Wenn die Homepage zum Onkel Doktor muss

03.05.2001
Was Menschen nützt, kann auch Web-Seiten nicht schaden: ein Health-Check, der Zustand und Qualität des Auftritts überprüft. Anbieter wie die Halogen AG checken nicht nur, sie optimieren auch.

Warum landen so wenige Besucher auf meiner Website? Wieso kommt es so selten zur Transaktion, obwohl Preis und Qualität der Waren stimmen? Warum macht die Konkurrenz mehr Geschäft, ob-wohl die eigene Ware besser ist? Alles Fragen, die Dienstleistern, die online vertreiben, bekannt vorkommen dürften. Die Antwort da-rauf kann ganz banal sein: ein qualitativ schlechter Internet-Auftritt. Mit Hilfe eines Health-Checks können Unternehmern Fehlerquellen im eigenen virtuellen Shop entdecken und eine gute Basis für ihren erfolgreichen Auftritt finden. Anbieter wie das Usability Lab oder Eye Square bieten zu diesem Zweck Usability-Tests an.

Expertentests stehen neben User-Tests

Um Online-Auftritte zu durchleuchten, nutzt die Berliner Ge- sellschaft zwei grundsätzlich verschiedene Testvarianten. Methode Nummer eins ist die Experteneva-luierung: Drei Spezialisten untersuchen das jeweilige Angebot und eruieren, inwieweit der Nutzer damit ergonomisch arbeiten kann. Potenzielle Störfaktoren können Schrift oder Farbgestaltung sein, die räumliche Aufteilung von Dar-stellungselementen, die Konsis-tenz und Kompatibilität der Site sowie der Umfang und die Vielfalt des auf der Startseite verfügbaren Angebots.

Als zweite Variante der Evaluation greift der Dienstleister auf Nutzer-tests zurück. "Experten sind nicht vor Betriebsblindheit geschützt", betont Jens Faber, Gesellschafter des Usability Lab am HHI, einer Ausgründung des Heinrich-Hertz-Institutes. "Zudem können auch die besten Fachleute nicht immer wissen, wie ein Begriff von be-stimmten User-Gruppen verstanden wird." Daher definieren die Mitarbeiter am Usability Lab typische Nutzungsaufgaben und beobachten dann, über welche Schritt-folge und Schwierigkeiten der Anwender zu dem vorgegebenen Ziel gelangt. "Dabei nutzen wir die Methode des lauten Denkens, um Defizite zu entdecken", verrät Faber. Was der Probant erzählt, zeichnet ein Band auf.

Die Kosten für beide Methoden sind unterschiedlich: Eine Exper-tenevaluierung dauert für eine übliche Site im Durchschnitt eine Woche und kostet um die 12.000 Mark. Diese Summe beinhaltet das Entgelt für die Akquisition, die Erstellung des Angebots, die Expertenevaluierung sowie den Abschlussbericht. Bei einer Nut-zeruntersuchung muss der Auf-traggeber mit 17.000 bis 18.000 Mark pro Studie rechnen.

Usability und Firmenimage - zwei untrennbare Faktoren

"Doch das lohnt sich", wirbt Faber. "Denn eine Website, die sich gar nicht, nur langsam oder nur sehr unkomfortabel benutzen lässt, verschreckt potenzielle Nutzer. Und die wandern zur Konkurrenz ab. Der einfache Umgang mit der Anwendung ist daher ein wichtiger Wettbewerbsfaktor."

Eye Square hat sich ebenfalls auf Usability-Studien spezialisiert - in Verbindung mit Image-Studien der betreffenden Kunden. "Eine Web-site hat deutlichen Einfluss auf das Image einer Gesellschaft", verrät Eye-Square-Geschäftsführerin Sab- rina Duda. Schon deshalb ist auf die Benutzerfreundlichkeit der Homepage zu achten.

Eye Square testet vorwiegend mit Nutzern aus der vom Kunden avisierten Zielgruppe. Im Allgemei-nen lädt der Dienstleister fünf bis 20 Probanten ins Labor und lässt diese Gruppe die jeweilige Site anhand von vorgegebenen Aus-gangszenarien zwei bis drei Stun-den lang testen. "Ist der Auftrag-geber etwa ein IT-Dienstleister, der vorwiegen B2C-Geschäfte macht, bitten wir Konsumenten, sich in dessen Web-Shop über einen PC oder ein Handy zu informieren und diese zu ordern", verdeutlicht Duda. Bei der Evaluierung greift auch Eye Square auf die Methode des lauten Denkens zurück. Zudem zeichnet der Spezialist die Tests per Video auf und bietet Eyetracking an. Denn Blickbe-wegungsstudien zeigen genau, wohin der Tester schaut, und sind somit ein anerkanntes Mittel, um etwa den günstigsten Platz für Logos oder Werbebanner festzustellen. Aus den Ergebnissen der Studien entwickelt die Gesell-schaft Lösungsvorschläge, etwa neue Sitemaps, neue Kategorien oder konkrete gestalterische Ent-würfen für die Website.

