EP, Euronics und Expert

Wie viel sind die Umsätze der Verbundgruppen wert?



Matthias Hell ist Experte in Sachen E-Commerce und Retail sowie  Buchautor. Er veröffentlicht regelmäßig Beiträge in renommierten Handelsmagazinen und E-Commerce-Blogs. Zuletzt erschien seine Buchveröffentlichung "Local Heroes 2.0 – Neues von den digitalen Vorreitern im Einzelhandel".
Euronics macht sich mit einem hoch angesetzten Außenumsatz größer als es ist. EP übt sich in Bescheidenheit. Und Expert ringt um seinen Online-Kurs. Wo stehen die Verbundgruppen heute wirklich?
Die Umsatzentwicklung der Verbundgruppen seit 2016: Beim Innenumsatz konnte sich Expert in den letzten zehn Jahren deutlich absetzen. Den Außenumsatz kommuniziert seit 2010 nur noch Euronics, die Schere zum Innenumsatz der Verbundgruppe öffnet sich immer weiter
Die Umsatzentwicklung der Verbundgruppen seit 2016: Beim Innenumsatz konnte sich Expert in den letzten zehn Jahren deutlich absetzen. Den Außenumsatz kommuniziert seit 2010 nur noch Euronics, die Schere zum Innenumsatz der Verbundgruppe öffnet sich immer weiter

Beim Jahreskongress 2019 gab Euronics bekannt, im Geschäftsjahr 2017/18 einen zum Vorjahr unveränderten Zentralumsatz von 1,47 Milliarden Euro erzielt zu haben. Die Verbundgruppe zeigte sich zufrieden, doch im größeren Kontext wirkt das Umsatzvolumen der mehr als 1.300 Euronics-Händlers eher bescheiden: So liegen die großen Elektronikversender wie Cyberport und Notebooksbilliger.de eigenen Angaben zufolge bereits bei fast einer Milliarde Umsatz. Die Media-Saturn-Mutter Ceconomy erwirtschaftete 2017/18 in Deutschland einen Umsatz von 10,3 Milliarden Euro. Und Amazon, das 2018 in Deutschland mit seinem eigenen Handelsgeschäft auf 16,8 Milliarden Euro kam, dürfte inklusive dem Marketplace-Geschäft im Elektronikbereich hierzulande längst bei einem Handelsvolumen jenseits von 10 Milliarden Euro liegen. Aber vielleicht ist das Marktgewicht von Euronics auch deutlich größer - immerhin vermeldete die Verbundgruppe für das Geschäftsjahr 2017/18 einen Außenumsatz von 3,4 Milliarden Euro. Doch was hat es mit dieser Zahl auf sich? Und wie ist zu erklären, dass der Euronics-Außenumsatz im Vergleich zum zentral regulierten Innenumsatz in den letzten 10 Jahren von 115 Prozent auf 131 Prozent angestiegen ist?

Die Nachfrage bei Euronics-Vorstandssprecher Benedict Kober ist wenig ergiebig. "Der Außenumsatz ist die Summe der Umsätze aus den Abschlüssen der Mitglieder", lässt der Verbundgruppenchef knapp mitteilen. Das lässt Raum für verschiedene Erklärungsansätze: Die erste Möglichkeit, dass die Euronics-Händler steigende Verkaufsmargen erwirtschaften, ist angesichts der Branchenentwicklung eher unwahrscheinlich. Möglich wäre auch, dass ein immer größerer Umsatzanteil der Euronics-Mitglieder mit Waren erzielt wird, die nicht aus dem zentral regulierten Umsatz der Verbundgruppe stammen. Also entweder ergänzende Artikel, die nicht zum Sortiment von Euronics gehören, oder Ware, die sich über andere Kanäle günstiger beschaffen lässt - keine besonders angenehme Vorstellung für Euronics, schließlich macht der gemeinsame Einkauf den Wesenskern der Verbundgruppe aus. Als dritte Möglichkeit bleibt die Vermutung, dass es sich bei dem Außenumsatz um eine nicht allzu genaue Größe handelt, die eher der Außendarstellung der Händlerkooperation dient. Schließlich melden beispielsweise Online-Händler regelmäßig ebenfalls deutlich höhere Brutto-Umsatzzahlen und liegen deren später in den Geschäftsberichten einsehbare Nettozahlen deutlich niedriger.

