"Wir brauchen alles, bloß keine zusätzlichen Gebühren"

08.03.2001
Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) zieht eine durchwegs positive Bilanz für das Jahr 2000. Die Zuwachsraten können sich sehen lassen. Doch der Verband warnt, wie fast alle Gremien dieser Branche, vor den Hemmschuhen, die sich die Politik gerade für die junge Branche ausdenkt.

Wir haben die besten Netze der Welt und ziehen auf dem Weg ins mobile Internet an allen Wettbewerbern einschließlich den USA vorbei", verkündet Volker Jung, Präsident des Verbandes. Und das sei eindeutig ein Fortschritt im Vergleich zum vergangenen Jahr, denn da hieß es noch: "Wir haben zwar die besten Netze der Welt, fallen in der Nutzung aber immer weiter zurück." In Deutschland hat sich während des letzten Jahres einiges in Bezug auf Mobilkommunikation getan. 24 Millionen Anschlüsse wurden hierzulande geschaltet - laut Jung "auch international ein einzigartiger Rekordwert". Mit für den Erfolg verantwortlich ist der rasante Anstieg der Zahl der ISDN-Anschlüsse. Weltweit stieg deren Anzahl von 59 Millionen auf 81 Millionen Kanäle. Im Jahr 2003, so schätzt Bitkom, werden gut 103 Millionen ISDN-Kanäle über den Globus verteilt sein. Davon sollen etwa 29 Millionen in Deutschland geschaltet sein. Das ist im Gegensatz zur heute installierten Basis ein Zuwachs um gut 50 Prozent. Die Gemeinde der Mobilfunkteilnehmer wuchs vergangenes Jahr laut Bitkom weltweit um gut 50 Prozent von 479 Millionen auf 725 Millionen. Bis Ende 2001 rechnet der Verband mit rund 968 Millionen Teilnehmern. Auf Basis dieser Zahlen sieht Bitkom die Zukunft des Internet eher auf der mobilen Seite. In Deutschland wird das Internet künftig vor allem über Handys und andere mobile Einheiten genutzt werden. Bereits im nächsten Jahr wird es mehr mobile als stationäre Internet-Terminals geben.

Bilanz für PC-Absatz fällt eher mager aus

Dafür spricht auch, dass Deutschland eindeutig im Rückstand ist, was die stationären Internet-PCs angeht. Von 120 Millionen weltweit verkauften PCs wurden nur knapp sieben Millionen in Deutschland abgesetzt. Die mittelfristigen Wachstumsprognosen beziffert Bitkom mit acht bis neun Prozent. "Das wird definitiv nicht genügen, um uns an die USA oder die skandinavischen Länder heranzuführen", unkt Jung. Im Moment sind in Deutschland etwa 28 Millionen PCs installiert. Und eben diese "bislang unzureichende PC-Verbreitung" wirkt sich auch auf das stationäre Internet aus. Deutschland liegt zwar mit 2,4 Millionen Hosts auf Platz zwei in Europa. Die Verbreitung im Vergleich zur Bevöl-kerungsgröße ist jedoch eher mäßig. Die Hosts stehen für die Angebotsseite im Internet. Die Nutzerseite zeigt einen positiveren Trend: Rund zehn Millionen Einwohner sind im letzten Jahr online gegangen. Das Internet ist gesellschaftsfähig geworden, was eine positive Entwicklung begünstigt.

Jung mahnt eindringlich, dass Investitionen im Bereich ITK von größter Wichtigkeit sind. "Wir liegen mit 2.737 Mark pro Kopf und Jahr nur im Mittelfeld, hinter der Schweiz, den USA und den skandinavischen Ländern. Auch wenn der Wert im letzten Jahr leicht zweistellig gestiegen ist, werden die bestehenden volkswirtschaftlichen Potenziale der Branche nicht vollständig ausgeschöpft." Bislang erwirtschaftet die ITK-Branche rund 5,7 Prozent des Bruttoinlandsproduktes. Die USA und Schweden erreichen bereits Werte über acht Prozent. "In dieser Take-off-Situation können wir alles brauchen, bloß keine Diskussionen über zusätzliche Gebühren und Abgaben. In den USA gibt es den Internet-Zugang vielerorts zum Nulltarif, und wir diskutieren über Rundfunkabgaben im Web", wettert er in Richtung Politik. Ebenso prangert er die Pläne der Verwertungsgesellschaften an, die PCs und ITK-Geräte mit zusätzlichen Urheberabgaben belegen wollen. Die Verkürzung der Abschreibungsfristen bei PCs begrüßt der Verbands-Präsident. Unverständlich erscheint ihm hingegen, warum im gleichen Atemzug die Abschreibung von Großrechnern von fünf auf sieben Jahre verlängert wurde.

Anstatt dieses zusätzlichen Kostendrucks empfiehlt der Verband vielmehr, die Schüler - immerhin die potenziellen Käufer von morgen - mit PCs und Internet auszustatten. Der Kauf eines Schüler-PCs sollte nach Meinung von Jung ebenso steuerlich absetzbar sein wie der Kauf eines Lehrer-PCs. Ebenso sollte den Unternehmen die Möglichkeit gegeben werden, ihre Mitarbeiter mit mobilen Endgeräten zu versorgen, ohne dass dafür ein geldwerter Vorteil zu versteuern ist. In Schweden habe ein entsprechendes Programm "zu einer geradezu explosionsartigen Verbreitung" von PCs geführt. Und genau diese hohe Verbreitung unter der Bevölkerung ist die Voraussetzung dafür, dass Deutschland in Zukunft mit den anderen Industriestaaten Schritt halten kann. (gn)

Bitkom

Facts & Figures

Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien vertritt etwa 1.250 Unternehmen aus den Bereichen Hardware, Software, Dienstleistungen, Multimedia und Online-Content. Davon sind 600 sogenannte Direktmitglieder, die zusammen einen Jahresumsatz von rund 230 Milliarden Mark auf die Beine stellen und gut 700.000 Mitarbeiter beschäftigen. Damit ist Bitkom der größte Branchenverband Europas. Ziel des Verbandes ist es, die Interessen seiner Mitglieder unter anderem beim Bundesverband der Deutschen Industrie und bei politischen Entscheidungsträgern Kund zu tun und durchzusetzen. (gn)

www.bitkom.org

Facts & Figures

Die Bitkom-Zahlen im Überblick

- 35 Millionen neue Kommunikationsanschlüsse im vergangenen Jahr

- davon 24 Millionen Anschlüsse allein im Bereich der Mobilkommunikation

- 50 Prozent mehr Mobilfunkteilnehmer weltweit, Zuwachs von 479 Millionen auf 725 Millionen

- Letztes Jahr sind 10 Millionen Deutsche erstmals online gegangen.

- Im Jahr 2000 rund 2,5 Milliarden Mark Europa-Umsatz im mobilen elektronischen Handel

- davon 483 Millionen Mark in Deutschland

- Sieben Millionen PCs wurden im letzten Jahr in Deutschland verkauft.

- Davon waren zwei Millionen Käufe eine Erstanschaffung.

- Insgesamt gibt es derzeit 28 Millionen installierte PCs in Deutschland.

- Ende 2000 weltweit 494 Millionen installierte PCs, Anfang des Jahres waren es noch 440 Millionen.

Zur Startseite