Weder verwandt noch verschwägert

24.10.1997
MÜNCHEN: DVD als Nachfolger der in die Tage gekommenen CD-ROM ist in aller Munde. Zumindest bei den Herstellern. Doch Kleinkriege um die Standardisierung lassen das Ziel, ein universell einsetzbares Speichermedium mit hoher Kapazität auf den Markt zu bringen, immer weiter in die Ferne rücken.Abgesehen von einigen - scheinbar unvermeidlichen - Ausnahmen, ist schon erstaunlich, wie weit es die Derivate der CD-ROM in puncto Austauschbarkeit gebracht haben. Ob Audio-CD, die interaktive CD-I, die einmal beschreibbare CD-R oder die mehrmals bespielbare

MÜNCHEN: DVD als Nachfolger der in die Tage gekommenen CD-ROM ist in aller Munde. Zumindest bei den Herstellern. Doch Kleinkriege um die Standardisierung lassen das Ziel, ein universell einsetzbares Speichermedium mit hoher Kapazität auf den Markt zu bringen, immer weiter in die Ferne rücken.Abgesehen von einigen - scheinbar unvermeidlichen - Ausnahmen, ist schon erstaunlich, wie weit es die Derivate der CD-ROM in puncto Austauschbarkeit gebracht haben. Ob Audio-CD, die interaktive CD-I, die einmal beschreibbare CD-R oder die mehrmals bespielbare

CD-RW als Ableger der 1983 eingeführten CD-ROM, haben sie hinsichtlich der dafür notwendigen Abspielgeräte kaum für Wildwuchs gesorgt. Und welche Herstellerriege auch immer versucht hat, eigene Standards zu setzen, scheiterte kläglich, der Markt akzeptierte keine Sonderformen, die den Kauf zusätzlicher Hardware erforderlich machten. Und wie sieht die Angelegenheit bei der zum CD-ROM-Nachfolger gekürten DVD (Digital Versatile Disk) aus?

Das unlängst in Klausur gegangene, bunt zusammengewürfelte Industrie-Gremium, das für die Standardisierung der nächsten Generation der Silberscheiben verantwortlich zeichnet, konnte nach abgeleisteter Sitzungsarbeit kaum positive Nachrichten verbreiten. Von einem universellen Einsatz und Austauschbarkeit ist die DVD noch weit entfernt. Auf die brennende Frage hin, welche Formate sich mit welchen Abspielgeräten vertragen werden, konnte das Herstellerkonsortium meist nur mit einem "vielleicht" oder "eventuell später" antworten. Hochstilisiert zu einem Politikum, ist kaum einer der an der Entwicklung beteiligten Firmen bereit, auf etwaige Forderungen des mit am Tisch sitzenden Mittbewerbers einzugehen. Das Erstlingswerk, die DVD-R - ähnlich der CD-R - stellt noch die geringsten Probleme dar. Mit ihrem Durchmesser von zwölf Zentimetern faßt sie knapp 4 beziehungsweise doppelseitig fast 8 GB an Daten. Der kleinere, acht Zentimeter im Durchmesser große Ableger wartet mit einer Kapazität von 1,23 beziehungsweise 2,46 GB auf. Die DVD-R wird mit DVD-ROM-Laufwerken sowie DVD-Video- und später auch mit DVD-Audio-Playern zurechtkommen.

Eifrig gearbeitet wird derzeit an der 4,7-GB-Variante, die allerdings erst von der übernächsten Generation an Laufwerken gelesen werden kann. Auch mit der Fähigkeit, Multisession zu betreiben - also das Beschreiben des Datenträgers in mehreren einzelnen Zügen - kann die erste Welle an DVD-Hardware nicht dienen.

Das größte Problem stellt die DVD-RAM dar. Sie soll nach dem Phase-Change-Prinzip - ein ähnliches Verfahren verwendet die im Frühjahr 1997 von Philips vorgestellte CD-RW - immer wieder bespielbar sein und einseitig 2,6 GB Datenvolumen bieten, ein Derivat mit 4,7 GB soll folgen. Aber auch hier bleibt die Frage der Austauschbarkeit der Medien weiterhin offen. Das Trio Sony, Hewlett-Packard und Philips hat zur diesjährigen Internationalen Funkausstellung in Berlin sogar eine weitere DVD-ROM mit 3 GB Kapazität vorgeschlagen, die aber rückwärtskompatibel zur CD-RW sein soll. Dieses Vorpreschen blieb nicht ohne Folgen, gerüchteweise wurde sogar von einer Auflösung des DVD-Konsortiums gesprochen. So blieb Sony der letzten Tagung fern und Philips nahm nur inoffiziell teil. Das Trio wurde aufgefordert, ihren zusätzlich vorgeschlagenen DVD-Abkömmling nicht DVD, sondern Phase-Change-RW zu nennen. Ein Ende der Verhandlungen um weiteres Einvernehmen ist jedenfalls nicht in Sicht. Einig sind sich Experten jedenfalls darin, daß der Markt etwaige Inkompatibilitäten nicht akzeptieren wird. Das dürfte auch der Industrie bekannt sein, die nunmehr aufgefordert ist, ihre Hausaufgaben zu machen. (cm)

Wo DVD draufsteht, ist noch lange nicht DVD drin: Das Gerangel um eine Standardisierung des CD-ROM-Ahnen scheint kein Ende zu nehmen.

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