Weitere Investitionen in das eigene Leitungsnetz sind geplant

17.09.1998

KREFELD: Dutzende kleiner und großer Internetprovider werben in Deutschland um die Gunst von Geschäfts- und Privatkunden. Einer dieser Anbieter, die Topnet AG ist ein Zusammenschluß regionaler Provider und will sich über den Internetzugang hinaus europaweit als Full Service-Anbieter positionieren."Wir sehen uns weder als Web-Design-Haus noch als Internet-Provider", stellt Topnet-Vorstandsvorsitzender Rolf Krause klar, "sondern als IT-Servicedienstleister." Die Kunden von Topnet sind "in erster Linie Geschäftskunden, die eine Lösung brauchen." Die Strategie des Unternehmens, betont Krause, liege darin, "als übergeordnetes Unternehmen europaweit Gesamtlösungen anzubieten". Eine Aufgabe der rund 80 der AG angeschlossenen Partnerfirmen bestehe darin, größere Kunden zu akquirieren, wofür sie entsprechend provisioniert werden. Im Gegenzug verteilt Topnet kleinere Aufträge an die regionalen Provider. So wurde der Web-Dienstleistungsbereich an Schlund & Partner in Karlsruhe ausgelagert. Ebenso soll die gesamte Entwicklung im Multimediabereich an Unternehmen abgegeben werden, mit denen Topnet bereits zusammenarbeitet. "Um ein besseres Fundament zu schaffen", so Krause, würden die Firmen aufgekauft. Topnet übernehme dann die Generalunternehmerschaft und werde in der Projektdesignphase aktiv. Eine eigene Designabteilung in Krefeld bietet unter anderem die High end-Programmierung von Datenbanken und Scripts sowie Web-Design an. "Zukünftig werden wir unter anderem über Suchmaschinen, Bannerwerbung und die eigene Kundenzeitschrift unseren Kunden eine komplette Marketingstrategie bieten", betont Krause. Im Frühjahr wurde in Frankfurt ein neues Rechenzentrum eingerichtet, um Internet-Connectivity in ganz Europa anbieten zu können. Im Gegensatz zu vielen Mitbewerbern verfügt Topnet über ein eigenes Leitungsnetz, in das weiter investiert wird.

In der Pipeline hat Topnet ein neues Konzept für Privatkunden. In Zusammenarbeit mit der Deutschen Telekom soll die Einwähldienstleistung über eine einheitliche Rufnummer in ganz Deutschland angeboten werden. Ohne zusätzliche Software bekommt der potentielle Surfer einen Internetzugang. Die regionalen Partner können über eine Web-Schnittstelle die Zugänge über einen zentralen "Proxi Radio Server" aktivieren. Durch die einheitliche Rufnummer könne eine größere Fläche abgedeckt werden. Zudem würden die Partner durch den zentralen Ansprechpartner Topnet von den Problemen der Privatkunden entlastet, "die den wenigsten Umsatz, aber die meiste Arbeit machen" und er könne sich voll auf das "wesentlich interessantere Geschäft mit den Standleitungen konzentrieren", bemerkt Krause.

Ein neues Geschäftsfeld, das die Krefelder aufbauen wollen, ist die Integration der Telefonie in die Datenkommunikation. Der Telekomanbieter Sprint in den USA macht gerade vor, womit sich hierzulande die Telekom oder Arcor schwer tun: Die Amerikaner stellen ihre Netzinfrastruktur komplett auf Datenkommunikation und Telefonie um. In Kürze wird Topnet ein Telefon anbieten, das nicht mehr an das Telefonnetz, sondern über Ethernetanbindung direkt ans weltweite Netz angeschlossen wird.

Das altbekannte Problem der Branche, qualifizierte Mitarbeiter zu finden, hat sich für Topnet überraschend gelöst. Große und teure Stellenanzeigen in der FAZ lockten keine Bewerber. Erst als die Krefelder offene Positionen in den Internet-Stellenbörsen wie job.de ausschrieben, "hagelte es hochqualifizierte Bewerbungen", erzählt Krause. Bei einem anderen Experiment ist der Ausgang noch ungewiß. Topnet bildet seit einigen Wochen mehrere Schulabgänger in den neuen Berufsfeldern Fachinformatiker und IT-Systemkaufleute aus. "Es ist schwer, geeignete Auszubildende zu finden, die wenigstens ein Minimum an nötigen Grundbegriffen mitbringen", konstatiert Krause.

Ohne umfassende Dienstleistung keine Chance im Markt

Eine Besonderheit des Unternehmenszusammenschluß stellt Krause heraus: "Wir sind ein ,ProviderÈ, der unabhängig am Markt agiert." Deshalb sei Topnet "flexibler, leistungsfähiger und hat mehr Handlungsspielraum." Die anderen Mitbewerber, außer Nacama, seien in Konzerne eingebunden und müßten sich von daher konzernbezogen ausrichten. Beispiel Uunet GmbH, die ihre Dienstleistungen nur in Deutschland anbieten könne, da sie sonst der Uunet Europa in die Quere kommen.

"Wenn die großen Internet-Anbieter ihre Dienstleistungen nicht verändern", so der Topnet-Vorstand, "haben sie auf Dauer keine Chance im Markt." Er schließt sich der Prognose der Unternehmensberatung Arthur D. Little an, die besagt: Wachstumsstarke Unternehmen drängen sich in den nächsten zwei Jahren zwischen Kunde und den heutigen Carrier- und Telcoanbietern, weil "sie flexibler sind und eine größere Palette an Dienstleistungen bieten." Nach einer Studie aus den USA werden von heute weltweit 4.000 Internet-Service-Providern nur 500 das Jahr 2000 überleben. Krause geht davon aus, daß Topnet "1999 im Kreis der Internet-Provider einen vorderen Platz belegt." (ak)

Topnet-Vorstand Rolf Krause: "Der Kunde bekommt von uns alles aus einer Hand."

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