Wettbewerbswidrigem Verhalten einen Riegel vorschieben

29.10.1998

ALSBACH-HÄHNLEIN: Zum Schutz der Wirtschaft und des Verbrauchers vor unlauterem Wettbewerb werden, anders als bei Verstößen gegen die Strafgesetze, staatliche Behörden nicht von sich aus aktiv. Verhält sich ein Mitkonkurrent wettbewerbswidrig, muß der jeweils Betroffene oder die entsprechende Organisation die Initiative ergreifen.Vollmundige Werbeaussagen wie "das beste Auto" oder "die absolut gesunde Zigarette" sind erlaubt, sofern sie nachweislich wahr sind oder das Produkt tatsächlich das beste der Welt ist. Meist ist das jedoch nicht der Fall. Die Folge: Es droht eine Abmahnung durch den Mitkonkurrenten, der den Markt aufmerksam beobachtet.

Mit einer solchen Abmahnung muß auch derjenige rechnen, der sein "zehnjähriges Firmenjubiläum" feiern will oder "zehn Prozent Kundenrabatt" einräumt. Werbeaussagen dieser Art sind unlauter, weil ein Firmenjubiläum nur alle 25 Jahre gefeiert werden darf und das Rabattgesetz nur einen Nachlaß von maximal drei Prozent zuläßt. Wettbewerbswidrig sind auch der Gebrauch eines geschützten Warenzeichens, eine Anschwärzung oder Rufschädigung.

Abmahnung heißt in solchen Fällen das Zauberwort. Der Mitkonkurrent muß wettbewerbswidrige Aussagen, Handlungen oder Gebrauchs-verletzungen nicht hinnehmen. Voraussetzung ist aber, daß der Mitbewerber, der die wettbewerbsrechtliche Vorschrift verletzt hat, "Waren oder gewerbliche Leistungen gleicher oder verwandter Art" vertreibt und "auf demselben Markt" tätig ist.

Ein Friseur kann somit nicht gegen einen Schuhverkäufer vorgehen oder der Blumenhändler aus Hamburg nicht gegen den Floristen aus

München.

Die beanstandete Handlung muß rechtswidrig sein. Dies heißt jedoch nicht, daß sie auch schuldhalft erfolgt sein muß. Es reicht aus, daß die Werbeaussage objektiv wettbewerbswidrig ist. Ob das dem Verursacher bewußt war oder nicht, spielt keine Rolle.

Darüber hinaus muß die Verletzung einer wettbewerbsrechtlichen Vorschrift gravierend genug sein, um den Wettbewerb auf diesem Markt wesentlich zu beeinträchtigen. Lappalien wie die Bildschirmangabe in Zoll anstatt in Zentimeter sollen so von der Abmahnung ausgeschlossen werden.

Wer mahnt ab?

Unseriöse Gebührenabmahnvereine, die nur auf ihren Profit aus sind und nicht auf die Beseitigung der wettbewerbswidrigen Handlung, sind heute dank gesetzlicher Schranken kaum noch anzutreffen. Vorsicht sollte trotzdem angezeigt sein. Denn schwarze Schafe versuchen es immer wieder.

Zur Abmahnung berechtigt sind in erster Linie der verletzte direkte Mitkonkurrent, Verbraucherverbände, Industrie- und Handelskammern, Handwerkskammern, Berufsverbände oder Zusammenschlüsse wie die "Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs".

Wie sieht eine Abmahnung aus?

Mit der schriftlich formulierten Abmahnung per Einschreiben und/oder Fax wird der Verletzer aufgefordert, innerhalb einer bestimmten Frist seine wettbewerbswidrige Handlung einzustellen und eine Unterlassungserklärung abzugeben. Die Abmahnung muß genau beinhalten, welches Verhalten konkret als Wettbewerbsverstoß beanstandet wird.

