Wie IT-Unternehmen durch Massenentlassungen ihre Bilanzen schönen

19.02.2001
Um es vorwegzunehmen, in Deutschland sind IT-Fachkräfte der Bundesanstalt für Arbeit und der Online-Onlinestellenbörse wie Stepstone zufolge noch auf relativ sicherem Posten und nach wie vor eher Mangelware. In den USA jedoch tobt mit der einbrechenden Rezession nach zweijähriger Hochkonjunktur, Fusionitis und Kaufsucht im IT-Bereich mittlerweile schon eine regelrechte Massenentlassungswelle. Nicht erst als Forrester-Chefaugur George Colony Mitte 2000 die mahnenden Worte gesprochen hatte, die meisten Jungunternehmer der New Economy seien "dumm, faul und gefräßig", zerplatzen viele Dotcom-Träume wie Seifenblasen. Unzählige Arbeitnehmer standen plötzlich auf der Straße. Allein im Januar dieses Jahres verloren laut Arbeitsvermittler Challenger, Gray Christmas 12.828 Mitarbeiter von US-amerikanischen Internetfirmen ihren Job; insgesamt sollen auf der anderen Seite des Großen Teichs im IT-Bereich innerhalb eines Jahres weit über 50.000 Stellen gestrichen worden sein. Denn längst traf die Misere nach einigen Jahren des wirtschaftlichen Aufschwungs auch die wachstumshungrigen großen IT-Unternehmen der Old Economy. Die Gründe hierfür sind hinlänglich bekannt: Mit der einsetzenden Rezession purzelten die Akteinkurse an der Wall Street, wodurch die Gewinnmitnahmen beträchtlich geschmälert wurden. Folglich ging den Amerikanern in dem ohnehin gesättigten Markt die Kauflust restlos aus. Seit September überschlagen sich die Gewinnwarnungen. Die Aktionäre drängen auf Sparkurs. Die Folge sind Massenentlassungen im großen Stil: Netzwerkriese 3Com trennt sich von rund einem Fünftel der 11.500 Mitarbeiter weltweit, TK-Ausstatter Lucent streicht 16.000 Stellen, kündigt erst 13.000 Entlassungsbriefe an, gibt sich dann aber mit 4.000 zufrieden, Nortel schließlich will 10.000 Beschäftigte in den Frühling mit ungew Ausgang schicken. Sogar der kometenartig aufsteigende Direktanbieter Dell muss Federn lassen und befreit sich von 4.000 Stellen, Konkurrent Gateway setzt 3.000 Mitarbeiter auf die Abschussliste. Die Story ließe sich endlos fortschreiben. Auffällig ist nur, dass viele Aktiengesellschaften ausgerechnet dann mit Massenentlassungen drohen, wenn sich das Geschäftsjahr seinem Ende zuneigt. Nur wenige Unternehmen geben offen zu, dass sie dies nicht zuletzt tun, um die Bilanzen aufzufrischen und den Aktionären zu gefallen. Dabei ist das längst gängige Praxis. Arbeitsmarktexperte Gary Burtless von der Denkfabrik Brookings meint jedenfalls, dass der Stellenabbau meist weit geringer ausfällt als publikumswirksam vermeldet: "Aktiengesellschaften geht es vor allem darum, die Finanzmärkte zu beeindrucken", so Burtless. Schließlich lasse schon die Ankündigung von Massenentlassungen - so zynisch dies auch klingen mag - die Herzen der Börsianer höher schlagen, wodurch auch prompt die Aktienkurse nach oben gehen. Andererseits beobachtet man in jüngster Zeit auch immer wieder, dass die Kurse gutgehender Unternehmen nach unten gedrückt werden, nur weil es einigen Finanzjongleuren in Tokio, an der Wall Street oder an der Londoner Börse so gefällt. Nichts gegen die Ausgabe von Aktien für die Beschaffung von Kapital für weiteres Wachstum sowie Forschung und Entwicklung. Will sich ein Unternehmen vor feindlichen übernahmen und anderen Angriffen wirksam schützen, gibt es nur ein Mittel: die strikte Verweigerung der internationalen Börsenplätze. (kh)

