"Wir haben Fehler gemacht, sie erkannt und werden die Probleme nun lösen"

31.10.2002
Die Taskarena AG, ein aus dem Zusammenschluss von sieben Systemhäusern entstandenes Unternehmen, soll in massiven finanziellen Schwierigkeiten sein, die Gerüchteküche spricht gar von einer bevorstehenden Pleite. Vorstandssprecher Achim Greif sprach mit ComputerPartner-Chefreporterin Marzena Fiok über kurzfristige Liquiditätsprobleme, die Zukunft seiner Firma und die Moral in der Branche.

Frage: Sie gehören nach eigenem Bekunden zu den größten, erfolgreichsten Systemhäusern in Deutschland. Doch man munkelt über "massive Schwierigkeiten" innerhalb Ihres Unternehmens.

Greif: Zum ersten Teil: Wir haben konträr zur allgemeinen Entwicklung im Markt im vergangenen Jahr ein Wachstum in Höhe von 33 Prozent realisiert. Wir sind von Platz 21 in 2001 auf Platz 14 in 2002 im Ranking der führenden Systemhäuser gestiegen. Zum zweiten Teil: In Krisenzeiten wird generell viel spekuliert, jeder Schritt höchst aufmerksam beobachtet und sicher auch mal das eine oder andere bewusst gefärbt lanciert. Es geht nicht um eine einzelne Company, es geht um die Schieflage eines gesamten Marktsegments. Ebenso wie viele ande-re Systemhäuser und IT-Integratoren leiden auch wir unter den dramatischen wirtschaftlichen Bedin-gungen.

Trotzdem nochmal nachgehakt: Sind Sie mit Ihrer Company in Schwierigkeiten?

Greif: Wir haben einige schwere Wochen hinter uns. Wenn ich eben auf die Schieflage des gesamten Marktes hingewiesen habe, so mit Grund: Bei einer schwachen Konjunktur gehen Faktoren wie Cost-Cutting und Investitionsrückgang einher mit einer generell zögerlichen und übervorsichtigen Haltung. Und dies bei allen Marktteilnehmern, also Anbietern, Kunden, Banken und Lieferanten. Hierbei entstehen teilweise fatale Kettenreaktionen.

Lassen Sie mich vorab jedoch noch eine Bemerkung machen. Ich führe dieses Interview in meiner Person als Vorstandssprecher der Taskarena AG, die von Ihnen angesprochene Problematik bezieht sich ausschließlich auf die Taskarena IT- Solutions GmbH, die neben der Taskarena Software Engineering GmbH, der Training und Consulting GmbH sowie der Industrial Solutions GmbH innerhalb der Taskarena Holding-Struktur verankert ist. Die anderen drei Unternehmen weisen solide Wachstumsraten von bis zu 30 Prozent aus und arbeiten nach wie vor höchst profitabel. Wir hatten Ende September Liquiditätsprobleme bei der IT-Solutions, dies unter anderem aufgrund verzögerter Zahlungseingänge.

Konnten Sie Ihren Zahlungsverpflichtungen denn inzwischen nachkommen?

Greif: Als ersten Schritt haben wir ein Team von Kienbaum Management Consultants an Bord geholt. Und gemeinsam nicht nur sehr schnell die Gründe für die kurzfristige Cashflow-Problematik erkannt, sondern auch gemeinsam einen Weg für alle am Prozess Beteiligten erarbeitet. Eines ist uns dabei wichtig: Wir führen eine offene und konstruktive Kommunikation und konnten dank der verständnisvollen Weitsicht unserer Partner, Mitarbeiter, Distributoren und auch begleitender Bankinstitute einen für alle Seiten guten, begehbaren Weg vorschlagen respektive diskutieren.

Wie sieht denn eine solche Lösung für Taskarena aus?

