Wie sich IT-Fachhändler gegen zahlungsunwillige Kunden wehren

30.01.2003
Die Zahlungsmoral hat in Deutschland ihren Tiefststand erreicht. ComputerPartner befragte IT-Fachhändler, wie sie die Moral ihrer Kunden heben und sich gegen mögliche "schwarze Schafe" wehren.

Wirtschaftsauskunfteien wie Bürgel oder Hermes malen wahre Horrorszenarien an die Wand: Die Zahlungsmoral der deutschen Kunden war schon immer schlecht - seit der Wirtschaftskrise ist sie katastrophal. Immer mehr säumige Schuldner landen vor dem Kadi. So ergriffen allein im ersten Halbjahr 2002 deutschlandweit 732.000 Gläubiger harte, sprich gerichtliche Maßnahmen. Aber es kommt noch schlimmer: Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen (BDIU) berichtet, dass mittlerweile drei Viertel aller Insolvenzen durch Zahlungsverzug ausgelöst werden. Be- sonders betroffen seien kleinere und mittlere Betriebe.

In dieser fatalen Situation sind Selbsthilfe und Selbstschutz angesagt. ComputerPartner befragte IT-Fachhändler, wie sie sich gegen Kunden mit laxer Zahlungsmoral wehren. Nach Ansicht von Jürgen Basilowski, Geschäftsführer von Jupitec in Messel, wird die Zahlungsmoral immer schlechter. "Manche Kunden können aber auch nicht zahlen, weil sie nicht liquide sind. Deshalb überprüfen wir schon im Vorfeld die finanzielle Situation des Kunden. Ist genügend Geld da, kann er gerne das Komplettpaket kaufen. Ist seine Situation angespannt, bieten wir ihm nur die notwendigen Leistungen an, ohne Nice-to-have- Schnickschnack. So bleibt auch in schlechteren Zeiten die Kundenbeziehung bestehen."

Eine weitere, den Geldbeutel schonende Alternative sei Leasing. Die Kosten für die Kunden seien überschaubarer, und der Händler reduziere sein Risiko. Denn eines ist für den Jupitec-Chef sicher: "Egal, wie schlecht die Zahlungsmoral des Kunden ist - wenn wir selbst beim Disti einmal nicht pünktlich zahlen, sind wir raus."

Andere Händler lassen es erst gar nicht so weit kommen und haben deshalb auch keinen Grund zum Klagen. Heinrich Straub etwa, Geschäftsführer von Sandata, hat keine Veränderung der Zahlungsmoral erkannt. "Wir haben aber auch ein straffes Mahnwesen", bekennt er. Hinzu kommt der persönliche Kontakt zu den Kunden: "Hat ein Großkunde ausnahmsweise eine Rechnung nicht innerhalb der vereinbarten Zeit gezahlt, rufen wir den Buchhalter an und fragen nach dem Grund." Dadurch könne man sich viel Ärger und Arbeit sparen, und Forderungen würden auch viel schneller bezahlt.

Sandata spielt auch bei Neukunden immer mit offenen Karten. Jeder werde im Vorfeld überprüft, und dann lege man das Kreditlimit fest. Straub dazu: "Da haben wir bankähnliche Grundsätze."

Viele Wirtschaftszeitschriften prangerten in der jüngsten Vergangenheit vor allem die schlechte Zahlungsmoral der öffentlichen Hand an. Dies kann Marco Rechenberg, Finanzverantwortlicher von KCT, nicht bestätigen. "Wir haben keinerlei Schwierigkeiten mit diesen Kunden. Die öffentliche Hand ist bei uns immer noch offen." Aber auch hier sorgt der persönliche Kontakt zum Kämmerer dafür, dass im festgelegten Zeitrahmen für gute Leistung gutes Geld bezahlt wird.

Da bereiten ihm die gewerblichen Kunden schon eher Kummer. Dort herrscht nach Ansicht von Rechenberg manchmal der reinste Schlendrian. Wenn man dann mal nachfrage, wann man denn zu zahlen gedenke, erhalte man auch schon einmal pampige Antworten wie: "Warum regen Sie sich denn so auf? Sie kriegen schon Ihr Geld - irgendwann."

Damit so eine nachlässige Art gar nicht erst Schule macht, hat KCT rigoros den Mahnweg gekürzt und schaltet schon nach der ersten Mahnung den Rechtsanwalt ein. Stammkunden mit "zahlungsmoralischer Schwäche" erzieht das Unternehmen auf andere Art. "Diese Kunden sind ja auf unsere ständigen Dienstleistungen, wie etwa Wartung, angewiesen. Sind dann zu viele Rechnungen zu lange offen, wird der benötigte Service erst dann ausgeführt, wenn die ausstehenden Rechnungen beglichen sind."

Auch BDL in Berlin hat die meisten seiner Kunden gut im Griff. "Wir arbeiten viel für die öffentliche Hand, wie beispielsweise für die Oberfinanzdirektion", berichtet Geschäftsführer Ulrich Bachmann. "Und das läuft hervorragend. Der Grund für die lobenswerte Zahlungsmoral ist eigentlich simpel: Die wollen ihren Skonto, und deshalb zahlen sie auch pünktlich."

Bei den mittelständischen Kunden sei die Zahlungsmoral schon spürbar poröser. "Die Verzögerungen halten sich in Grenzen", so Bachmann. "Bei den meisten steckt auch keine Bösartigkeit dahinter, sondern ein Liquiditätsengpass. Wenn selbst Gespräche und der Rechtsanwalt nicht mehr fruchten, hilft nur noch ein Zahlungsplan."

Den größten Ärger machen interessanterweise private und Kleinkunden, die selbst über geringe Summen von 20 bis 30 Euro eine Rechnung verlangen - und dann nicht zahlen. Viele Händler haben deshalb den Schwellenwert für Rechnungen angehoben. Alles unter 100 Euro muss sofort bezahlt werden.

www.bdl.de; www.jupitec.de

www.kct.de; www.sandata.de

ComputerPartner-Meinung:

Diese Umfrage offenbart zwei wichtige Grundsätze. Erstens: Die Zahlungsmoral der Kunden steht und fällt mit dem resoluten Auftreten des Fachhändlers. Zweitens: Der persönliche Kontakt zum Kunden ist neben der Kompetenz eines der wichtigsten Erfolgskriterien für den Fachhandel. Wer diese Regeln befolgt, kann sich seinen Geschäften widmen und wird nicht zum Zwischenfinanzier degradiert. (go)

Zur Startseite