Wenn ein Link gegen das Urheberrecht verstößt

06.09.2001
Ein Link auf ein Internet-Lexikon kann einen Urheberrechtsverstoß darstellen, wenn durch die Aktivierung des Links kein Wechsel zu der fremden Website erfolgt.

Links zu anderen Websites sind im Internet eine Selbstverständlichkeit. Rechtlich sind sie nicht immer unproblematisch.

Der Fall

A verlegt medizinische Publikationen. In ihrem Verlag erscheint in Buchform und als CD-ROM das Lexikon "Roche Lexikon Medizin". Unter "www.roche-lexikon.de" betreibt sie eine Website, die als Online-Datenbank das Werk "Roche Lexikon Medizin" enthält. B entwickelt und vertreibt medizinische Online-Projekte und verwaltet medizinische Datenbanken. Sie betreibt unter "www.medizin-forum.de" eine Website, die eine Plattform für medizinische Informationen und Nachrichten umfasst. Von dieser Website aus ist das von A ins Internet gestellte Lexikon "Roche Lexikon Medizin" per Link abrufbar, so dass die Homepage der A in vollständiger, unveränderter Form erscheint, allerdings ohne Menü-, Adress- und Symbolleiste.

Mit Beschlussverfügung ist der B verboten worden, auf ihrer Website einen Link zu der von A betriebenen Website zu setzen, wenn nach der Aktivierung des Links der Inhalt der Website der A unverändert in einem Fenster auf der Website der B erscheint. Dieser Beschluss wurde durch das Landgericht bestätigt. Hiergegen richtet sich die Berufung der B. (OLG Hamburg, Urteil vom 22. Februar 2001 - 3 U 247/ 00)

Die Entscheidung

Die zulässige Berufung der B hat in der Sache keinen Erfolg. Denn der Unterlassungsanspruch der A ist nach ## 97 Abs. 1, 4 Abs. 1 bis 2, 15 Abs. 1, 16 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) begründet. Beim "Roche Lexikon Medizin" handelt es sich um ein Datenbankwerk (# 4 Abs. 2 UrhG), eine geistige Schöpfung (# 2 Abs. 2 UrhG) und ein Computerprogramm (# 69 a UrhG). Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass das Laden des Lexikons der A in den Arbeitsspeicher des Nutzers eine urheberrechtlich relevante Handlung, und zwar eine Vervielfältigung im Sinne des # 16 UrhG, darstellt.

Zu Unrecht beruft sich B darauf, es würden beim Aufruf des Lexikons über ihre Website nach Aktivierung des Links nur die Erläuterungen zu einem bestimmten Suchbegriff abrufbar sein. Denn auch die Vervielfältigung von Teilen eines Werkes, selbst kleinster Teile, die ihrerseits urheberrechtlich geschützt sind, fällt unter # 16 UrhG.

Es geht auch nicht um die Vervielfältigung eines einzelnen Datensatzes, da der Erläuterungstext zu einem Suchbegriff als Teil des Datenbankwerkes weiterführende Suchworte enthält. Daher handelt es sich beim Laden eines einzelnen Suchbegriffs, von dem aus ein Weiterblättern im Lexikon selbstverständlich möglich ist, nicht nur um unwesentliche Teile einer Datenbank im Sinne des # 87 b UrhG.

Die Vervielfältigung des Werkes ist auch widerrechtlich, da A der Nutzungshandlung nicht zugestimmt hat. Eine Zustimmung kann man nicht darin sehen, dass A ihr Lexikon im Internet bereitgestellt und ohne technische Sperren installiert hat. Das Fehlen kann nicht als Freigabe für jede beliebige Form gewerblicher Drittnutzung verstanden werden. Etwas anderes ist auch nicht dem Umstand zu entnehmen, dass A das Schalten von Links nicht beanstandet, wenn das Betätigen des Links zu einem vollständigen Verlassen der Website der B führt und der Nutzer so direkt auf die Seite der A gelangt. Das Einverständnis erfasst das angegriffene Verhalten der B nicht, denn ihre Links sind so geschaltet, dass das Lexikon der A in der Website der B inkorporiert bleibt. Somit ist die B mittelbare Störerin, gegen die der A ein Unterlassungsanspruch zusteht.

Die Konsequenzen

Zwar erscheint es zutreffend, dass derjenige, der Websites ins Internet stellt, mit Verweisen rechnen muss und hiermit grundsätzlich einverstanden ist. Keine uneingeschränkte Geltung kann dieser Grundsatz aber dann beanspruchen, wenn - wie hier - durch die Aktivierung des Links kein vollständiger Wechsel zu der fremden Website erfolgt, sondern die Seite in den Arbeitsspeicher des Rechners des Nutzers geladen wird. Dieses temporäre Ablegen einer Website im Arbeitsspeicher stellt dann eine widerrechtliche Vervielfältigung dar.

Die Autoren Robert Niedermeier und Verena van der Auwera sind Mitglieder der E-Business-Gruppe bei der Pricewaterhouse Coopers Veltins Rechtsanwaltgesellschaft mbH in München.

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