Urteil des EuGH zur Kündigungsfrist hat enorme Tragweite

Was wird aus dem deutschen Arbeitsrecht?

21.01.2010

Wie hat der EuGH entschieden?

Folgendes hat der Europäische Gerichtshof entschieden:

Diskriminierung wegen Alters?

Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 19.02.2010 dahingehend entschieden, dass das Unionsrecht, insbesondere das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters in seiner Konkretisierung durch die Richtlinie 2000/78/EG, dahin auszulegen sei, dass es einer Regelung wie der des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB entgegenstehe, nach der vor Vollendung des 25. Lebensjahres liegende Beschäftigungszeiten des Arbeitnehmers bei der Berechnung der Kündigungsfrist nicht berücksichtigt werden.

Dabei war für den EuGH das Ziel der Regelung des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB, nämlich dem Arbeitgeber eine größere personalwirtschaftliche Flexibilität zu verschaffen, indem seine Belastung im Zusammenhang mit der Entlassung jüngerer Arbeitnehmer verringert werde, denen eine größere berufliche und persönliche Mobilität zugemutet werden könne, nicht weiter entscheidungserheblich. Denn nach Ansicht des EuGH stelle die Regelung des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB keine im Hinblick auf die Erreichung dieses Ziels angemessene Maßnahme dar, weil sie für alle Arbeitnehmer, die vor Vollendung des 25. Lebensjahrs in den Betrieb eingetreten sind, unabhängig davon gelte, wie alt sie zum Zeitpunkt ihrer Entlassung seien.

Weiterhin ließ der EuGH auch den weiteren im Verfahren vorgetragenen Zweck des § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB, nämlich die Verstärkung des Schutzes der Arbeitnehmer entsprechend der Dauer ihrer Betriebszugehörigkeit, nicht gelten. Denn die Verlängerung der Kündigungsfrist entsprechend der Beschäftigungsdauer eines Arbeitnehmers verzögere sich nach dieser Regelung für einen Arbeitnehmer, der vor der Vollendung seines 25. Lebensjahrs in einen Betrieb eingetreten ist, selbst wenn er bei seiner Entlassung eine lange Betriebszugehörigkeit aufweisen sollte. So könne § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB daher auch nicht als zur Erreichung dieses Ziels geeignet angesehen werden.

Schließlich war für den EuGH auch ein zu berücksichtigendes Kriterium, dass § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht nur jüngere Arbeitnehmer gegenüber älteren Arbeitnehmern ohne sachlichen Grund ungleich behandele, sondern auch dass § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB junge Arbeitnehmer ungleich behandele, weil sie diejenigen jungen Menschen treffe, die ohne oder nach nur kurzer Berufsausbildung früh eine Arbeitstätigkeit aufnehmen, nicht aber die, die nach langer Ausbildung später in den Beruf eintreten.

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