Strategieberatung oder IT-Beratung?

Wer macht das Rennen?

Prof. Dr. Dirk Lippold ist Gastprofessor an der Humboldt-Universität zu Berlin und lehrt darüber hinaus an verschiedenen Privathochschulen in MBA-, Master- und Bachelor-Studiengängen. Seine Lehrtätigkeit umfasst die Gebiete Unternehmensführung, Marketing & Kommunikation, Personal & Organisation, Technologie und Innovationsmanagement sowie Consulting & Change Management. Zuvor war er über drei Jahrzehnte in der Software- und Beratungsbranche tätig – zuletzt als Deutschland-Geschäftsführer einer großen internationalen Unternehmensberatung mit weltweit über 120.000 Mitarbeitern.
Nennt sich Ihr Unternehmen noch Systemhaus oder firmieren Sie schon längst als Beratungsunternehmen. Hier lesen Sie die wichtigsten Unterscheidungskriterien zwischen Strategie- und IT-Beratung.

Fragt man Hochschulabsolventen, so ist es ganz eindeutig die Strategieberatung. Nahezu die Hälfte aller BWL- und VWL-Studenten sehen den Consultingbereich - und hier ganz explizit die Strategie- oder Managementberatung - als ihre Wunschbranche für den Berufseinstieg an.

Erst mit großem Abstand folgen Banken (26 Prozent) und Handel (19 Prozent). In der Beliebtheit besonders stark zurückgefallen ist die Automobilbranche (von 24 auf 17 Prozent).

Strategieberatung versus IT-Beratung. Bei diesem Rennen kommt es darauf an, welches genaue Ziel der Kunde verfolgt.
Strategieberatung versus IT-Beratung. Bei diesem Rennen kommt es darauf an, welches genaue Ziel der Kunde verfolgt.
Foto: Vasilyev Alexandr - shutterstock.com

Den Studierenden ist häufig aber gar nicht bewusst, dass die Beratungsbranche insgesamt den Löwenanteil ihres Umsatzes - nämlich über 65 Prozent - mit IT-orientierten Beratungsleistungen (Organisations- und Prozessberatung, Systementwicklung und -integration, IT-Consulting) und nicht mit der Strategieberatung (Anteil: ca. 17 Prozent) erzielt.

Obwohl die Strategieberatung also nicht einmal ein Fünftel des gesamten Umsatzes der Branche ausmacht, ist sie in gewisser Weise systembildend beziehungsweise prägend für die gesamte Branche und nimmt in jeder Hinsicht eine dominierende Rolle unter allen Beratungsfeldern ein - ohne dass eine akzeptierte Trennlinie zur IT-nahen Beratung vorhanden ist.

Der kleine Unterschied

Motor des Wachstums für die Beratungsbranche sind aber eben nicht mehr die klassischen betriebswirtschaftlichen Themen der Strategieberatung, sondern vornehmlich IT-orientierte Themen von Cloud Computing über Big Data/Analytics bis hin zur IT-Security. Aufbauend auf den Möglichkeiten der zunehmenden Digitalisierung zeichnet sich darüber hinaus ein Trend zum Online-Vertrieb und zu Online-Services ab.

Daher ist es an der Zeit, einmal auf die wichtigsten Unterscheidungskriterien zwischen Strategieberatung und IT-Beratung einzugehen.

Unterschied Strategieberatung zu IT-Beratung
Unterschied Strategieberatung zu IT-Beratung
Foto: Prof. Dr. Dirk Lippold

Die Strategieberatung

Strategieberatung hat die langfristigen Potenziale und Wettbewerbsvorteile der Kundenunternehmen im Blick. Die Beratungsleistung befasst sich mit der Entwicklung von Zukunftsbildern zur dauerhaften Sicherung des Unternehmenserfolgs des Auftraggebers. Überlegenes Wissen, das bei den Kundenunternehmen so nicht vorhanden ist, spielt hier bei der Auftragsvergabe die zentrale Rolle.

Hinsichtlich der Tätigkeitschwerpunkte wird bei der Strategieberatung in den Beratungsphasen

  • Analysieren,

  • Planen,

  • Konzipieren

deutlich mehr Umsatz generiert als in den Phasen

  • Umsetzen,

  • Implementieren.

Bei den IT-Beratungsunternehmen ist es genau umgekehrt.

Auftraggeber für die Strategieberatung ist zumeist die Geschäftsführung. Auftraggeber der IT-Beratung sind dagegen mehrheitlich die Fachbereiche sowie die IT-Abteilung der Kundenunternehmen.

Die IT-Beratung

Die IT-Beratung ist dagegen primär operativ ausgerichtet. Ihr Ziel liegt in der Verbesserung des Einsatzes der Informationsverarbeitung. Dabei steht die Erhöhung der Effektivität und Effizienz im Mittelpunkt der Leistungserstellung. Ressourcenknappheit sowie Technologie- beziehungsweise Digitalkompetenz können hierbei ausschlaggebend für die Beauftragung sein.

Während die Kundenstruktur der IT-Beratung nahezu das gesamte Spektrum von den kleineren Unternehmen bis hin zu den Großunternehmen umfasst, nehmen - nicht zuletzt aufgrund deutlich höherer Tagessätze - nur mittelgroße und große Kundenunternehmen die Leistungen der Strategieberatung in Anspruch.

Im IT-Beratungsbereich herrscht auch häufig eine Spezialisierung nach einer oder wenigen Branchen vor. Bei der Strategieberatung ist solch eine Branchenspezialisierung dagegen eher selten. Ausnahmen bestätigen allerdings auch hier die Regel.

Welche Berater bedienen welchen Kunden?

Bei den Eigentumsverhältnissen zeichnen sich ebenfalls Unterschiede ab. Strategieberatungen tendieren eher zum Partnerschaftsmodell, bei dem es um Unternehmen geht, die sich im Eigentum der leitenden Angestellten (Partner) befinden. Bei IT-Beratungsgesellschaften ist das Investorenmodell und damit die Kapitalgesellschaft besonders beliebt, weil hier zumeist hohe Investitionen in Hard- und Software sowie in die Rauminfrastruktur getätigt werden müssen.

Übrigens: Auch klassische Strategieberatungen wie McKinsey oder Boston Consulting Group (BCG) haben längst erkannt, dass in der IT-nahen Beratung deutlich mehr Geld zu verdienen ist. Eine besondere Bedeutung spielen dabei die Möglichkeiten der digitalen Transformation.

Lesetipp: Digitalisierung - IT-Dienstleister und Berater müssen sich ändern

Im deutschsprachigen Raum wollen McKinsey in diesem Jahr 450 und BCG 370 neue Mitarbeiter einstellen - vor allem Mitarbeiter mit Technologiekompetenz, vorzugsweise Experten für Künstliche Intelligenz und Blockchain.

Vertiefende Informationen finden Sie auch in meinem Buch "Die Unternehmensberatung".

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