware, das Produktmaterial - Inventar sowie eine Kunden- und eine Lieferantenliste bezüglich der übernommenen Produktlinien. Von den in der vom Kläger geleiteten Abteilung beschäftigten 13 Mitarbeitern wechselten der stellvertretende Abteilungsleiter und drei Ingenieure zur Rechtsvorgängerin der Beklagten. Die restlichen neun in der Abteilung beschäftigten Arbeitnehmer (einschließlich des Klägers) wurden nicht übernommen. Eine Übernahme des Klägers wurde abgelehnt.

Der Kläger hat die Feststellung begehrt, dass zwischen ihm und der Beklagten ein Arbeitsverhältnis besteht und von ihr seine Weiterbeschäftigung zu den Bedingungen des mit der ET-GmbH geschlossenen Arbeitsvertrags verlangt. Das Landesarbeitsgericht hat dem EuGH die Frage vorgelegt, ob ein Übergang eines Unternehmens - oder Betriebsteils auf einen anderen Inhaber iSv. Art 1 der Richtlinie 2001/23/EG vom 12. März 2001 nur vorliegt, wenn der Unternehmens- bzw. Betriebsteil bei dem neuen Inhaber als organisatorisch selbständiger Unternehmens- bzw. Betriebsteil fortgeführt wird.

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