Alte Datenträger

Was tun mit HDDs und SSDs?

Mehr über Hermann Apfelböck erfahren Sie unter http://apfelböck.de.
Die allermeisten Datenträger gehen nicht kaputt, sondern werden aufgrund zu geringer Kapazitäten nach einigen Jahren unpraktisch bis nutzlos. Das Wiederbeleben alter Datenträger kann sich lohnen, ist aber nicht immer sinnvoll.
Foto: Daniel Krason - shutterstock.com

Betriebssysteme, Software und Benutzerdateien fordern immer mehr Platz: Linux-Containerformate sind extreme Speicherfresser, Medienformate werden immer anspruchsvoller, weil die Qualitätsansprüche steigen. Wenn aktuell vier TB auf mechanischen Festplatten für annähernd 100 Euro zu haben sind, dann werden Datenträger weitgehend überflüssig, die mit einem TB oder 500 GB vor etlichen Jahren noch Standard waren. Bei SSD sind die Kapazitäten deutlich geringer, aber auch hier verdoppeln sich die Standardgrößen alle zwei Jahre. Dieser Beitrag diskutiert, ob Datenträger vergangener Jahre noch Nutzbringendes leisten können.

Alte SSDs haben Jobgarantie

Wenn SSDs aufgrund mangelnder Kapazität in ursprünglicher Rolle ausgedient haben, finden Admins und Bastler immer eine produktive Zweitverwertung - selbst für kleine Datenträger mit nur 60 oder 120 GB. Als Daten- und Serverspeicher scheiden solche SSDs allerdings nicht nur wegen der geringen Größe aus, sondern auch deshalb, weil die SSD-Leistung bei Benutzerdaten und beim Netzwerkzugriff kaum Vorteile bringt.

Es sollte sich also um das System oder um systemnahe Dienste handeln. Folgende Szenarien sind zu überlegen:

A) Ältere Notebooks: Zehn Jahre alte Notebooks haben oft noch die originale mechanische 2,5-Zoll-Festplatte mit 300 bis 500 GB im Betrieb. Deren Austausch durch eine 2,5-Zoll-SSD ist keine technische Herausforderung (Kreuzschraubendreher genügt) und macht aus einem lahmen Gerät sofort ein befriedigendes bis flottes. Überlegen muss man trotzdem: 60, 80, 120 GB genügen zwar nachhaltig für ein schlankes oder mittleres Linux-System, aber Daten und Medien muss das System Servern oder externen USB-Laufwerken überlassen.

B) Platinenserver: Betriebssysteme für Platinen werden überwiegend auf SD-Karten geschrieben. Selbst wenn diese schnell sind (UHS-1 ist Pflicht, besser UHS-2), ist eine kleine SSD eindeutig besser und für platinentypische Aufgaben genügt selbst eine 60-GB-SSD locker. Die Auswahl SATA-boottauglicher Platinen ist aber schmal: Odroid M1, Odroid H2, Banana Pi sind nativ dabei, der Raspberry Pi 4 nur mit Erweiterungsboard (Geekworm X825 für circa 37 Euro). Beim Raspberry kommt einschränkend hinzu, dass die SSD über USB 3.0 angeschlossen und dadurch gebremst wird. Das Booten über USB muss eventuell außerdem noch durch ein Firmwareupgrade und einige Anpassungen vorbereitet werden: Nur für Bastler!

C) Portable Programme: Dieses Szenario kann sich in Ausbau-PCs lohnen, die das System auf einer mechanischen Festplatte betreiben oder deren System-SSD zu klein wird. Nach dem Einbau einer älteren kleinen SSD nimmt diese portable Programme auf, die hier signifikant schneller laden. Windows ist hier im Vorteil, weil es dafür Hunderte von kleinen und großen portablen Programmen gibt. Vergleichbar unter Linux ist Software im Appimage-Format. Die Software muss nur auf die schnelle SSD kopiert werden und startet dort unabhängig von System und Systempfaden.

D) SSD als Cache für die mechanische Systemfestplatte: Für diese reizvolle Idee gibt es mit Bcache, Dmcache, LVM-Cache mehrere Ansätze, die aber allesamt nicht mehrheitstauglich sind. Noch die praktikabelste Methode ist der LVM-Cache, der aber nur für Datenlaufwerke funktioniert, weil der Grub-Bootloader keinen LVM-Verbund von System- und Cachelaufwerk starten kann.

Alte Festplatten realistisch beurteilt

Mechanische Festplatten mit vier TB kosten etwa 100 Euro - je nach Qualität auch weniger oder mehr. Eine ältere Platte mit einem TB ist folglich maximal 25 Euro wert. Noch kleinere Kapazitäten lohnen kein Upcycling etwa durch Zukauf eines USB-SATA-Adapters. Hinzu kommt ein multiplizierter Stromverbrauch, wenn statt einer großen Festplatte mehrere ältere zum Einsatz kommen. Mit zwei oder drei 3,5-Zoll-Festplatten an USB gerät der Gesamtverbrauch eines kleinen Platinenrechners schnell in den Bereich eines großen Ausbau-PCs. Mit acht Watt im Leerlauf und bis zu 15 Watt bei Hochlast ist pro Platte zu rechnen. 2,5-Zoll-Platten verbrauchen im Leerlauf zwei Watt, bei Last bis zu zehn Watt.