Um es vorwegzunehmen, in Deutschland sind IT-Fachkräfte der Bundesanstalt für Arbeit und der Online-Onlinestellenbörse wie Stepstone zufolge noch auf relativ sicherem Posten und nach wie vor eher Mangelware. In den USA jedoch tobt mit der einbrechenden Rezession nach zweijähriger Hochkonjunktur, Fusionitis und Kaufsucht im IT-Bereich mittlerweile schon eine regelrechte Massenentlassungswelle. Nicht erst als Forrester-Chefaugur George Colony Mitte 2000 die mahnenden Worte gesprochen hatte, die meisten Jungunternehmer der New Economy seien "dumm, faul und gefräßig", zerplatzen viele Dotcom-Träume wie Seifenblasen. Unzählige Arbeitnehmer standen plötzlich auf der Straße. Allein im Januar dieses Jahres verloren laut Arbeitsvermittler Challenger, Gray Christmas 12.828 Mitarbeiter von US-amerikanischen Internetfirmen ihren Job; insgesamt sollen auf der anderen Seite des Großen Teichs im IT-Bereich innerhalb eines Jahres weit über 50.000 Stellen gestrichen worden sein. Denn längst traf die Misere nach einigen Jahren des wirtschaftlichen Aufschwungs auch die wachstumshungrigen großen IT-Unternehmen der Old Economy. Die Gründe hierfür sind hinlänglich bekannt: Mit der einsetzenden Rezession purzelten die Akteinkurse an der Wall Street, wodurch die Gewinnmitnahmen beträchtlich geschmälert wurden. Folglich ging den Amerikanern in dem ohnehin gesättigten Markt die Kauflust restlos aus. Seit September überschlagen sich die Gewinnwarnungen. Die Aktionäre drängen auf Sparkurs. Die Folge sind Massenentlassungen im großen Stil: Netzwerkriese 3Com trennt sich von rund einem Fünftel der 11.500 Mitarbeiter weltweit, TK-Ausstatter Lucent streicht 16.000 Stellen, kündigt erst 13.000 Entlassungsbriefe an, gibt sich dann aber mit 4.000 zufrieden, Nortel schließlich will 10.000 Beschäftigte in den Frühling mit ungew Ausgang schicken. Sogar der kometenartig aufsteigende Direktanbieter Dell muss Federn lassen und befreit sich von 4.000 Stellen, Konkurrent Gateway setzt 3.000 Mitarbeiter auf die Abschussliste. Die Story ließe sich endlos fortschreiben. Auffällig ist nur, dass viele Aktiengesellschaften ausgerechnet dann mit Massenentlassungen drohen, wenn sich das Geschäftsjahr seinem Ende zuneigt. Nur wenige Unternehmen geben offen zu, dass sie dies nicht zuletzt tun, um die Bilanzen aufzufrischen und den Aktionären zu gefallen. Dabei ist das längst gängige Praxis. Arbeitsmarktexperte Gary Burtless von der Denkfabrik Brookings meint jedenfalls, dass der Stellenabbau meist weit geringer ausfällt als publikumswirksam vermeldet: "Aktiengesellschaften geht es vor allem darum, die Finanzmärkte zu beeindrucken", so Burtless. Schließlich lasse schon die Ankündigung von Massenentlassungen - so zynisch dies auch klingen mag - die Herzen der Börsianer höher schlagen, wodurch auch prompt die Aktienkurse nach oben gehen. Andererseits beobachtet man in jüngster Zeit auch immer wieder, dass die Kurse gutgehender Unternehmen nach unten gedrückt werden, nur weil es einigen Finanzjongleuren in Tokio, an der Wall Street oder an der Londoner Börse so gefällt. Nichts gegen die Ausgabe von Aktien für die Beschaffung von Kapital für weiteres Wachstum sowie Forschung und Entwicklung. Will sich ein Unternehmen vor feindlichen übernahmen und anderen Angriffen wirksam schützen, gibt es nur ein Mittel: die strikte Verweigerung der internationalen Börsenplätze. (kh)

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