Wer Vorfahrt haben will,muss mehr bezahlen

01.03.2001
In Ausgabe 4/2001 von ComputerPartner empfahlen wir den Kauf der Aktien von Billing-Software-Anbietern. Doch auch ein Blick auf die hinter den Produkten stehende Technik lohnt sich.

Internet-Service-Provider (ISPs) könnten jährlich bis zu zwölf Milliarden Dollar mehr ein-nehmen, wenn sie ihren Kunden für die erbrachten Leistungen realistische Kosten in Rechnung stellten", behauptet Lee Yee von Xacct, einem US-amerikanischen Anbieter von Netzwerk-Infrastruktur-Software. Hierzu braucht es aber spezielle Billing-Software, die etwa zwischen teuren Video- oder Audio-Streams und zeitunkritischen und daher billigeren E-Mails zu unterscheiden vermag.

Bisher hält sich die Anzahl der entsprechenden Anbieter in Grenzen, und derzeit wird der Markt gar von Fusionen der wenigen Software-Companies geprägt. So hat etwa die amerikanische Portal Software die deutsche Solution 42 übernommen, die Kölner Telesens AG fusionierte mit der britischen KSCL Ltd., der britische Dienstleister Sema Group übernahm die deutsche LHS Group, und die kalifornische Amdocs akquirierte die Solect Technology Group.

Diese Fusionswelle könnte sogar noch länger anhalten, denn Systeme zur qualitativen Erfassung von IP-Verkehr sind relativ komplex. Ohne eine kombinierte Hard-/Software-Lösung sind diese Daten einfach nicht zu erhalten. Bisher war es lediglich möglich, Zugriff auf die Logfiles einzelner Router zu bekommen; moderne IP-Billing-Systeme wie das Mediation Device der Telesens-Tochter Cyber Solutions vermögen die IP-Pakete in ihre Einzelteile zu zerlegen und somit Details über den gerade genutzten Dienst, ob E-Mail, HTTP-Anfrage oder E-Commerce-Transaktion, aufzudecken.

Derartig aufgeschlüsselte Daten leitet dann das System an eine bestimmte Software weiter - im Falle von Telesens ist es "Network Probe" -, die wiederum diese Daten den Verursachern des IP-Verkehrs und damit der richtigen Kostenstelle zuordnet. Gleichzeitig erfasst das System Informationen über die Art der gerade genutzten Dienste und berechnet die dazugehörigen Gebühren.

Standards sind im Kommen

So klingt die Theorie. In der Praxis sieht es jedoch völlig anders aus: Derzeit mangelt es an Integrationsmöglichkeiten von Management- und Billing-Lösungen in die Systeme von Content-Providern, etwa Video-on-demand-Anbietern. Es fehlen schlicht und ergreifend die entsprechenden Schnittstellen. Deren Entwicklung steht ganz oben auf der Agenda der 1999 gegründeten IPDR-Organisation (Internet Protocol Detail Standards), einem Zusammenschluss von mehr als 120 Unternehmen aus der Netzwerk- und Telekommunikationswelt.

Ein tatsächlich funktionierendes System, das die physikalische Netzinfrastruktur mit einer Billing-Applikation koppelt, stellt zum Beispiel die Network-to-Business-Plattform von Xacct dar. Die Software erfasst Nutzungsdaten von Netzwerkelementen wie Routern, Switches oder Web-Servern, stellt diese nach Vorgaben des Kunden zusammen und setzt sie in verwertbare Geschäftsinformationen um.

Dann kann eben ein Voice-over-IP-Anbieter sofort und genau feststellen, wie viele Ferngespräche über sein Netz abgewickelt wurden. Das Ganze erfolgt bei dem System von Xacct quasi "automatisch", da sich die im Netzwerk erfassten Daten in einem "Flow through"-Prozess sogleich in Gebühreninformationen umwandeln lassen.

Lösungsanbieter können davon insoweit profitieren, als sie am Xacctready-Alliance-Programm teilnehmen. Dort erhalten sie Zugriff auf die Xacct-Schnittstellen zu den unterschiedlichen Netzelementen und können quasi sofort ihre Applikationen darüber anbinden.

www.portal.com

www.sema.com

www.telesens.de

www.xacct.com

www.ipdr.org

ComputerPartner-Meinung

Billing-Systeme, also Lösungen zur qualitativen Erfassung des IP-Verkehrs, stecken derzeit noch in den Kinderschuhen. Doch dies wird sich in den kommenden zwei bis drei Jahren grundlegend ändern.

Es wird mehrere Arten von Internet geben: eines, wie wir es heute kennen für die Normalverbraucher, ferner eine schnellere Variante für die Power-User und schließlich ein Instant-Access-Internet für bestimmte Geschäftskunden. Diese unterschiedlichen Qualitätsstufen von Service bereitzustellen ist die eine Sache, das Ganze auch noch korrekt abzurechnen eine andere. Deshalb sind interessierte Systemintegratoren bereits heute gut beraten, sich entsprechendes Know-how anzueig-nen. (rw)

Messe in Orlando

Florida ruft

Neueste Entwicklungen und Trends im Billing-Sektor werden auf der diesjährigen Billing World erläutert. Der Kongress samt dazugehöriger Messe erwartet 3.000 Teilnehmer und mehr als 200 Aussteller. Beide finden von 26. bis 28. Juni in Orlando statt. (rw)

www.telestrategies.com/bw2001/bw2001.htm

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