Wechselplatten-Pionier will die Talsohle durchschritten haben

18.06.1998

MÜNCHEN: Nach einer offenbar kreativen Auszeit meldete sich der Wechselplattenhersteller Syquest zurück im Markt. "SparQ" heißt der neue Hoffnungsträger, ein 1-GByte-Laufwerk, mit dem Marktanteile zurückgewonnen und der angekratzte Ruf des Unternehmens wieder aufpoliert werden soll. Removable Harddisk statt High Capacity Floppy lautet die neue Strategie. Parallel zur Markteinführung des preisaggressiv positionierten Produktes will Syquest sein Retailgeschäft spürbar ausbauen.Beschränkten sich die Attacken von Wechselplatten-Pionier Syquest gegen Marktkrösus Iomega mangels konkurrenzfähiger Produkte in der Vergangenheit vorzugsweise auf verbale Rededuelle, geht die Auseinandersetzung jetzt eine neue Phase über. "Gebt dem Kunden, was er will, zu einem Preis, den er bereit ist zu zahlen." Die bekannte Iomega-Firmenphilosophie haben sich nun auch die Syquest-Verantwortlichen auf die Fahnen geschrieben. Ein Blick auf die überarbeitete Produktpalette macht deutlich, daß Syquest derzeit konsequent daran arbeitet, den ungeliebten Hauptkontrahenten mit dessen eigener Strategie zu Leibe zu rücken.

Fehler werden eingeräumt

"Syquest hat sich zwei bis drei Jahre lang, was Produktpolitik und Marketingaktivitäten betrifft, nicht mit Ruhm bekleckert." Daß diese Tatsache bei gleichzeitig gewachsener Wettbewerbsvielfalt in diesem Segment den Verlust von Marktanteilen zur Folge hatte, war nach Feststellung von Markus Lindl, Sales Manager bei Syquest Central Europe, letztendlich eine logische Konsequenz. Lange Lieferzeiten und das Fehlern effizienter Supportstrukturen komplettierten das Fiasko seines Unternehmens.

Der Tiefpunkt war Mitte letzten Jahres erreicht, dem Zeitpunkt, an dem nach Lindls Worten "durch massive Veränderungen sowohl im Management, als auch in der Produktpolitik, der Neuaufbau eingeleitet wurde".

"Wir haben das vergangene Jahr genutzt, um unsere Produktionskosten zu senken. Das freiwerdende Kapital wurde in den Bau weiterer Fabriken investiert, damit wir der starken Nachfrage vor allem nach SparQ- Laufwerken gerecht werden können", beschreibt Lindl, die Auswirkungen der Restrukturierung.

Daß die durchgeführten Maßnahmen greifen, zeigt laut Lindl ein Blick auf die Ergebnisse des zweiten Quartals 1998 (Stichtag: 31. März). Um 47 Prozent konnten die Unternehmensumsätze im Vergleich zum ersten Quartal 1998 gesteigert werden. Noch deutlicher fällt der Vergleich zum Vorjahresquartal aus. Mit 47 Millionen Dollar lag das aktuelle Ergebnis satte 180 Prozent über dem des zweiten Quartals 1997.

Eine Schlüsselrolle innerhalb der Unternehmenspolitik spielt das neue 1-GByte Wechselplattenlaufwerk "SparQ". Über einen aggressiven Endkundenpreis von weniger als 450 Mark ist geplant, mit dem Produkt etwa 70 Prozent des Unternehmensumsatzes zu erwirtschaften. Der Rest

soll sich zu gleichen Teilen zwischen dem Low-end-Gerät "EZFlyer 230 MB" sowie dem "SyJet 1,5 GB" aufteilen. Während man für das SyJet 1,5 auch in Zukunft gute Marktaussichten im semiprofessionellen und professionellen Bereich erwartet, ist die Zukunft des EZFlyer 230 weitgehend ungewiß. "Das EZFlyer 230 wird derzeit vom SparQ-Laufwerk förmlich kannibalisiert", so Lindl. Als Ursache sieht er neben der geringen Preisdifferenz den Trend zu immer höheren Kapazitäten auch bei Wechselspeicher-Technologien.

Removable statt High Capacity Floppy?

Deutet man nach Aussage von Gary Jones, dem Syquest Executive Vice President, Syquest-eigene Umfragen sowie Analysen renommierter Marktforschungsinstitute wie Dataquest oder IDC, so scheint die Blütezeit der High Capacity Floppy zwar nicht vorbei, doch zumindest vorüber zu sein. Nicht nur bei Festplatten, sonder auch bei Wechselspeicher-Technologien, geht demnach der Trend ungebremst zu immer höheren Kapazitäten.

Lieferten sich Hersteller von Speicherprodukten in der Kapazitätsklasse zwischen 100 und 200 MB bis vor kurzem noch ein heftiges Gemetzel um die Floppy-Nachfolge, ist es um dieses Marktsegment heute offenbar etwas ruhiger geworden. Bei weiterhin exponentiell steigendem Speicherwachstum scheinen bei Herstellern wie Anwendern wachsende Zweifel aufzukommen, ob es sich bei der Entscheidung für die High Capacity Floppy letztendlich nicht nur um einen halben Schritt zur Lösung bestehender Speicherprobleme handelt.

