Werbeblocker und Media-Center

16.12.2004
Für nur 99 Euro verspricht das TVOON-Komlett-Set die totale E-Home-Vernetzung - und nebenbei auch noch werbefreies Fernsehen. Die Realität sieht jedoch nicht so rosig aus. Von ComputerPartner-Redakteurin Ulrike Goressen

Es klingt zu schön, um wahr zu sein: Innerhalb von 15 Minuten und mit wenigen, einfachen Handgriffen soll man mit dem TVOON-Komplett-Set für 99 Euro den PC und den Fernseher verbinden, und schon hat man das total digitale Heimnetz. Mehr noch: Dazu gibt es kostenlos eine Media-Center-Software mit integriertem TV-Werbeblocker. Bereits 1999 war dieser unter dem Namen Fernseh-Fee auf den Markt - und dann ganz schnell auf die Verbotsliste gekommen.

Erst am 25. Juni dieses Jahres bestätigte der Bundesgerichtshof die Rechtmäßigkeit des Produktes. Nun bringt der börsennotierte Anbieter, die TC Unterhaltungselektronik AG, den nach eigenen Angaben "einzigen" TV-Werbeblocker wieder auf den Markt. Auch wenn Vorstand Guido Cibursky noch keinen Überblick hat, ob und, wenn ja, wie viele Kunden oder gar Händler an dem Produkt interessiert sind: Er ist vom Erfolg des Produktes überzeugt. Nach seiner Aussage will er mit Wortmann und Techdata zusammenarbeiten.

Das ist neu - auch für die beiden Firmen, wie eine Anfrage von ComputerPartner ergab.

Wie funktioniert TVOON?

Das TVOON-Set verbindet laut Firmenangaben die Audio-Videoströme zwischen TV und PC in beiden Richtungen. Dazu muss der Rechner nicht im Wohnzimmer stehen. Die Distanz, etwa zum Arbeitszimmer, wird per Kabel überbrückt, das optional auch durch eine Funkverbindung (2,4 GHZ AV-Funk) oder durch bereits in der Wohnung verlegte Coax-Lösungen mit den vorhandenen TV-Kabeln ersetzt werden kann. Gleichzeitig werden alle Wohnzimmergeräte, also Videore-korder, DVD-Player und Premiere-Box, durch einen PC-gesteuerten Scart-Router miteinander und mit dem PC vernetzt. Alle Geräte können dann wahlweise per Universalfernbedienung oder in Abwesenheit per PC angesteuert werden.

Das Set arbeitet nicht nur mit der eigenen TVOON-Media-Center-Software (seit kurzem in der deutlich verbesserten Version 1.1 erhältlich, die neben analogen TV- sowie DVB-Karten nun auch die meisten digitalen TV-Karten unterstützt), sondern auch mit Microsoft Media Center oder myHTPC.

Neben den klassischen Media-Center-Features wie dem zeitversetzten Fernsehen (Time Shift) und dem elektronische Programmführer (EPG) verspricht das TVOON-Set auch vollmundig Werbefreiheit - beim Aufnehmen sowie beim direkten Fernsehen.

Dahinter steckt sehr viel Handarbeit. In einem zentralen Studio sehen mehrere Mitarbeiter alle relevanten Fernsehsender. Schaltet ein Sender auf Werbung um, startet dieser Mitarbeiter manuell den Werbeblocker. Auch am Ende eines Werbeblocks ist wieder Handarbeit gefragt. Ciburski ist stolz darauf, dass die Zeitverzögerung beim Wechsel nur noch 0,5 Sekunden beträgt.

Wenn also die Werbung ausgeblendet ist, was sieht der Kunde beim Realtime-Fernsehen? Das kommt ganz auf seinen Geschmack an. Denn er kann im Vorfeld seine Vorlieben angeben. Beispiel: 1. Italo-Western, 2. Filme mit Robert de Niro, 3. Bundesligafußball, 4. Nachrichten. Im Extremfall könnte so eine Werbepause ein echtes Zapp-Happening werden. Der zwischengeschaltete Server durchsucht anhand der Prioriätenliste alle erreichbaren Sender nach einem Alternativprogramm und zappt dann in das entsprechende laufende Programm. Sollte dann aber auch dort Werbung anlaufen, springt er weiter.

Zu Beginn und am Ende der Werbung-Weg-Zapperei erscheint eine kleine Fernseh-Fee auf dem Bildschirm, damit der Kunde mitbekommt, dass er sich zeitweise auf einem anderen Kanal befindet.

Das klingt ziemlich nervig. Sinnvoller ist dieser Service wohl eher bei programmierten Videoaufnahmen. Dann schaltet der Rekorder für die Zeit der Werbung einfach aus. Aber auch hier macht sich in der Praxis ein Pferdefuß bemerkbar: Viele Re-korder brauchen oftmals einige Sekunden, um den Aufnahmemodus zu starten. Laut Ciburski ist das jedoch nicht so schlimm, da viele Sender nach einem Werbeblock die letzte Szene wiederholen.

Somit spart man wohl durch die Ausblendung von Werbung kostbaren CD-Speicherplatz, muss sich aber beim gemütlichen Videoabend auf irritierende Szene-Doubletten einstellen.

Meinung der Redakteurin

Unbestritten: Die Idee des werbefreien TVs ist reizvoll. Allein mit der Umsetzung beim TVOON-Set hapert es. Selbst ein Technik-Freak wird kaum sein Heim innerhalb von 15 Minuten vernetzen. Und echte Cineasten nutzen lieber Schnittsoftware oder Geräte wie FSCs Activy oder Pinnacles Show Center, um die Werbung sauber auszuschneiden. Was nützt es da, dass das Set günstig, die Software sogar kostenlos ist, wenn der Kunde das Produkt bald entnervt in die Ecke wirft?

Das TVOON-Set im Überblick

- Universelle Fernbedienung

- Wohnzimmer-Box (plus ein 1,5 Meter langes Scart-Kabel zum Anschluss an den TV)

- PC-Box

- zehn Meter Scart-Kabel

- Stereo-Audio-Kabel

- zwei Video-Kabel (Cinch)

- zwei Audio-Splitter

- RS-232-Kabel (zum Anschluss des PCs an die PC-Box)

- externes Netzteil

- Handbuch

- Gutschein für TVOON Media Center (oder kostenlos downloaden von www.tvoon.de)

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