AGB auf dem Prüfstand

Widerruf der privaten Nutzung eines Dienstwagens

08.10.2012
AGBs, wonach sich der Arbeitgeber vorbehalten hatte, die Überlassung des Dienstwagens im Zusammenhang mit einer Freistellung zu widerrufen, sind wirksam. Der Widerruf muss im Einzelfall billigem Ermessen entsprechen. Von Christoph J. Burgmer.

Die beklagte Arbeitgeberin stellte der Klägerin einen Dienstwagen zur Verfügung. Die Klägerin war berechtigt, das Fahrzeug auch für private Zwecke zu benutzen. Nachdem der Klägerin zum 30.06.2009 gekündigt wurde, wurde sie freigestellt. Nach Aufforderung der Arbeitgeberin gab die Klägerin ihren Dienstwagen am 09.06.2009 zurück. Die Arbeitgeberin stützte ihre Aufforderung auf eine vertragliche Widerrufsklausel. Diese sah vor, dass die Dienstwagenüberlassung im Falle einer Freistellung widerrufen werden kann. Die Arbeitgeberin meint, sie habe bei dem Widerruf die Interessen der Arbeitnehmerin ausreichend berücksichtigt. Die Klägerin war aber der Meinung, dass der Widerruf der Dienstwagenüberlassung sie unangemessen benachteilige. Sie forderte deshalb eine Nutzungsentschädigung.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Urteil vom 21.03.2012, 5 AZR 651/10) sprach der Klägerin eine Nutzungsentschädigung zu. Zwar sei die Widerrufsklausel wirksam. Nach § 308 Nr. 4 BGB sei die Vereinbarung eines Widerrufsrechts zumutbar, wenn der Widerruf nicht grundlos erfolgen soll, sondern eine Anpassung aufgrund von Veränderung notwendig ist. Dies sei hier der Fall, da bei einer Freistellung der Arbeitnehmer keine Arbeitsleistung mehr erbringen müsse, sodass auch Dienstfahrten entfielen. Eine Ankündigungs- oder Auslauffrist sei ebenfalls nicht notwendig.

Im konkreten Fall hat die Arbeitgeberin das Widerrufsrecht aber nicht wirksam ausgeübt. Auch bei einer wirksamen Widerrufsklausel muss die jeweilige Ausübung des Widerrufs an § 315 BGB gemessen werden. Der Widerruf muss also billigem Ermessen entsprechen. Hier hatte aber die Klägerin ein überwiegendes Interesse an der Nutzung des Fahrzeugs bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses, da es ihr einziger Pkw war. Zudem musste die Klägerin die Privatnutzung für den gesamten Monat Juni versteuern, obwohl sie ihn bereits am 09.06. zurückgegeben hat.

Das Urteil zeigt, wie ein Widerrufsvorbehalt wirksam gestaltet werden kann. Der Arbeitgeber muss aber bei der konkreten Ausübung des Widerrufs darauf achten, dass er die Interessen des Arbeitnehmers mit berücksichtigt. Sonst hat er unter Umständen dem Arbeitnehmer eine Nutzungsentschädigung zu zahlen. (oe)
Christoph J. Burgmer ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Medizinrecht und Wirtschaftsmediator.
Internet: www.burgmer.com

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