Teil- und Vollkasko

Wer bei Wildunfällen zahlt

16.10.2012
Der Zusammenstoß mit einem Wildtier ist in der Regel ein Fall für die Teilkaskoversicherung. Auch die Vollkaskoversicherung kann betroffen sein, und in einigen Fällen muss die Versicherung überhaupt nicht zahlen.
Die meisten Zusammenstöße mit Wildtieren ereignen sich im Herbst, wenn die Tage kürzer werden und die Tiere früher ihre Futterplätze außerhalb des Waldes aufsuchen.
Die meisten Zusammenstöße mit Wildtieren ereignen sich im Herbst, wenn die Tage kürzer werden und die Tiere früher ihre Futterplätze außerhalb des Waldes aufsuchen.
Foto: Ronald Wiltscheck

Im Herbst kommt es besonders in den dämmrigen Morgen- und Abendstunden wieder vermehrt zu Verkehrsunfällen mit Wild. Beim Zusammenstoß mit einem Reh oder Wildschwein sind die Schäden am Fahrzeug schnell groß, und der Autofahrer will den Versicherer in die Pflicht nehmen. Doch muss die Versicherung in jedem Fall zahlen?

Die Teilkaskoversicherung springt für die Schäden am eigenen Fahrzeug bei Zusammenstößen mit Haarwild ein. Allerdings muss es sich nach einem aktuellen Urteil des Landgerichts Coburg ( Aktenzeichen Gz.: 23 O 256/09) auch um Jagdwild handeln. Der Zusammenstoß mit einem Eichhörnchen fällt nach dieser Entscheidung nicht unter den Schutz der Teilkaskoversicherung, da es - anders als ein Hase - kein Jagdwild ist.

Weicht ein Autofahrer, der rechts am Waldrand ein Reh stehen sieht, nach links aus, um einen etwaigen Zusammenstoß zu vermeiden und gerät dadurch ins Schleudern, hat die Teilkaskoversicherung den Schaden als sogenannten Rettungskostenersatz zu erstatten, es sei denn, der Autofahrer handelt grob fahrlässig. So urteilte das Amtsgericht München (Aktenzeichen 345 C 3874/08). Im zugrunde liegenden Fall sei zwar ein Zusammenstoß mit dem Reh nicht unmittelbar bevorgestanden. Allerdings bestehe auch dann ein Anspruch auf Kostenersatz, wenn der Versicherungsnehmer (und in diesem Fall auch die Tochter) das die Kosten auslösende Verhalten für geboten halten durfte. Dabei lasse nur grobe Fahrlässigkeit den Anspruch entfallen. Die Fahrerin habe aber in diesem Fall die im Verkehr erforderliche Sorgfalt nicht in ungewöhnlich hohem Maße verletzt, ihr Ausweichen nach links sei angesichts der Gesamtsituation nachvollziehbar. Sie habe vermeiden wollen, dass es zu einem Zusammenstoß mit dem Reh komme, sollte dieses aufgeschreckt auf die Fahrbahn rennen und habe ihre Beifahrer schützen wollen.

Ansonsten können Autofahrer beim Ausweichen vor Wild ihren Teilkaskoversicherungsschutz aufs Spiel setzen: Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshof (Aktenzeichen IV ZR 321/95) ist es als fahrlässig anzusehen, wenn ein Autofahrer beispielsweise einem Hasen ausweichen will und dabei einen Schaden verursacht. Beim Zusammenstoß mit kleinen Tieren ist laut Bundesgerichtshof weder für das Auto, noch für den Autofahrer schlimme Schäden zu erwarten.

Bei der Vollkaskoversicherung wird der Versicherungsschutz von den Gerichten dann schon großzügiger angesetzt. Nach einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm (Az: 20 U 134/07) muss die Vollkaskoversicherung die Kosten für einen Wildschaden selbst dann übernehmen, wenn der Autofahrer den Wildunfall nicht eindeutig nachweisen kann. Das sieht bei der Teilkaskoversicherung anders aus: Hier muss der Autofahrer den Zusammenstoß mit dem Wild beweisen, wenn er nicht auf dem Schaden sitzen bleiben will.

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