Der Innenumsatz von Euronics liegt mehr als die Hälfte unter dem kommunizierten Außenumsatz
Der Innenumsatz von Euronics liegt mehr als die Hälfte unter dem kommunizierten Außenumsatz
Foto: Euronics

EP übt sich in Bescheidenheit

Karl Trautmann, Vorstand des Euronics-Konkurrenten Electronic Partner (EP), hält es für möglich, dass Marktakteure in der Elektronikbranche bewusst möglichst hohe Umsatzzahlen kommunizieren: "Der Umsatz ist in Lieferantengesprächen selbstverständlich nach wie vor eine relevante Größe." Als noch wichtiger erlebe EP aber gerade in den letzten Jahren das Bedürfnis der Hersteller, einen verlässlichen und berechenbaren Absatzkanal zu haben. Aspekte wie Umsatz, Warenpräsentation, Verbindlichkeit bildeten zusammengenommen die Grundlage für die gute Partnerschaft der Verbundgruppe mit der Industrie. Damit übt sich Trautmann weiter in der Art von Bescheidenheit, die nach dem Platzen der Fusion der EP-Tochter Medimax mit Notebooksbilliger.de auch das diesjährige Branchentreff der Verbundgruppe prägte.

Den Außenumsatz der EP-Mitglieder hat die Düsseldorfer Verbundgruppe zuletzt 2006 kommuniziert. Seitdem beschränkt sich Electronic Partner darauf, das aus dem zentralen Einkauf der Mitglieder resultierende Umsatzvolumen öffentlich zu machen. "Mit dem Innen- oder Zentralumsatz geben wir einen Wert an, den wir zu hundert Prozent nachvollziehen und belegen können", erklärt Trautmann. "Andere Angaben können wir seriöserweise nicht machen, da wir nicht sicher von allen Mitgliedsbetrieben wissen, wie hoch deren Außenumsatz ist. So beschäftigen sich Mitgliedsunternehmen beispielsweise erfolgreich mit dem Geschäftsfeld Photovoltaik, das wir als Verbundgruppe im Warenbezug nicht abbilden."

Expert setzt stärker als EP und Euronics auf Flächenmärkte
Expert setzt stärker als EP und Euronics auf Flächenmärkte
Foto: Expert

Expert sucht seinen Online-Kurs

Expert, der dritte und umsatzstärkste Player unter den deutschen Elektronik-Verbundgruppen, hat zuletzt 2010 einen Wert für den von den angeschlossenen Händlern erzielten Außenumsatz veröffentlicht. "Als Expert SE kommunizieren wir ausschließlich den mit unseren Händlern erwirtschafteten Innenumsatz, denn dieser spiegelt die Leistungsfähigkeit der Kooperationszentrale wider", erklärt eine Unternehmenssprecherin auf Anfrage von ChannelPartner zur heutigen Praxis. Expert dürfte das auch vergleichsweise leicht fallen, denn in den letzten zehn Jahren konnte sich die Verbundgruppe bei der Umsatzentwicklung von EP und Euronics absetzen und lag 2017/18 bei 2,15 Milliarden Euro. Eine maßgebliche Rolle dürfte dabei spielen, dass Expert stärker auf großflächige Elektromärkte setzt und sich hier mit der Übernahme vieler ehemaliger Promarkt-Filialen sowie dem Ausbau der von der Expert-Zentrale geführten Regiebetriebe in den letzten Jahren weiter stärkte.

Damit dürfte Expert die Richtung vorgeben, in die sich alle drei Elektronik-Verbundgruppen entwickeln müssen: Statt sich mit schwer nachvollziehbaren Außenumsätzen aufzuplustern, müssen die Verbünde um weiter relevant zu bleiben, sich dorthin orientieren, wo sich die Kunden hinbewegen: In Richtung großer, attraktiver Märkte mit breitem Sortiment, die auch in der Lage sind, junge Kunden anzuziehen. Und auch in Richtung Online-Handel, wo Expert wie alle drei Verbundgruppen weiterhin kein wirklich wettbewerbsfähiges Angebot hat, sondern sich darauf beschränkt, Kunden über das Netz in die Geschäfte locken zu wollen. Zusammengenommen haben EP, Euronics und Expert mit rund fünf Milliarden Euro Umsatz noch immer eine beachtliche Marktstellung. Doch der Vergleich mit den mehr als zehn Milliarden Euro von Amazon zeigt, dass es höchste Zeit zum Handeln ist.

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