USB-SATA-Adapter ohne Stromversorgung: Solche Stecker eignen sich für 2,5-Zoll-Laufwerke und SSDs und kosten fünf bis 20 Euro. Achten Sie unbedingt auf USB 3.0.
USB-SATA-Adapter ohne Stromversorgung: Solche Stecker eignen sich für 2,5-Zoll-Laufwerke und SSDs und kosten fünf bis 20 Euro. Achten Sie unbedingt auf USB 3.0.
Foto: Neeyer

USB-SATA-Adapter: Sollen ausgebaute Festplatten extern angeschlossen werden, sind Hardwareinvestitionen unumgänglich. Für 2,5-Zoll-SATA-Festplatten oder SSDs genügt ein USB-SATA-Adapter ohne Netzteil, da 2,5-Zoll-Geräte über den USB-Anschluss mit Strom versorgt werden. Die günstigsten Adapter beginnen bei etwa fünf Euro. Mindestens 12 Euro kostet ein Adapter, der für 3,5-Zoll-Laufwerke die notwendige Stromversorgung mitbringt.

Zusatzplatine von Geekworm für SATA-Datenträger: Die Datenverbindung läuft über USB 3.0, das beim Raspberry 4 neuerdings bootfähig ist. Die Einrichtung erfordert dennoch erfahrene Anwender.
Zusatzplatine von Geekworm für SATA-Datenträger: Die Datenverbindung läuft über USB 3.0, das beim Raspberry 4 neuerdings bootfähig ist. Die Einrichtung erfordert dennoch erfahrene Anwender.
Foto: Geekworm

USB-3.0-Hubs: Wer mehrere Festplatten nutzen will, kommt mit den USB-Ports am Rechner oft nicht aus. USB-Hubs lösen das Problem, sollten für ausreichende Stromversorgung aber immer aktiv, also mit eigenem Netzteil gewählt werden. Beim Anschluss an Raspberry & Co. ist ein aktiver Hub sogar Pflicht. Für entsprechende USB- 3.x-Hubs mit Netzteil sind mindestens 20 Euro fällig.

Dockingstations: Festplatten-Dockingstations sind aufgeräumte Lösungen, die den Kabelsalat erheblich reduzieren. Alle einfach einzuschiebenden Festplatten werden von der Dockingstation mit Strom versorgt, was Netzteile und Steckdosen einspart. Außerdem gibt es nur noch ein einziges Datenkabel zum Rechner (meist USB 3.x). Damit sich eine flexible 4-Bay-Station, die mindestens 70 Euro (Renkforce USB 3.2), aber auch über 200 Euro (Startech 4-Bay-Dockingstation) kosten kann, noch so eben lohnt, kommen nur Laufwerke ab zwei TB in Betracht. Allerdings ist eine solche Station ein Wert für sich und kann künftig auch größere Datenträger aufnehmen.

Dockingstationen vermeiden Kabelsalat, Kapazität und Leistung sind aber oft heikel zu recherchieren. Die abgebildete Renkforce USB 3.2 ist eines der günstigsten Modelle.
Dockingstationen vermeiden Kabelsalat, Kapazität und Leistung sind aber oft heikel zu recherchieren. Die abgebildete Renkforce USB 3.2 ist eines der günstigsten Modelle.
Foto: Renkforce

Nur intakte Datenträger nutzen!

Eine neue Rolle für alte Datenträger kommt nur in Betracht, wenn diese technisch einwandfrei sind. Den Zustand fragen Sie mit SMART ab (Self-Monitoring, Analysis and Reporting Technology). Datenträger, die keine SMART-Antworten geben, sind sehr alt und in der Regel Elektronikschrott.

Gnome-Disks und der KDE-Partitionmanager können SMART-Werte abgreifen und anzeigen. Gnome-Disks bietet im Drei-Punkt-Menü mit der Option „SMART-Werte und Selbsttests“ ausführliche Auskunft zum markierten Laufwerk. Wichtigste Aussage oberhalb der Einzelwerte ist das Resümee „Das Laufwerk ist in Ordnung“. Das Gnome-Tool kann aber keine Geräte am USB-Port analysieren.

Der KDE-Partitionmanager äußert sich unter „Gerät –› SMART-Status“ knapper, jedoch sollten die Angaben „SMART-Status: Gut“ und „Gesamtbewertung: Gesund“ genügen. Das KDE-Tool hat den großen Vorteil, auch Festplatten am USB-Port zu prüfen. Alternativ können Laufwerke an USB auch die „smartmontools“ im Terminal aushelfen:

sudo smartctl -H /dev/sd[x]

Wenn dieser Health-Test mit „PASSED“ beantwortet wird, ist die allgemeine Tauglichkeit des Laufwerks schon erwiesen.

(PC-Welt)

Zur Startseite