Gegen hohe Fluktuation und Burnout

Was macht eigentlich ein Chief Happiness Officer?

Christiane Pütter ist Journalistin aus München.
Sein Titel mag das ein oder andere Schmunzeln provozieren: Johannes Deck ist Chief Happiness Officer bei der Digital-Agentur Cobe. Dort ist man überzeugt: solch eine Funktion wird sich durchsetzen.
 
  • In der Konkurrenz um Talente kann die Digital-Agentur Cobe über Gehälter nicht mit den Großen mithalten, daher setzt sie auf Sinn
  • Als Chief Happiness Officer kümmert sich Johannes Deck auch um Recruiting
  • Deck arbeitet nicht nur mit individuellen Entwicklungsplänen, sondern zum Beispiel auch mit Meditation
Die Münchener Digital-Agentur Cobe beschäftigt mit Johannes Deck einen Chief Happiness Officer. Seine Aufgaben beziehen sich vor allem auf Mitarbeiterbindung und Recruiting.
Die Münchener Digital-Agentur Cobe beschäftigt mit Johannes Deck einen Chief Happiness Officer. Seine Aufgaben beziehen sich vor allem auf Mitarbeiterbindung und Recruiting.
Foto: Cobe

Ein großer schwarzer Hund kommt neugierig die Treppe herunter, um den Besucher zu begrüßen. Die Wände des langgestreckten Raumes sind aus rotem Backstein, unverputzt, unter der niedrigen Decke ziehen sich Holzbalken durch. Leises Stimmengewirr von vielleicht zwölf jungen Leuten vor ihren Monitoren füllt die Luft, an den Rücklehnen der Stühle Kapuzenpullis oder Baseball-Trikots mit "Jordan"- Aufdruck. "Möchten Sie Kaffee? Cappuccino?" fragt Felix van de Sand und angelt über einen Korb mit frischen Äpfeln und Bananen hinweg nach einer Tasse.

Wozu braucht dieser Jugendtreff noch einen Chief Happiness Officer?

"Weil wir hier nach dem Barcelona-Prinzip arbeiten", erklärt van de Sand. Der 34-Jährige ist Geschäftsführer der Münchener Digital-Agentur Cobe, die für Kunden wie Telefonica, die HypoVereinsbank oder Giesecke & Devrient tätig ist. Und so wie der FC Barcelona seine Spieler selbst heranzieht und möglichst bis Karriereschluss für sich kicken lässt, will Cobe die Mitarbeiter binden.

Dafür brauchen van de Sand und die anderen drei Geschäftsführer einen Chief Happiness Officer. Der heißt Johannes Deck, ist 30 Jahre jung und trägt klassisches Werbefritzen-Schwarz. Dass sein Titel das eine oder andere Schmunzeln provoziert, ficht Deck nicht an. Van de Sand auch nicht. "Über Gehälter können wir nicht mit den großen Agenturen um Talente konkurrieren", sagt der Firmenchef sachlich. "Also müssen wir einen anderen USP schaffen. Bei uns können sich die Mitarbeiter entwickeln, sie können sich Ziele setzen und auch erreichen." Und: sie sollen sich wohl fühlen. Daher der glücksverheißende Titel.

Der darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass bei Cobe Knowledge-Worker sitzen. Die Agentur will sich als Spezialist für digitale Identitäten verstanden wissen. Konkret: Auf Basis neuropsychologischer Erkenntnisse feilt Cobe für die Kunden an User Experience Design und Usability Engineering, entwickelt das User Interface Design und ganze digitale Marken-Strategien. Das geht nicht ohne werbefachliches und technologisches Know-how. Ohne Konzentrationsfähigkeit und Teamgeist auch nicht.

Kommunikation mit den Kollegen ist A und O

Deck sieht seine Bezeichnung denn auch nicht romantisch. Im Januar 2015 erst übernahm er die Position des Chief Happiness Officer, und bisher dreht sich seine konkrete Arbeit vor allem um Eines: Austausch. Deck spricht viel mit den Kollegen, fragt sie nach ihren Zielen, nach ihrer Motivation, danach, wie sie ihren Arbeitsalltag gestalten wollen. Eines seiner Ziele besteht zum Beispiel darin, für jeden Mitarbeiter einen individuellen Entwicklungsplan zu erstellen und Gratifikationsmodelle zu entwerfen, die die intrinsische Motivation der Kollegen abbilden.

Denn mit intrinsischer Motivation kennt sich Deck aus. Freimütig erzählt er, dass er nach dem Abi einfach nicht wusste, was aus ihm werden solle. Er startete eine Ausbildung im Einzelhandel - und zwar Lebensmittel. Eine Branche also, die für alles andere bekannt ist als die Förderung intrinsischer Motivation. Doch Deck hatte Glück, er landete bei einem privaten Kaufmann, nicht im Regiebetrieb. Der ließ ihn schon früh Verantwortung übernehmen. Mit der ungewöhnlichen Konsequenz, dass Deck unmittelbar nach Lehrabschluss die Leitung einer Filiale übernahm.

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