Urteil des EuGH zur Kündigungsfrist hat enorme Tragweite

Was wird aus dem deutschen Arbeitsrecht?

21.01.2010

Was war geschehen?

Eine 28-jährige Düsseldorferin war seit ihrem 18. Lebensjahr bei einem privaten Arbeitgeber in Essen beschäftigt. Nach zehn Jahren wurde ihr das Arbeitsverhältnis gekündigt - und zwar unter Verweis auf § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB mit einer Kündigungsfrist von einem Monat zum Ende eines Kalendermonats. Hätte jedoch die gesamte Beschäftigungszeit von zehn Jahren Berücksichtigung gefunden, so hätte sich eine Kündigungsfrist von vier Monaten zum Ende eines Monats ergeben - und somit also auch Ansprüche auf Zahlung von Gehalt für weitere drei Monate. Die Arbeitnehmerin wollte dies nicht hinnehmen und erhob Klage vor dem Arbeitsgericht.

In zweiter Instanz setzte das LAG Düsseldorf als zuständiges Berufungsgericht den Rechtsstreit aus und rief den EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens nach Art. 267 Abs. 2 AEUV (ehemals Art. 234 EG-Vertrag) an. Gegenstand dieses Verfahrens war die Auslegung des Verbots der Diskriminierung wegen des Alters und der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27.11.2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. L 303, S. 16). Das LAG Düsseldorf hatte festgestellt, dass die Umsetzungsfrist für die Richtlinie 2000/78/EG zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung bereits abgelaufen gewesen war. Es hatte weiter ausgeführt, dass § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB eine unmittelbare Diskriminierung wegen des Alters enthalte. Von der Verfassungswidrigkeit dieser Norm, also von einem Verstoß gegen das Grundgesetz, war es jedoch nicht überzeugt, sodass es § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht der Bundesverfassungsgericht im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens zur Prüfung vorlegte.

Für das LAG Düsseldorf war aber die Vereinbarkeit von § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB mit dem EU-Recht zweifelhaft. Dabei sah es als fraglich an, ob die Frage einer unmittelbaren Diskriminierung wegen Alters aufgrund des Primärrechts der EU nahe liege, oder aber anhand der Richtlinie 2000/78/EG zu beurteilen sei. Da die Vorschrift des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB von ihrem Wortlaut her eindeutig und klar sei und sich daher einer richtlinienkonformen Auslegung entziehe, stellte sich für das LAG Düsseldorf die Frage, ob es, um § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB in Rechtsstreitigkeiten zwischen Privaten unangewendet lassen zu können, verpflichtet sei, zunächst ein Vorabentscheidungsverfahren vor dem EuGH einzuleiten, um sich auf diesem Weg die Unvereinbarkeit von § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB mit dem EU-Recht bestätigen zu lassen.

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