Ein Eindruck, der durch Iomegas kürzliche Entscheidung, die Preise seiner ZIP-Laufwerke ohne ernsthaften Konkurrenzdruck, aber trotz schwindender Gewinnmargen weiter zu reduzieren, verstärkt wird. Weitere Anzeichen deuten darauf hin, daß sich das Schlachtfeld konkurrierender Wechselspeichermedien in den Kapazitätsbereich der Removable Harddisk zwischen 650 MB bis 1,5 GB verschieben könnte. Die Entscheidung des führenden Anbieters magnetooptischer Platten, Fujitsu, sich aus dem Segment der 230- MByte-Produkte zurückzuziehen und statt dessen das 640-MByte MO-Business zu forcieren, zählen ebenso dazu wie der sich abzeichnende Run auf mehrfach beschreibbare CD-RW Laufwerke mit 650 MByte.

Gute Chancen für SparQ

Die CD-RW kann sich Lindl aufgrund der hohen Akzeptanz des CD-Mediums und der zu erwartenden Preissenkungen am ehesten als Floppy-Nachfolger vorstellen. Dennoch betrachtet er sie aufgrund der relativ geringen Performance nicht als ernsthaften Konkurrenten für sein SparQ-Laufwerk. Ähnlich, allerdings mit umgekehrten Vorzeichen, sieht er die Wettbewerbssituation mit 640-MB MO-Laufwerken. Obwohl diese ähnliche Leistungswerte wie das SparQ aufweisen, wird sich hier seiner Einschätzung nach der relativ hohe Preis als Bremsklotz für eine breite Marktakzeptanz erweisen. Eine Bewertung, der sich inzwischen die Marktforscher anschließen.

Fachhandelsaktivitäten sollen verstärkt werden

"Aufgrund des extrem niedrigen Preise von SparQ hat das Unternehmen alle Chancen, den Markt in dieser Produktkategorie zu erobern", kommentiert Crawford del Prete, Vice President und Storage Analyst bei der International Data Corporation (IDC), den Syquest-Vorstoß.

"Mit SparQ adressieren wir eine neue Kundengruppe, die zur Zeit schwerpunktmäßig im SOHO-Markt liegt. Das muß sich in unseren Vertriebskanälen widerspiegeln", so Lindl. Mit CHS gehört deshalb seit kurzem erstmalig ein klassischer Broadline-Distributor zur Gruppe der Syquest Vertriebspartner. Das Commitment zugunsten des Distributionsvertriebs ist eindeutig. Selbst das beginnende Geschäft mit Kaufhäusern und Mediamärkten wird nach Lindls Worten genau wie der Fachhandelsvertrieb ausschließlich über die Distributoren abgewickelt.

Flexibilität ist dagegen hinsichtlich Support- und Marketing-unterstützung der Fachhändler angesagt.

"Seit etwa drei Monaten bieten wir ein umfangreiches Händlerprogramm mit direkter Unterstützung an. Das reicht von technischem Support über RMA-Abwicklung, bis hin zu Werbematerial und Kostenbeteiligung bei Anzeigenschaltungen." Um in den Genuß der Vorteile zu kommen, können sich interessierte Händler als "Authorized Syquest Reseller" registrieren lassen. Kundenanfragen werden dann von Syquest direkt an sie weitergeleitet, darüber hinaus werden sie in der neuorganisierten Syquest-Web-Page gelistet.

Iomega reagiert mit Preissenkungen

Soviel Engagement ist den Iomega-Verantwortlichen, die bisher mit 400.000 ausgelieferten Jaz-Laufwerken den europäischen Markt auch im Bereich der Removable Harddisk dominierten, anscheinend nicht verborgen geblieben. Daß sie Syquest als Konkurrenten inzwischen ernst nehmen, zeigt eine Reihe von Gegenmaßnahmen, mit denen das Unternehmen auf die neu entstandene Wettbewerbssituation reagiert. Im Kampf um Marktanteile vertraut Iomega dabei offensichtlich auf das ultimative Verkaufsargument, den Preis. Nachdem vor kurzem bereits die Preise des "Jaz 1"-Laufwerks deutlich gesenkt wurden, kündigte das Unternehmen Anfang Juni Preissenkungen von bis zu 23 Prozent bei Jaz 2-Laufwerken und bis zu 35 Prozent bei den zugehörigen 2-GByte-Medien an.

An dem Führungsanspruch von Iomega läßt Joel Broc, European Product Manager Jaz, keinen Zweifel. "Durch die neuen Preise werden wir es schaffen, Iomega und Jaz weiter als führenden Hersteller im High-end-Sektor der flexiblen Speicherlösungen zu etablieren."

Die Gründe für den harten Konkurrenzkampf liegen nach Meinung von Lindl auf der Hand: "Der Markt für Removable Harddisks ist und bleibt zwar ein Nischenmarkt, vor dem Hintergrund des Internet und einer wachsenden Verzahnung von Heim- und Büroarbeitsplätzen gewinnt er allerdings kontinuierlich an Bedeutung." (sd)

Mit einem Endkundenpreis unter 450 Mark adressiert das SparQ-Laufwerk Kunden sowohl im SOHO-(Small Office, Home Office-)Bereich als auch klassische Privatanwender.

"Die High Capacity Floppy mit 100 MByte paßt einfach nicht mehr in die heutige Rechnerlandschaft." Markus Lindl, Sales Manager Syquest Central Europe, setzt statt dessen auf die Removable Harddisk mit Kapazitäten um ein GByte.

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