Windows NT contra Netware - Microsoft, Novell und Distributoren nehmen Stellung

16.08.1996
MÜNCHEN: Im Streit um die kommende Netz-Betriebssoftware für PCs scheint es derzeit - trotz OS/2 und Unix - nur Microsoft Windows NT oder Novell Netware zu geben. Beide Hersteller bekämpfen einander im Kampf um die Netz-Betriebssoftware der Zukunft. Ein Grund für ComputerPartner, bei den Herstellern Microsoft und Novell sowie Netzwerk-Distributoren nachzufragen, welche Software dominieren wird.D erzeit fechten Hersteller Micro-soft und Novell mit allen Mittels des Marketings einen Kampf um die Zukunft ihrer Netzwerk-Betriebssysteme Windows NT und Netware aus. Die Fronten scheinen klar: Während Novell Marktanteile für sich reklamiert, ist Microsoft bestrebt, mit Windows NT Marktanteile zu gewinnen und, geht es nach dem Marketingplan, Novell mitsamt Netware zu verdrängen.

MÜNCHEN: Im Streit um die kommende Netz-Betriebssoftware für PCs scheint es derzeit - trotz OS/2 und Unix - nur Microsoft Windows NT oder Novell Netware zu geben. Beide Hersteller bekämpfen einander im Kampf um die Netz-Betriebssoftware der Zukunft. Ein Grund für ComputerPartner, bei den Herstellern Microsoft und Novell sowie Netzwerk-Distributoren nachzufragen, welche Software dominieren wird.D erzeit fechten Hersteller Micro-soft und Novell mit allen Mittels des Marketings einen Kampf um die Zukunft ihrer Netzwerk-Betriebssysteme Windows NT und Netware aus. Die Fronten scheinen klar: Während Novell Marktanteile für sich reklamiert, ist Microsoft bestrebt, mit Windows NT Marktanteile zu gewinnen und, geht es nach dem Marketingplan, Novell mitsamt Netware zu verdrängen.

Um nun etwas Licht ins Dunkel der (Hersteller)-Aussagen zu bringen, befragte ComputerPartner Microsoft und Novell: Welche Argumente machen Sie für Ihre Software geltend?

Außerdem befragte ComputerPartner Distributoren, die im Geschäft für Netzwerk-Betriebssoftware sind: Welche Trends stellen Sie fest? Wie beurteilen Sie die Zukunft beider Betriebssysteme?

Novell Deutschland GmbH, Düsseldorf

Mit der Marktunterstützung von NetWare 4 sind wir sehr zufrieden. Für Deutschland gehen wir von einem Marktanteil (installierte Basis) aus, der etwas höher liegt als der weltweite Anteil von 63 Prozent.

Zur Zeit gibt es über 200 Applikationen für NetWare 4.x (also NDS ausnutzen) und noch mehr Applikationen für NetWare allgemein.

NetWare ist damit eindeutig auch ein Applikationsserver. Der Unterschied zu NT liegt natürlich in der Art der aufsetzenden Applikationen. Als Applikationsserver konkurriert NT mit UNIX-Derivaten. Kunden, die sich für den NT-Server als Applikationsserver entscheiden, bieten wir durch NetWare 4.11 eine Integration aller Server in eine einheitliche Netzwerkumgebung an. Auch in einer heterogenen Umgebung bietet NetWare in punkto Administration eindeutige Vorteile gegenüber NT.

Als Datenbankserver hat NetWare die höhere Leistungsfähigkeit und Skalierbarkeit. Das ist wichtig, da die meisten Applikationen datenbankbasierend sind. Zudem sind Applikationen in die NDS integriert, so daß ein Anwender ein erstelltes Dokument über den Verzeichnisdienst NDS einem Kollegen schicken kann.

Netware enthält einen globalen Verzeichnisdienst; NT nicht, so daß die Administration von Änderungen anhand einer Baumstruktur einfacher ist als mit dem Domain-Konzept.

Netware hat die C2-Netzwerk-Sicherheit, NT ist nur als Stand-alone-System zertifiziert.

Was unsere Strategie angeht: Wir wollen ein globales Netz schaffen, das LANs, WANs, Intranets und das Internet integriert. Ein globales Netz ist ohne globalen Verzeichnisdienst undenkbar.

In den letzten eineinhalb Jahren haben wir die Vorteile von NetWare 4 in kleinen Netzen zu wenig kommuniziert. Dies tun wir in Zukunft verstärkt wie zum Beispiel durch eine "kleine" NetWare Ende 1996 oder die verstärkte Zusammenarbeit mit Entwicklern. Novell wird alles daran setzen, in dem angestammten NetWare- 3-Markt mit kleineren Installationen (mehr als 50 User) die erste Wahl zu bleiben.

