Ein Notebook-Projekt

Wie Maxdata ein Schulprojekt übersah

21.08.2008
Wie der Würseler PC-Anbieter Maxdata ein Schulprojekt ignorierte - ein weiteres trauriges Kapitel verfehlten Managements.

Als die Stadt Würselen im Kreis Aachen den Modellversuch "Lemmon" (Lernen mit modernen Medien online) zur Ausstattung ihrer Schüler mit Notebooks öffentlich auslobte, schrieb man das Jahr 2007. Es war Herbst, und die Stadt Würselen kümmerte sich bereits um die Vermarktung ihres Vorhabens. "Würselen - um Notebook-Klassen besser", textete man, und der Modellversuch sollte die Stadt auf der Augenhöhe des neuesten pädagogischen IT-Eifers zeigen.

Das Projekt "Lemmon" sei bundesweit einmalig, versichern die Initiatoren. Allerdings erfolgt der Rollout der Notebooks schrittweise: Zuerst erhalten alle elf beteiligten Schulen mit rund 220 Lehrer und 3.700 Schüler insgesamt knapp 390 Rechner; in der zweiten Phase soll es persönliche Geräte geben. Das Projekt, das vom Systemhaus Bechtle in Essen realisiert wird, ist vorerst auf vier Jahre ausgelegt, am Ende haben folglich noch nicht alle rund 3.700 Schüler einen mobilen Rechner. Eltern müssen knapp 30 Euro pro (persönliches) Notebook und Monat bezahlen, für Sozialfälle gibt es einen Fonds. Die Stadt lässt sich das Vorhaben 2,4 Millionen Euro kosten.

In Würselen ist auch die Firma Manulogs (Manufacturing and Logistic Services) angesiedelt, eine Tochter des Computerbauers Maxdata. Manulogs produziert eigenen Angaben zufolge auf 11.000 Quadratmetern Produktionsfläche in 36 Produktionsstraßen IT-Hardware. Die Kapazität liegt bei 1,1 Millionen PCs und Notebooks, 50.000 Servern und 600.000 Monitoren pro Jahr. Hinzu kommen 20.000 Quadratmeter Logistikfläche. Die Produktionsstätte stammt noch aus der Zeit, als Maxdata eine Mehrheitsbeteiligung von Vobis war. Mit rund 500 Mitarbeitern ist Manulogs einer der größten Arbeitgeber in Würselen. Für Maxdata wäre das Lemmon-Projekt trotz der europaweiten Ausschreibung eine Art Heimspiel gewesen.

Die Notebooks für die Schüler aus Würselen stammen indes vom chinesisch-amerikanischen Konzern Lenovo. "ThinkPads" bieten "beste Voraussetzungen, um den hohen Ansprüchen der Würseler "Lemmon"-Klassen zu genügen", steht auf der Homepage des Vorhabens. Bezeichnende Aussagen auch in der FAQ-Liste zur Frage, warum die Entscheidungsfindung ein Jahr gedauert habe: "Die Stadt hat sich bewusst viel Zeit bei der Auswahl der Partner für das Notebook-Projekt gelassen, da wir der Meinung sind, mit einem so hohen Gut wie der Ausbildung unseres Nachwuchses sehr qualitätsbewusst und vorsichtig umgehen zu müssen. Entsprechend hoch waren die Anforderungen an potentielle Geschäftspartner, entsprechend streng und kritisch die Auswahlverfahren, so dass wir sicher sein konnten, letztlich den kompetentesten und bestmöglichen Partner zu gewinnen."

Für den regionalen Hersteller und seine Mitarbeiter dürfte das wie ein Schlag ins Gesicht wirken. Maxdata hat Ende Juni Insolvenzantrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit gestellt. Betroffen ist auch die Tochter Manulogs in Würselen.

"Würselen - um Notebook-Klassen besser", ist wie gesagt der Marketing-Sinnspruch des Lemmon-Vorhabens. Einigen Eltern vor Ort wird der Wortwitz sauer aufstoßen. Vielleicht sollten sie sich mit ihrem Ärger an das ehemalige Management von Maxdata wenden - die Firma hatte sich nämlich nicht an der europaweiten Ausschreibung beteiligt. Diese lief bereits im Herbst und Winter 2007. Am 29. April 2008 erfolgte der Vergabebeschluss durch den Rat der Stadt Würselen. Keine zwei Monate später übernahm der Essener Rechtsanwalt Winfried Andres die Führung des Unternehmens. Tatsächlich: Überraschend kam die Zäsur nicht. (Computerwoche; ajf) (wl)

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