Gestern "Local Hero", heute "Global Player"

Wenn das Wachstum zum Hemmschuh wird

30.12.2011
Wie sich mit dem Größerwerden die Unternehmens- und Führungskultur wandeln muss, sagt Hubert Hölzl.

Viele Mittelständler entwickelten sich im zurückliegenden Jahrzehnt zu High-Tech-Unternehmen und international agierenden Firmen - ohne dass sich ihre Unternehmens- und Führungskultur merklich wandelte. Das entpuppt sich zunehmend als Hemmschuh für die weitere Entwicklung.

Freitagnachmittag, in der weihnachtlich geschmückten Kantine eines mittelständischen Maschinenbauers in Baden-Württemberg. Fast 600 Augenpaare blicken zum Rednerpult. Hinter ihm steht der schon stark ergraute Firmeninhaber und lässt in seiner Rede anlässlich der Weihnachtsfeier die Entwicklung seines Unternehmens in den letzten Jahren Revue passieren.

"Wenn ich in den Saal schaue", stellt er fest, "dann sehe ich, wie viel sich im letzten Jahrzehnt geändert hat." "Vor zehn Jahren", fährt der Firmeninhaber nach einer Atempause fort, "waren die meisten Mitarbeiter Facharbeiter. Heute sind über zwei Drittel Akademiker. Vor zehn Jahren arbeiteten für unser Unternehmen nur wenige Frauen - vorwiegend als Schreibkräfte und Kantinenpersonal. Und heute sind über ein Viertel der Mitarbeiter Frauen - und zwar hoch qualifizierte. Und vor zehn Jahren sprach bei uns kaum einer Englisch. Und heute? Heute sprechen die meisten von uns nicht nur Englisch, sondern viele sogar fließend zwei, drei Fremdsprachen." "Das zeigt mir, wie stark sich unser Unternehmen im vergangenen Jahrzehnt verändert hat", sagt er dann. "Und wie viel sich in den kommenden Jahren noch ändern wird", ergänzt er, während er zu seinem Sohn blickt, der vor einem halben Jahr in die Firmenleitung eingetreten ist.

Auch die Belegschaft hat sich gewandelt

Eine ähnliche Rede könnten viele Inhaber mittelständischer Betriebe halten. Denn auch für ihre Betriebe gilt: Sie haben sich von handwerklichen Produzenten mit geringer Fertigungstiefe und Produktkomplexität in High-Tech-Unternehmen verwandelt. Und während sie vor zehn, fünfzehn Jahren noch vorwiegend für den deutschen Markt (und eventuell einige europäische Nachbarstaaten) produzierten, vertreiben sie heute ihre Produkte weltweit. Doch nicht nur dies. Sie lassen zudem einen großen Teil von ihnen im Ausland produzieren. Und in Deutschland? Hier findet vor allem die Entwicklung neuer Produkte statt. Und hier werden noch die Maschinen und Anlagen produziert, deren Fertigung Spitzen-Know-how erfordert.

Aufgrund dieser Entwicklung hat sich auch die Belegschaft der Betriebe gewandelt. Sie wurde nicht nur internationaler - lässt man die Gastarbeiter außer Acht, die vor zehn Jahren in der Produktionshallen vieler Mittelständler ihren Lebensunterhalt verdienten. Sie wurde auch weiblicher. Und: Sie ist höher qualifiziert als vor zehn, fünfzehn Jahren.

Zur Startseite