"Natürlich machen wir auch Ex-pertentests", betont die Geschäfts-führerin, "das ist einfach eine Kos-tenfrage. Nutzertests sind meist teurer." Bei mittelständischen Kun- den verbindet der Dienstleister daher gern Expertentests mit Workshops beim Auftraggeber. Für ihre Arbeit berechnet die Gesell-schaft zwischen 5.000 Mark und 30.000 Mark, je nach Anforderung und Umfang. "Doch diese Ausga-ben lohnen sich sich", versichert auch Duda: "Das Auge denkt nicht. Der Nutzer muss sofort sehen, wo er eine Info finden kann."

Modulares System analysiert Web-Seiten von der Pike auf

Das Portfolio der Hamburger Halogen AG umfasst ein modulares System zur neutralen und ganzheitlichen Analyse von Internet-Auftritten. Dieser Health Check kann in größerer und abgespeckter Form durchgeführt werden und überprüft folgende Aspekte:

- Userfreundlichkeit:

Mit Hilfe einer Logfile-Auswertung erfahren die Tester, wann die User typischerweise aus der Site aussteigen, und lernen die Lastvertei-lung im Zeitablauf kennen. Die Usability-Studie zeigt auf, wer die Nutzer der Web-Page sind, woher sie kommen und wie sie sich auf der Site zurechtfinden. Um diese Ergebnisse zu erarbeiten, befragt Halogen Testpersonen und evaluiert die Site anhand eines Regel-werks.

- Performanz:

Unter diesem Aspekt checken die Hamburger, ob die Ladezeiten für alle Anwender befriedigend sind und diese die Site leicht finden.

- Authentizität:

Halogen checkt sowohl die Design-Validierung als auch die Wort-wahl/Tonality und ermittelt damit, ob die Site das jeweilige Unterneh-men treffend repräsentiert und die Kunden richtig anspricht.

- Zuverlässigkeit:

Mit Hilfe eines Sicherheits-Checks und eines Tests der Systemarchi-tektur stellen die Experten fest, ob die geprüfte Homepage Sicher-heitslücken aufweist, ständig verfügbar und gegebenenfalls erwei-terungsfähig ist.

Um all diese Aspekte berücksichtigen zu können, beschäftigt das Hamburger Beratungshaus IT-Spe-zialisten, Web-Designer, Marketing- Experten und Psychologen. Ge-meinsam analysieren die Fach-kräfte für Finanzdienstleister, Ver-lage, Telekommunikationsanbieter, aber auch für mittelständische Be-triebe wie IT-Wiederverkäufer und Systemhäuser Benutzerführung, Inhalte, Gestaltung oder Backend der Web-Auftritte. Als Ergebnis ihrer Arbeit offerieren sie den Nutzern konkrete Handlungsan-weisungen, deren Umsetzung die Effizienz der jeweiligen Online-Auftritte deutlich steigern soll.

"Rund 50 Prozent aller Zugriffe werden frühzeitig abgebrochen, da Kunden an bestimmten Punkten irritiert sind oder die gesuchte Information nicht finden", weiß Michael Zours. Die häufigsten Fehler seien in der Benutzerfüh-rung zu suchen. "Fehler in der Usability betreffen dabei unter Umständen auch Programmierung, Gestaltung oder Informa-tionsaufbereitung", fährt der Cre-ative Director des Beratungshau- ses fort. "Wir schrauben dann an der Technik, bearbeiten die Ober-fläche und optimieren den Bedien-komfort, damit schließlich die volle Leistung erbracht wird."

Der Health-Test von Halogen be-ginnt grundsätzlich mit einem kos-tenlosen, etwa eintägigen Pre-Check. Die Teammitglieder über- prüfen zunächst sämtliche Website- Komponenten und vergleichen sie mit den Zielvorgaben des Kunden. Sobald die Problemfelder identifiziert sind, setzt in Absprache mit dem Web-Betreiber die Feinana-lyse ein: Die Fachkräfte untersuchen zum Beispiel Programmier-codes oder führen Anwendungs- tests mit den jeweiligen Zielgrup-pen durch - auf Wunsch auch auf europäischer Ebene. Sämtliche Er-gebnisse werden dokumentiert und dem Kunden präsentiert. Bei Bedarf werden die Mängel von den Spezialisten behoben.

Wie lange diese zweite Testphase dauert und was sie kostet, hängt vom Umfang ab. "Die Testdauer schwankt im Durchschnitt zwischen einer und vier Wochen. Doch wir haben auch schon Tests durchgeführt, die länger gedauert ha- ben", erläutert Zours. Natürlich sind damit auch die Kosten höher als beim Mitbewerb. "Sie beginnen nicht unter 20.000 Mark und sind nach oben nicht begrenzt."

www.halogen.com

http://ulab.hhi.de

www.eye-square.de

ComputerPartner-Meinung:

5.000 Mark sind zu teuer für einen Usability-Check. Und was kann da schon dabei rauskommen? Doch nicht mehr Kunden? Doch. Ergebnis eines Health-Checks können mehr Kunden sein - von der zufriedeneren Zielgruppe gar nicht zu sprechen. Da hat Sabrina Duda schon recht: "Das Auge denkt nicht." Stattdessen klickt der umworbene Kunde im Ernstfall einfach weg. Ein Health-Check ist daher das beste, was ein Unterneh-mer seinem Online-Auftritt antun kann. Und zwar möglichst noch heute. Denn wie Boo.com und Kon-sorten bewiesen haben, kann es morgen bereits zu spät sein. (cry)

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