Im übrigen gehen wir davon aus, daß es in Zukunft viele Netze geben wird, in denen NetWare und NT gemeinsam im Einsatz sind und sich nicht immer die Ausschluß-Frage "NetWare oder NT" stellt.

Michael Naunheim, Product Marketing Manager für NetWare.

Microsoft Deutschland GmbH, München

Windows NT Server (NTS) bietet bereits seit zirka zwei Jahren eine Unterstützung für SMP; NetWare hingegen erst seit dem Release 4.1.

NTS ermöglicht "out of the box" eine Skalierbarkeit von bis zu vier Prozessoren/Server. Hardwarehersteller können eine auf ihre Rechnerachitektur abgestimmte NTS-Version für bis zu 32 Prozessoren anbieten.

Der Einsatz von NDS versus Domains ist eher ein "Glaubenskrieg" als eine technisch basierende Entscheidung. Andere Kriterien sollten hier im Vordergrund stehen. Wie auch immer, der Microsoft NTS kann NDS ohne Aufwand lesen (auch NetWare 4.1). Somit stellt weder der gleichzeitige Einsatz von NetWare und NTS in einem Netz noch der Umstieg auf eine reine NTS-Umgebung ein Problem dar.

Generell kategorisieren wir den Einsatz von NTS nicht nach der Anzahl von im Netz befindlichen Clients. Vielmehr gehen wir von dem Einsatzzweck des Netzwerkservers aus. In kleineren Netzen (bis zu 100 Clients) wird der Server vor allem als File/Print-Server eingesetzt. Bei größeren Netzen, bis hin zu unternehmensweiten NT-Lösungen, werden die Server zunehmend als Applikations-Server eingesetzt.

Als Applikations-Server bietet NTS eine große Auswahl an lauffähiger Software, da auf dem NTS die gleiche Software ablauffähig ist wie auf der NT-Workstation (NTW) und Windows 95. Eine problemelose Integration in heterogene Welten ist durch die Anbindung an UNIX, NetWare, Banyan und andere möglich. über 5.000 Hardwareplattformen (auch RISC & MIPS) stehen zur Auswahl.

Eine interne Studie belegt allerdings einen Trend hin zur Nutzung der Server als File/Print- und als Applikations-Server (zirka 70 Prozent der NTS werden zur Zeit so eingesetzt).

Dieser Trend zeigt, daß eine Trennung von File/Print- und Applikations-Servern immer schwieriger und somit die Fähigkeiten eines universellen Applikationsservers wichtiger werden.

Markterfolge lassen sich am besten in Sales-Out-Zahlen der deutschen Distributoren dokumentieren. Hier hatte NTS im August 95 noch einen Anteil von 9,5 Prozent an allen verkauften Netzwerkbetriebssystemen. Heute stellt NTS mit aktuellen 26 Prozent bereits mehr als ein Viertel aller in Deutschland verkauften Server.

Auf der Netzwerkebene zählen die hohe Integration in heterogene Netze, die Skalierbarkeit und vor allem die Möglichkeit, NTS auf über 5.000 Hardware-Plattformen einzusetzen. Da NTS die gleiche Oberfläche wie Windows Workstation und Windows 95 bietet, zählt auch der Einsatz als File/Print-Server. Ein Netzwerkbetriebssystem sollte auf alle Netzwerke ausgerichtet sein. Dies wird über hohe Integration, Skalierbarkeit und Services für verschiedenste Einsatzzwecke erreicht. Ein Netzwerkbetriebssystem, das nur für gewisse Einsatzzwecke im Unternehmen designed ist, wird auf Dauer keinen Erfolg haben.

Der Vergleich zu Standardanwendungssoftware drängt sich hier auf. Während der eine Anwender mit der Textverarbeitung hauptsächlich Geschäftskorrespondenz abwickelt, schreibt der andere in der Hauptsache technische Dokumentationen und ein weiterer vielleicht nur Online-Dokumente. Fragt hier jemand nach einer Textverarbeitung für jeden Anwendungsbereich? Im Gegenteil hier werden verschiedene "Services" (bei Applikation eher "Funktionen") innerhalb eines Standard-Tools gefordert. Allein schon der Supportaufwand von verschiedensten Anwendungen für jeden Einsatzzweck macht dies unmöglich.

