Best Practice bei Channel meets Cloud

Wie Hybrid Cloud Onboarding in der Praxis funktioniert

Regina Böckle durchforstet den Markt nach Themen, die für Systemhäuser und Service Provider relevant sind - oder es werden könnten - und entwickelt dazu passende Event-Formate.
Die Modernisierung der IT-Architektur mit Hilfe Cloud-basierter Lösungen stellt Systemhäuser vor große Herausforderungen. Welche Schritte sind dazu nötig? Wie ein idealer Projektplan aussieht, zeigen zwei Orange Networks IT-Architects bei "Channel meets Cloud".

Das IT-Dienstleistungs- und IT-Development-Unternehmen Orange Networks ist Teil eines Teams, das bei einem deutschen Technologiekonzern in Süddeutschland ein "CloudFirst Programm" etabliert. Dabei tritt die interne IT als Service-Provider auf, die nicht nur eine Subscription anbietet, sondern auch Value-Added-Services. Der Startschuss fiel 2015. Das Konzept basiert auf dem "Jobs to be done" Framework und läuft für Hybrid- & Public-Cloud-Szenarien auf der Basis von Microsoft Azure und Azure Stack ab.

Markus Klein (Senior IT Architect) und Lennart Passig (IT-Architect) von Orange Networks GmbH
Markus Klein (Senior IT Architect) und Lennart Passig (IT-Architect) von Orange Networks GmbH
Foto: Orange Networks

Die beiden Orange Networks Architects Lennart Passig (IT Architect) und Markus Klein (Senior IT Architect) von Orange Networks setzen dieses Projekt federführend um. Auf dem Channel meets Cloud Kongress am 16. Februar 2017 in München stellen Sie dieses Projekt vor und entwickeln im Workshop gemeinsam mit den Teilnehmern alternative Möglichkeiten des Kunden-Onboardings. Im Interview geben die beiden Cloud-Experten einen ersten Einblick in das Projekt und die Vorgehensweise.

Bei Channel meets Cloud werden Sie im Workshop ein Projekt für das Onboarding einer Hybrid und Public Cloud vorstellen, das Sie aktuell bei einem großen Konzern umsetzen. Inwiefern sind die Erfahrungen, die Sie bei diesem Projekt sammeln können, für Systemhäuser und Service Provider, die erst dabei sind, in diesen Markt einzusteigen, beispielgebend?

Lennart Passig: Der Kunde fährt, um sämtlichen Anforderungen gerecht zu werden - wie bei größeren Kunden in der Regel üblich - eine Multi-Cloud Strategie. Sie umfasst sowohl Public Clouds wie Microsoft Azure und Amazon Web Services, als auch Private Cloud Lösungen wie etwa Open Stack und Azure Stack. Interne Kunden bzw. Fachbereiche können somit die optimale Cloud für ihren Anwendungsfall auswählen.
Die Cloud-übergreifenden Betriebsmannschaft steht allerdings vor der Herausforderung mehrere Clouds managen zu können.

Was waren die Ausgangssituation und Anliegen des Kunden?

Markus Klein:Bei dem Kunden handelt es sich um ein international agierendes Unternehmen, das sich neueren Technologien aufgrund von Kosten und Mitbewerber-Druck nicht verwehren kann. Daher wurde eine weltweite CloudFirst Strategie bzw. ein zugehöriges Projekt ins Leben gerufen, das sich zum Ziel gesetzt hat, innerhalb eines Geschäftsjahres 50 Prozent der Applikationen in die Cloud (Private oder Public) zu bringen. Damit sollte sowohl der Operationsaufwand als auch die Kosten gesenkt werden.

Das Konzept, auf dem Sie das Projekt realisieren, basiert auf dem "Jobs to be done "- Framework. Was bedeutet das konkret und weshalb haben Sie sich für dieses Framework entschieden?

Lennart Passig:Das ursprünglich von Ted Levitt entwickelt wurde von Clayton Christensen 2003 in "The Innovator’s Solution" verfeinert. Dabei gilt die Hypothese: Ein Kunde kauft ein Produkt oder einen Service nur, weil es ihm bei einer Aufgabe oder einem Problem helfen soll. Orange Networks bedient sich dieses Frameworks, um entscheidende Aufgaben und Probleme zu identifizieren. Diese werden dann mittels einer agilen Projektmanagement Methodik, an SCRUM angelehnt, umgesetzt. Das schafft Flexibilität und bietet realistische Ressourcennutzung im Rahmen der Umsetzung.

Welcher Bereich des Kunden hat das Projekt angestoßen: die Fachabteilung, die Geschäftsführung, der CIO oder war es eine Mischung aus beidem?

Markus Klein:Die initiale Strategie hat der CIO zusammen mit der Geschäftsführung vorgegeben. Die Fachbereiche als solche haben dies begrüßt. Insbesondere die Innovationsabteilung des Kunden ist federführend an der Umsetzung der Cloud-Strategie beteiligt. Dabei hat die Innovationsabteilung die Unterstützung aus dem Top-Management welches für ein solches Projekt auch dringend benötigt wird.

War eine Cloud-Lösung von vornherein gewünscht oder zeigte sich erst im Verlauf der Vorgespräche, dass die Cloud die ideale Technologie zur Umsetzung der Anforderungen sein würde?

Lennart Passig:Bereits im vornherein wurde beschlossen, das Cloud-Technologie genutzt werden sollte, um die gesetzten Ziele: geringer Operationsaufwand und Kostensenkung zu erreichen.

Wie setzen Sie die Anforderungen des Kunden aktuell um?