Gleichzeitig wird ein gerichtliches Vorgehen für den Fall angedroht, daß die Unterlassungserklärung nicht fristgerecht eingeht. Die gesetzte Frist muß angemessen sein. Ein Zeitraum von acht bis zehn Tagen ist in der Regel ausreichend.

In besonders eiligen Fällen ist es möglich, eine Frist von nur wenigen Stunden einzuräumen. Um eine Wiederholungsgefahr zu verhindern, kann von dem Verletzer eine Vertragsstrafe für jede Art von Verstoß gegen die Unterlassungserklärung verlangt werden. Diese ist je nach Einzelfall und Gewichtung zwischen 5.000 und 10.000 Mark anzusetzen.

In ganz dringenden Fällen empfiehlt es sich, auf ein Abmahnschreiben zu verzichten und sofort bei Gericht einen Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung zu stellen. Sollte jedoch der Wettbewerbsverletzer im gerichtlichen Verfahren den Anspruch sofort anerkennen, bleibt der Antragsteller auf seinen Gerichts- und Anwaltskosten sitzen. Daher ist eine vorherige Abmahnung, notfalls per Fax, immer sinnvoll und angezeigt. Wird die Unterlassungserklärung abgegeben und die beanstandete Wettbewerbshandlung eingestellt, ist das Ziel erreicht. Eine Klage ist jetzt nicht mehr notwendig, vorausgesetzt die Unterlassungserklärung ist eindeutig. Auf bloße Absichtserklärungen braucht der Abmahnende nicht einzugehen. Er kann sofort mit einer einstweiligen Verfügung oder einer Klage reagieren.

Wie ist auf eine Abmahnung zu reagieren?

Bei Wettbewerbsverstößen ist immer Eile geboten. Geht der Betroffene nicht rechtzeitig dagegen vor, wird ihm bei der Beantragung einer einstweiligen Verfügung die angebliche Dringlichkeit abgesprochen. Neben der einstweiligen Verfügung hat der Verletzte Anspruch auf Schadensersatz. Dies setzt allerdings voraus, daß eine wettbewerbswidrige Handlung auch zu einem konkreten Schaden geführt hat. In der Praxis ist allerdings dieser Beweis oft schwer zu

erbringen.

Abmahnungen sind meist nicht sehr teuer. Die Kosten der Wettbewerbsvereine liegen bei rund 300 Mark. Eingeschaltete Rechtsanwälte erhalten mehr, je nach Höhe des Streitwerts. Zur Sache und damit in die Kosten geht es erst im gerichtlichen Verfahren. Deshalb sollte eine Abmahnung nie auf dem unerledigten Poststapel landen, sondern sofort auf ihre Berechtigung geprüft werden.

In der Regel sind die Fristen kurz - ein Prozeß jedoch oftmals kostspielig, nicht selten auch peinlich. Selbst wenn die Abmahnung unberechtigt sein sollte, empfiehlt sich eine schriftliche objektive Gegendarstellung. Informationen gibt es bei Anwälten, den Industrie- und Handelskammern oder bei Berufsverbänden.

Im Zweifelsfall sollte nach dem Sprichwort "Der Klügere gibt nach" die Unterlassungserklärung abgegeben und das abgemahnte Verhalten sofort eingestellt werden.

Um eine Wiederholungsgefahr zu vermeiden, ist eine angemessene Vertragsstrafe für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu akzeptieren. Ohne sie glaubt das Gericht im Wiederholungsfall bei einem Streitfall nicht an die guten Absichten.

Vorsicht ist aber auch für den Abmahnenden selbst geboten. Wer nach dem Motto vorgeht "Hauptsache den Konkurrenten abmahnen, ob berechtigt oder nicht", riskiert, daß der Spieß umgedreht wird und der "Verletzte" nun selbst den "Abmahnenden" verklagt. Denn der zu Unrecht Abgemahnte kann den gerichtlichen Beschluß erzwingen, daß der Unterlassungsanspruch nicht besteht.

(Der Autor Reinhard Hahn ist Rechtsanwalt in Alsbach-Hähnlein.)

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