Robert Winkler, Product Manager NT-Server

Ingram Micro GmbH, Ottobrunn

Unsere Verkaufszahlen entsprechen dem Trend zu Windows NT. War die Umsatzverteilung 1995 noch 70 zu 30 zugunsten von Novell, hat sich 1996 dieses Verhältnis auf 70 zu 30 zugunsten von Windows NT umgekehrt.

Das hat folgende Gründe: Erstens unterstützt Windows NT SMP (Symetric Multiprocessing) - die notwendige Plattform für SAP R/3. Zweitens hat Microsoft mit Windows NT Server 3.51 eine attraktive Alternative gerade im Segment für fünf bis zehn User-Netze geschaffen.

Das Umfeld ist in erster Linie ausschlaggebend für die Wahl des Netzwerkbetriebssystems. Im Bereich fünf bis 25 User empfehle ich eher Windows NT, da die einfachere Installierbarkeit und Administrierbarkeit hier zum Tragen kommt. Bei größeren Netzen eintscheiden nicht die Händler über das Betriebssystem, sondern der EDV-Leiter des Endkunden.

Den Vorteil bei Novell sehen wir in der installierten Basis und in dem Gros an ausgebildeten CNEs, CNIs. Das Wissen über Novell-Produkte ist derzeit noch größer als das über Windows NT und deren Third-Party-Produkte. Aber auch hier scheint sich eine Trendwende 1997 abzuzeichnen.

Auf Netzwerkebene sehen wir noch Netware vorne, aber auch die Mischform aus beiden Netzwerkbetriebs-systemen gewinnt immer mehr an Bedeutung, bedingt durch die einfache Integrierbarkeit eines Windows NT Servers in ein bestehendes Novell-Netzwerk.

Auf Applikationsebene hat Windows NT auf alle Fälle die Nase vorne, vor allem im Bereich von SQL Server und SAP R/3.

Michaela Burckhardt, Presales Netzwerk- und Kommunikation

Macrotron Distribution GmbH, München

Laut einer Prognose von IDC wird es in den nächsten Jahren ein ausgewogenes Neugeschäft sowohl mit Windows NT als auch in gleichem Maße mit NetWare geben; ein Trend zu einem Produkt - also entweder zu NT oder NetWare - läßt sich daraus nicht ablesen.

Aufgrund dieser Entwicklungen sind sowohl die Umsatzzahlen als auch die Zukunftsplanungen für beide Plattformprodukte (NetWare und NT) nahezu identisch.

Bei Plattformprodukten - Betriebssysteme zählen zweifellos dazu - hängt der Markterfolg nicht nur vom einzeln verkauften Produkt ab, sondern von den Leistungen, die der Distributor zusätzlich zum Produkt anbietet. So ist hier beispielsweise der Service beziehungsweise Support zu nennen, der in Umfang und Kompetenz für beide Produktlinien gleichermaßen etabliert ist.

Weiterhin spielt die Vertriebsunterstützung eine große Rolle für den Erfolg der Produkte.

Helga Herböck, Leiterin Marketing Communications und Frank Bergmeier, Product Group Manager Netzwerke & Kommunikation

Adiva Computertechnologie GmbH, Bad Homburg

Microsoft beherrscht zur Zeit - und ein Ende ist nicht abzusehen - wie Intel den PC-Markt und setzt auch insbesondere mit dem Produkt Windows NT zur Zeit die Akzente im Markt. Der Vorteil von Microsoft Windows NT liegt in der einfachen Bedienung und der Angleichung an die auf nahezu jedem PC vorinstallierten Betriebssystem Windows für Workgroups 3.11 respektive Windows 95.

Ein weiterer Aspekt ist die konsequente Unterstützung von IP (anders als Novell Netware mit IPX), die im Zeitalter offener Systeme (Intranet/Internet) zusätzliche Connectivity-Vorteile erbringt. Ein weiteres Kriterium ist die native Unterstützung bei verschiedenen Tools und Systemen wie zum Beispiel Fax-Server-Software oder Modem-Servern. Grundsätzlich läßt sich sagen, daß Microsoft Windows NT insbesondere bei neuen Investitionen fast zum Standard erhoben wird, während bei ergänzenden Investitionen noch Novell Netware mit abnehmender Tendenz die Nase vorn hat.

Die Unterstützung von TCP/IP bei Netware 3.x ist im Gegensatz zu Windows NT unbefriedigend. Darüber hinaus gibt es für NT mehr Applikationen und Tools als für Netware.

NT wird der Renner gerade durch die zunehmende Verfügbarkeit von WWW-Servern. Darüber hinaus zeichnet sich ein Trend ab, daß Windows NT auch einen großen Teil der UNIX-Installationen ablösen könnte.

