"Wir schwimmen gegen den Strom zum Erfolg"

11.02.2000
Schon vor Jahren versuchte Gateway, mit Direktverkauf und Kuhflecken-Design in Deutschland Fuß zu fassen, aber vergeblich. Mit neuem Boss und mehr Gefühl für den Markt startet die US-PC-Schmiede in Deutschland ihren "final Countdown".

Wir sehen das ganz nüchtern: Gateway ist in Deutschland kein AMarken-Hersteller und hat auch marktzahlenmäßig kein großes Ge-wicht", bekennt Michael Schönrock, Deutschland-Geschäftsführer von Gateway. Doch das kann seiner Meinung auch ein Vorteil sein: "Wir haben aber sehr wohl den Namen, die Leistungsfähigkeit und die Produkte eines weltweiten A-Brands im Rücken. Wir kommen aus dem Direct-Consumer-Kanal, und die spannende Aufgabe ist es nun, die verschiedenen Kanäle unter einen Hut zu bringen." Dank seiner Channel-Erfahrung bei Apple und Siemens fühlt sich Schönrock der Aufgabe gewachsen, und er hat keine Angst vor einem möglichen Kanalkonflikt. Für ihn ist es eher Fakt, "dass bestimmte Kunden gar nicht von Händlern bedient werden und die Händler diese auch gar nicht bedienen wollen. Hier können unsere alten Stärken greifen, eben der Consumer-Direktvertrieb, eigene Stores, die Privatleute und Small-Business-Kunden ansprechen."

Das ist laut Schönrock auch der große Unterschied zwischen Gateway und den anderen Wettbewerbern: "Die Konkurrenz entdeckt gerade, dass man von oben nach unten gehen muss. Im Large-Account ist man ja schon drin, und das kann und muss man nun nach unten aufmachen. Und das auch noch am besten direkt - immerhin ist Dell schon im Direktmarkt. Dadurch nehmen sie dem klassischem Systemhaus gezielt den Kunden weg. Und noch dümmer ist es, dass 80 Prozent des deutschen Marktes überhaupt nicht direkt kaufen wollen, sondern ge-rade eben ihr Systemhaus brauchen."

Gateway will nun den Spieß umdrehen. Sie würden gern den ein oder anderen großen der Top-Ten-Systemhäuser exklusiv im Large-Account agie-ren lassen. Doch momentan sind sie für Unternehmen wie Compunet, M&S oder Debis noch uninteressant. Das mag vielleicht am noch eher unerheblichen Marktanteil von 0,48 Prozent liegen. Zum Jahresende will man aber schon die Eine-Prozent-Marke überspringen.

Gegen den Strom

Grundsätzlich gibt sich Schönrock aber optimistisch: Je mehr die Mitbewerber durch eigene Direktkanäle Konkurrenzdruck auf die Händler ausüben, umso größer scheint die Chance, dass Gateway doch noch ins Geschäft kommt. Wichtigster Grund ist, dass die PC-Schmiede nicht in den Wettbewerb mit dem Händler tritt. "Wir würden nur auf ausdrücklichen Wunsch mit beim Kunden erscheinen", erklärt Schönrock, "und dabei die Gateway-Fahne schwenken und eine Kuh und ein paar Kulis mitbringen. Ich halte auch gerne bei jedem Top-Kunden eine Firmenpräsentation. Aber die Initiative muss vom Händler ausgehen, da er die notwendigen Dienstleistungen wie Konfiguration des Netzwerkes und Vor-Ort-Service anbietet."

Je weiter man jedoch mit diesem Modell runtergeht, desto größer wird die Gefahr, dass sich Gateway und Fachhändler beim Kunden treffen. Hier gilt dann das Motto: Der Kunde entscheidet, was er haben will, wobei Gateway im Zweifelsfalle dem Händler den Vortritt gibt.

Das klassische Fachhandelsumfeld ist laut Schönrock der SME-Bereich. Um Händler als Partner für diesen gewinnträchtigen Markt zu begeistern, hat er im Oktober ein Fachhandelsprogramm mit gestaffelter Autorisierung gestartet.

Das Partner-Care-1000-Paket ist ideal für Händler, die eher selten PC-Systeme zusammenstellen und vielleicht mal ein Kabel austauschen. Mit dem Einsteigerpaket ist er in der Lage, Serviceprodukte und Service-Upgrades zu verkaufen.

Partner-Care-2000 ist für Händler mit gehobenem Serviceangebot und mehreren Servicemitarbeitern geeignet. Sie verkaufen nicht nur Serviceprodukte, sondern schaffen auch eigene Service-Themen.

Partner-Care-3000 ist die höchste Stufe. Fachhändler dieser Kategorie bieten komplett jeglichen Service an, wie etwa die vollständige Garantieabwicklung beim Kunden oder die Integration und Wartung der Netze.

Mit Extra-Service Plus machen

Und gerade diese Zusatzleistungen, die bei Gateway werbewirksam "Beyond-the-Box" heißen, wer-den nach Ansicht der GatewayFührung das Geschäft der Zukunft sein. Bereits heute erwirtschaftet das US-Unternehmen weltweit mehr als 40 Prozent seines Umsatzes mit Nicht-Hardware wie Garantieverlängerungen und Trainingspaketen, aber auch mit einem eigenen Internet-Portal oder einer eigenen Kreditkarte, die es momentan nur in den USA gibt. Ein Umsatzplus von 35 Prozent in einer Zeit, in der andere Firmen Gewinn- und Umsatzwarnungen aussprechen müssen, sprechen für den Erfolg der neuen Geschäftsausrichtung. (go)

www.gateway.de

Gateway und Vobis

Der etwas andere Country-Store

Derzeit werden wieder einmal verstärkt Gateway-PCs bei Vobis verkauft. Da 75 Prozent der Aachener Handelskette zum Verkauf stehen (siehe ComputerPartner 37/00, Seite 19), vermuten Insider weitergehendes Interesse seitens des US-Konzerns Gateway, und das zu Recht. "Wir probieren gerade aus, wie ein Retail-Vertrieb in Deutschland funktioniert", bestätigt Michael Schönrock, Gateways Deutschland-Chef. "Gateway hat aufgrund seiner Vergangenheit keine Erfahrung mit dem deutschen Retail-Markt, da wir immer nur über unseren eigenen Direktvertrieb Retail-Geschäfte gemacht haben. Diese Outlets heißen bei uns Country-Stores. Wir wissen jedoch nicht, wie es in einer Kette funktioniert, die nicht uns gehört."

Deshalb sind die Gateway-PCs im Vobis-Angebot eine Art Testballon. "In-wieweit die beiden später enger zusammenarbeiten, kann man aber heute noch nicht beantworten", versucht Schönrock, die Spekulationen zu bändigen. (go)

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