Lennart Passig:Der Kunde hat an der CloudFirst Initiative ein Projekt festgemacht. Das Projekt-Team setzt Anforderungen aus Fachbereich und Security so um, dass die entstehenden Lösungen wiederverwendet werden können. Damit wird erreicht, dass Lösungen global von sämtlichen Stakeholdern (Security, Governance, Business etc.) genehmigt werden und als "Vorlage" für weitere Projekte verwendet werden können. Diese Vorlage wird dann so weit wie möglich in Services umgewandelt, die interne Kunden dann beziehen können.

Weshalb haben Sie sich für Microsoft Azure und Azure Stack als Plattform entschieden?

Markus Klein:Der Vorteil des Microsoft Cloud-Angebotes liegt unter anderem darin, dass bereits bestehende Tools wie etwa Visual Studio etc. weiterhin genutzt werden können, um Applikationsumgebungen in der Cloud zu hosten. Die damit erreichte Integration ist fantastisch. Zudem bestehen hervorragende Möglichkeiten, gegebenenfalls auf hybride Ansätze mittels identischer Technologie zu gehen, da Azure Stack die Verlängerung von Azure in das Kundenrechenzentrum bedeutet. Benötigt der Kunde also Services lokal, so kann er diese ohne einen Technologiebruch lokal unter Nutzung derselben Technologie nutzen.

Standen anfangs auch Cloud-Plattformen anderer Anbieter zur Diskussion?

Markus Klein:Andere Plattformen werden ebenfalls eingesetzt, um ein "Vendor Lock" zu vermeiden. Die Auswahl des Cloudanbieters ist oftmals gesteuert durch dessen Flexibilität, das ist bei einigen Anbietern besser als bei anderen abgebildet.

Das Projekt wurde 2015 gestartet. Wenn es Verzögerung gab: Was waren die Ursachen dafür?

Lennart Passig:Verzögerungen sind in Großprojekten üblich, oft liegt es jedoch an den Punkten: Verständnis von Cloud im Unternehmen, Security Anforderungen, etc. Insbesondere aufgrund historischer Risiken (Snowden, etc.) ist Cloud für viele IT-Mitarbeiter häufig noch ein Thema, für das erst Vertrauen geschaffen werden muss. Das kostet Zeit. Ebenso erfordert Cloud mit den damit üblicherweise einhergehenden Vorgehensweisen wie "DevOps" und "Infrastructure as Code" ein Umdenken bei den Mitarbeitern. Gerade bei Windows-spezialisierten Administratoren und Engineers ist dies deutlich zu merken.

Welche speziellen Herausforderungen gab es während der Umsetzung und wie wurden sie gelöst?

Lennart Passig:Insbesondere die Art des Arbeitens bzw. die Rollenverteilung verändert sich mit der Cloud. Die Rolle des klassischen Administrators gibt es nicht mehr. Mitarbeiter stehen Veränderungen im Allgemeinen eher verhalten gegenüber.
Angesichts dessen müssen die Mitarbeiter motiviert werden, sich an das neue Arbeiten zu gewöhnen und das Projekt bzw. die neue Arbeitsweise voll mitzutragen. Dies erfordert ein hohes Maß an Eigeninitiative und Anpassungsfähigkeit vom Mitarbeiter. Mit Hilfe von Schulungen und Workshops lässt sich Mitarbeitern die Angst nehmen, den neuen Anforderungen nicht gerecht zu werden.

Welche Vorteile hat das Projekt Ihrem Kunden konkret gebracht?

Lennart Passig:Der Kunde erreicht durch die neue Ausrichtung eine neue Form der Flexibilität und Kosteneinsparung gegenüber einer klassischer IT. Die "Time to Market" hat sich deutlich verkürzt und der Kunde kann nun schneller auf dem Markt agieren, um Kundenbedürfnisse besser zu bedienen.

Inwiefern konnten Sie als beteiligter Dienstleistungspartner davon konkret profitieren?

Markus Klein:Kosteneinsparungen sind gut und wichtig, dennoch sollte man die initialen Kosten nicht unterschätzen. Da mit der Einführung von Cloud Computing nicht nur eine neue Technologie eingesetzt wird, sondern auch eine neue Form des Arbeitens, dauert es bis sich die initialen Kosten amortisiert haben. Danach findet allerdings eine neue Form von Produktivität und Flexibilität statt, welche sich deutlich positive auf die Kosten des Unternehmens auswirkt.

Was war die wichtigste Erfahrung, die Sie aus diesem Projekt mitgenommen haben?

Markus Klein:Geduld ist vor allem geboten bei einem Großprojekt wie diesem.

Wie managen Sie die Bereitstellung, Abrechnung und das Reporting unterschiedlicher Cloud- und Managed Services für den Kunden?

Markus Klein:Nach initialen Versuchen ein globales Billing/Reporting über sämtliche Cloud Plattformen zu ermöglichen, hat sich der Konzern entschlossen unterschiedliche Lösungen einzusetzen, die allerdings alle mit einem zentralisierten SAP bzw. anderen Tools verbunden sind.

Welche Tools oder Dashboards nutzen Sie für die Bereitstellung, Management und Abrechnung Ihrer Managed Services und Cloud-Dienste?

Lennart Passig:Für die Bereitstellung arbeiten wir unter anderem mit Terraform, Ansible, Powershell, ARM-Templates und CloudFormation-Templates.
Für Dashboards sowie Abrechnung und Reporting kommen Big-Data-Lösungen zum Einsatz, unter Zuhilfenahme von Tools wie Power BI erfolgt die Visualisierung.

Wo hosten Sie Ihre Dienste - oder wenn Sie selbst das Hosting übernehmen: auf welcher Plattform?

Lennart Passig:Wir nutzen dazu Azure, Azure Stack, Cloud Foundry, AWS und Open Stack.

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