Ulrich Kramer, Marketingleiter

Schneider & Koch & CO Datensysteme GmbH, Ettlingen

Da unser Haus erst seit vergleichsweiser kurzer Zeit Windows NT vertreibt, ist es für uns zum jetzigen Zeitpunkt verfrüht, einen entsprechenden Trend von Novell NetWare hin zu Microsoft Windows NT zu bestätigen. Grundsätzlich können wir jedoch feststellen, daß die Anfragen zu Windows NT steigen.

SK-Schneider & Koch ist sowohl Novell-autorisiertes Bildungszentrum (NAEC) als auch Microsoft Solution Provider und ATEC. Das heißt, wir bieten entsprechende Kurse für beide Netzwerkbetriebssysteme und darüber hinaus Seminare an. Insbesondere im Projektgeschäft spielen die neuen Versionen beider Hersteller eine Rolle, da es hier um strategische Entscheidungen seitens der Endkunden geht, die an künftigen Produktentwicklungen interessiert sind, um den Entscheidungsprozeß abzurunden.

Auf Netzwerkebene sind vor allem Administration, Integration in heterogene Umgebungen und Client- Handling wichtige Argumente. So ergeben sich in komplexen Netzwerken für NetWare Vorteile bei der Administration und dem Client-Handling; von Novells NDS profitieren auch kleine Netzwerke. Ein klares Plus für NetWare sehen wir bei den klassischen Aufgaben eines Netzwerkbetriebssystems, den File- und Print-Diensten, die über die NDS Netzwerk-Clienten verfügt.

Vorteile zeigen sich bei Windows NT bei der Handhabung der Client-Zugriffslizenzen, wenn weitere Server zur Lastverteilung angeschafft werden sollen.

Auf der Applikationsebene wird das (Netzwerk-)Betriebssystem im wesentlichen durch die Applikation definiert. So ergeben sich heute für Windows NT Vorteile, da verschiedene Anwendungen nicht von NetWare unterstützt werden. Microsofts Entwicklungsumgebung und weitere Tools haben insbesondere ISVs Windows NT als Plattformen für ihre Applikationen entdecken lassen, während NetWare Loadable Modules (NLMs) im allgemeinen als nicht einfach zu entwickeln gelten. Sicherlich ist die Unterstützung von Multi-Prozessor-Architekturen ein weiterer Vorteile für Windows NT, jedoch soll mit Novells "Green River" ebenfalls eine SMP-Unterstützung geboten werden.

Die Vorteile von Windows NT gegenüber NetWare ergeben sich im wesentlichen durch den Microsoft-Fokus auf die Entwicklung eines Betriebssystemes, welches im Mitbewerb zu anderen Betriebssystemen, (wie UNIX) steht, die traditionell als sogenannte Application Server eingesetzt werden.

Die Aussichten von NetWare und Windows NT in den kommenden Jahren bezogen auf Unix-Systeme sind als gut zu bezeichnen, sowohl auf Netzwerk- als auch auf Applikationsebene.

Martin See, Produktmarketing Manager

Magirus Datentechnik GmbH, Stuttgart

Abgesehen davon, daß wir nur Windows NT und nicht Netware verkaufen, stellen wir im wachsenden Servergeschäft einen deutlichen Trend zu Windows NT fest. Dieses Wachstums ist im übrigen wesentlich stärker als im Workstation-Geschäft. Dafür sind zwei Gründe zu nennen: Zum einen die Inter-/Intranet-Entwicklung und Bereitstellung von Informationstools. Zum andern, daß der Druck zur Rationalisierung über das gesamte Unternehmen hinweg wächst.

Mit unserer Entscheidung für Windows NT haben wir uns bewußt in Produkte und damit Märkte begeben, die als Investitionsgüter mit höherwertigen Produkten bezeichnet werden können. Wir bewegen uns mit Netzwerkprodukten und mit unseren Servern in inhomogenen Netzwerken und wollen nicht das PC-Netzwerk als unsere Zielgruppe oder als unsere Produktgruppe sehen. Das ist aber die Zielgruppe, die richtig und mit sehr hohem Niveau von Novell adressiert wird.

Entscheidend für uns ist, unter welcher Plattform die Applikation lauffähig ist. Und es gibt Produkte, die sind eben nur unter Windows NT verfügbar. Zum Beispiel nehmen CAD-Applikationen heute konsequent Bezug auf die Plattform NT. So ist die Applikationswelt entscheidend für die Wahl von NT oder Netware.

Dr. Jürgen Vogel, Mitglied der Geschäftsleitung, Produktmarketing

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