Greif: Wir präsentieren den Banken und unseren Distributoren eine stimmige wirtschaftliche Ana-lyse, die klar die Kundenaufträge für dieses Jahr sowie das darauffolgende Geschäftsjahr ausweist. Zudem konzentrieren wir uns schon jetzt auf die "Zeit nach der Krise" und konnten aufgrund fundierter Marktrecherchen Zielmärkte und Potenziale ausweisen, die wir innerhalb der Company erkannt haben und mit eigenem Know-how schon jetzt besetzen. Außerdem, und dies muss ganz klar gesagt werden: IT-Solutions weist erstmals für das Jahr 2002 ein Null-Wachstum aus. Aufgrund unseres guten Ergebnisses haben wir natürlich unsere Investitionen und unser Niveau auf der Basis von 2001 geplant. Da müssen wir jetzt korrigieren - eine Korrektur, die nicht vorhersehbar war. Für uns nicht, wie für die anderen Marktteilnehmer. Doch durch die Kombination der bereits greifenden Cost-Cutting-Maßnahmen und den geplanten Restrukturierungen werden wir bereits im nächsten Jahr wieder eine deutliche Ergebnisverbesserung ausweisen.

Kurzfristig haben Sie also einen Erfolg in puncto Liquidität erreicht. Aber Sie können doch in einigen Monaten wieder in die gleiche Situation kommen. Wird dann das ganze Procedere wiederholt?

Greif: Das Beraterteam von Kienbaum Management Consultants ist auch für die nächste Zeit bei uns und führt mit unserem Management und den Mitarbeitern viele Gespräche, setzt Meilensteine und arbeitet an neuen Prozessen. Deshalb sind wir begründet optimis-tisch, nicht mehr in eine solche Situation zu kommen. Wissen Sie, manchmal ist eine solche kritische Situation auch hilfreich: Wir haben Fehler gemacht, aber das Gute ist, wir haben sie erkannt und werden die Probleme lösen. Wenn eine Company in Liquiditätsschwierigkeiten kommt, und davon gibt es x Beispiele im Augenblick, steht man unter absolutem Handlungsdruck. Jetzt kann man sich nicht mehr verstecken, umdrehen oder schönreden. Es ist, als ob man endlich einen längst fälligen, immer wieder verschobenen Zahnarztbesuch wahrnimmt. Klar, dann muss gebohrt werden, aufgefüllt. Ist alles unangenehm, aber dann kann der Patient eben wieder kraftvoll zubeißen.

Schönes Bild. Oft liegt die Ursache aber an der Wurzel. Werden denn auch Zähne gezogen?

Greif: Wege aus der Krise müssen Veränderungen bringen. Wir werden stärker als zuvor auf unsere Kernkompetenz setzen. Egal mit welchem Analyst ich gesprochen habe, die Bereiche IT-Dienstleistungen und hier vor allem der Bereich IT-Security werden immer als boomende Zielmärkte genannt, und darauf liegt unser Fokus.

Ich meinte eigentlich mehr die personellen Veränderungen ...

Greif: Nun, ich habe eingangs von internen Fehlern gesprochen. Bei uns sind alle Prozesse und Strukturen auf dem Prüfstand. Und dies bezieht sich natürlich auch auf das Management. Doch bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich Ihnen im Augenblick hierzu noch keine Ergebnisse sagen kann. Dies hole ich gerne nach. Für uns ist die offene Kommunikation wichtig: Was wann mit wem und wie eventuell umstrukturiert wird, werden wir Ihnen frühzeitig, sobald es umgesetzt ist, kommunizieren.

Ich glaube jedoch, dass in Deutschland im Augenblick zu viel über Krise und Rezessionsgefahr gesprochen und geunkt wird. Anstatt sich auf neue Aufgaben zu konzentrieren, sich gegenseitig Mut zu machen und auch wieder über andere Dinge zu sprechen, Wertigkeiten neu zu positionieren, wird nur schwarzgemalt und negativ gesprochen. Ich schaue für Taskarena nach vorne und würde hoffen, dass es - um die fatale, aber logische Kettenreaktion zu vermeiden - wieder zu mehr Gemeinschaftlichkeit, Fairness und gegenseitiger Verantwortung kommt. Das ist übrigens für unsere Company eine klare Aufgabe, die wir noch in diesem Jahr mit einem Projekt angehen werden.

Zur Startseite